VI, Allgemeine Besprechungen 1, 4, Der Merker Mai Heft 1912 mit Primärtexten, Seite 11

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Pamphlets Offorints
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DER SCHLEIER DER BEATRICE.
VON ARTHUR SCHNITZLER.
(ZWEI FRAGMENTE AUS DER ERSTEN· TAGGUNG.) pie d
(Es klopft.)
Hans:
Was gibt es? (Es klopft noch einmal.)
Diener
(draußen): Gnäd’ger Herr!
Hans:
Was gibt's? Ich schlafe.
(Die Türe geht auf. Franz und ein junges Mädchen treten ein.)
Franz:
Ich dacht’ es mir!
Du bist's? Mach’ Licht!
Hans:
Franz:
Sogleich! (Offnet den Fenstervorhang.)
Schon Tag?
Hans:
Franz:
Nicht lange mehr. Der Abend naht.
Hans:
Schlief ich so lang?
Franz:
Ich bring’ dir einen Gast.
Hans
(will dem Mädchen, das an der Türe steht, entgegen): Albertal!
Franz:
Nein, das ist schon lang vorbei!
Die heißt Margarete.
(Führt sie in die Mitte des Zimmers.) Komm, mein liebes Kind
Hier ist er! — Hans, meiz Freund, gib ihr die Hand!
Wir kommen, dich ins Freie abzuholen,
Die Luft ist mild, die Gärten duften alle,
Der rechte Abend ist’s, mit neuen Frau'n
Und alten Freunden auf und ab zu wandeln.
Hans:
Ob’s auch dem Fräulein so genehm wie dir?
Margarete: Gewiß! — Spazieren geh' ich gern zu dritt;
Ist einer schweigsam, plaudert doch der Andre.
Sc hab’ ich’s gern. Ist man zuhaus, bedarf's
Der Worte nicht, und einer ist genug.
Franz:
P'as, die ist gut? So ehrlich fand ich keine.
Margarete: Nun ja, ich sag’s wie's ist... Soll ich das nicht?
Franz:
O bleibe sol Und sollt’ es dir geschehen,
Daß selbst in meinen Armen du einmal
„Der Schleier der Beatrice“, jetzt ein in der Renaissancezeit spielendes Drama, war ur¬
sprünglich als ein Wiener Stück aus dem Beginn des 10. Jahrhunderts entworfen und zum
kleineren Teil- Mführt worden. Auf unser Ersuchen hat uns Arthur Schnitzler zwei Szenen¬
skizzen für den „Merker“ zur Verfügung gestellt. Die zweite Szene ist ein Monolog des Hans von
Traun. Dieser ist ein verabschiedeter Offizier, dessen Hauptzüge später in der Figur des Dichters
Filippo Loschi wiederkehren.
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