VI, Allgemeine Besprechungen 1, 1-14, Lamprecht Deutsche Geschichte Ergänzungsband, Seite 20

——
box 36/1
h1
1. Pani.offorints
Dichtung.
370
und „Florian Geyer"); nur die weitesten aller Arenen, die
nationale, staatliche, kosmopolitische, sind noch wenig betreten
worden. Und alsbald bildet sich, zuerst bei Ibsen, dann, mit
gewissen Anderungen, auch bei Hauptmann, Sudermann, Halbe,
Hartleben, Ernst Rosmer, Schnitzler u. a. auch eine besondere
Form der Konfliktsbehandlung unter diesen Umständen heraus:
eine Stilisierung also der Handlung und damit ein deutlicher
Beweis für das Vorhandensein wenigstens idealistischer Mo¬
mente. Wir werden zunächst in eine Umwelt eingeführt, die
im Verhältnis zu den Bestrebungen der zur Handlung be¬
rufenen Gestalten in labilem Gleichgewicht steht; dann erscheint
eine Person, welche dies Gleichgewicht stört, indem sie dem
Helden sein zum Kampfe gegen die Umwelt drängendes Innere
erst völlig erschließt und frei macht, und der Konflikt beginnt.
Genügt in großen sozialen Dramen eine Person nicht, so
werden statt deren wohl auch mehrere aufgebracht, so z. B. in
Hauptmanns „Webern“ der starke Weber Bäcker und der aus
der Garnison heimkehrende Webergesell Jäger.
Man darf bei diesen Gestalten wohl an etwas wie einen
immanenten, die Handlung in Bewegung setzenden deus ex
machina denken, wenn der Ausdruck erlaubt ist. Die Berechtigung
hierzu ergiebt sich, wenn man Eigentümlichkeiten des parallel
laufenden impressionistischen Romans heranzieht. Dieser ist be¬
kanntlich in den besten Fällen so gebaut, daß ein soziales Milien
geschildert erscheint, daß dann dessen langsame Anderungen vor¬
geführt werden, und daß endlich zu Tage tritt, wie gewisse
Personen, die sich in dem Zustand des ersten Milieus sehr
wohl fühlten, in dem Schlußzustand nicht mehr leben können
und zu Grunde gehen, es sei denn, daß sie sich diesem Zustand
anpassen. Wie man sieht, wird also der Konflikt im Romane
durch Verschiebung des Milieus erzeugt und dieses (und
das heißt die immanente Gesetzmäßigkeit) dadurch als über¬
mächtig erwiesen. Dieser Weg, der langsame und eindring¬
liche Erzählung voraussetzt, kann im Drama nicht eingeschlagen
werden. Hier wird daher das Problem so gefaßt, daß sich
der Held oder die Heldin durch einen äußeren Anlaß, zumeist
Dichtung.
eine hinzukommende Person, auf ein
im Konflikt mit dem Milieu befindlic
mit diesem zu Grunde geht.
Dieser Zusammenhang zeigt, d
hinzukommende Person, ein sehr stat
sierung der Handlung ist und beweist
idealistisches, d. h. von einer bestim
hängiges Drama. Und in tause
obachtungen, die namentlich die stark
lung betreffen würden, würde sich au
erbringen lassen, daß es sich schon in
listischen Impressionismus, wenn auch
klar ausgesprochene Weltanschauung
einer solchen handelt.
Freilich werden diese als für ei
deutung ausreichend noch nicht erachte
stein berührt doch wohl einen sprin
einmal von Fuhrmann Henschel beha
„der sich niemals als Thäter seine
nur immer den Weg trottet, den ihn
Die Umstände! Das ist es. Es
sonen noch der starke sittliche Nerv;
oder sittlich ratlos. Darum sind auf
und gelegentlich wird man am Schl
Hornberger Schießen erinnert.
Aber auch hier zeigen sich doc
Entwicklung. Charakteristisch scheintl
blicklich vielfach geneigt ist, Suderm
Hauptmann zu stellen, ja vor ihm
Hauptmann der tiefere Psycholog un
dichterische Kraft ist. Warum?
Hauptmann läßt seine Einzelpe
lichen stecken. In seiner Begabun
wie er sich denn eine Zeitlang zum
Darum schafft er gern Menschen a
an ihrem Dasein, ohne in ihnen ein