VI, Allgemeine Besprechungen 1, 4, Josef Karl Ratislav, Seite 15


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1. Panphlets, offorints
17
uch ihre weiteren
sechs
II.
mmen.
Wie in dem Buche „Dämmerseelen“, so kommt auch in einigen
flung
Novelletten, die unter dem Titel „Die Frau des Weisen“ ge¬
ihrer
sammelt sind, das Dunkle, Ungeklärte, das wie ein dichtgewebter
Schleier über den einzelnen Erzählungen liegt, zu vollendetem Aus¬
druck. Menschen begegnen uns hier, die man hinnehmen muß, wie
Stoff
sie sind, deren Seelenleben mit überzeugender Wahrheit geschildert ist,
wie das der unverstandenen Frau in der Titelnovelle. Die Originalität
gerade dieser Erzählung ist besonders hervorzuheben. Eine Szene
aus der Theaterwelt, die aber keine Pikanterien hinter den Kulissen
enthüllt, sondern uns einen tiefen Blick in die Seele eines Schau¬
spielers tun läßt, gibt der „Ehrentag“. In Witte erkennen wir den
Typus Anatols. Die Novelle „Die Toten schweigen“, ein Gegenstück
zu „Abschied“, zeigt am deutlichsten die markante Art Schnitzlers,
moderne Probleme der Gesellschaft zum dichterischen Vorwurf zu
nehmen. In diesem Kabinettstück liegt eine Kraft, die uns nur
den versöhnenden Schluß fast etwas zu wenig herausgearbeitet er¬
scheinen läßt. Die erwähnten Novelletten beschäftigen sich durchwegs
mit dem Ehebruch. Keine große geistige Veranlagung, wohl aber
geschickte Rücksichtslosigkeit ist den Betrügern eigen. Sowohl in „Die
Frau des Weisen“, wie in dem letzten Stück „Die Toten schweigen“
steht die Frau beschämt vor dem Gatten. Überhaupt wendet der
Dichter in seinen Geschichten dem seine Sympathie zu, dem übel mit¬
gespielt wird („Der Ehrentag").
„Die griechische Tänzerin“ ist eine kleine, an Saar
gemahnende Skizze. Schnitzler behandelt hier das Sonderrecht des
Künstlers, scheint dasselbe aber zu bestreiten, denn seine Sympathie
befindet sich ganz auf Seiten der Frau. Diese wollte ihren Gatten
ständig glauben machen, sie halte ihn für treu und auch den Freunden
des Hauses gegenüber stets in glücklicher Ehe lebend erscheinen. Sie
soll an Herzschlag gestorben sein, erzählt der Dichter, fügt aber diesem
Bericht bei: „Sowie sie vor ihrem Gatten die glückliche Frau gespielt
hat, vom ersten Augenblick bis zum letzten, während er sie belogen
n Ge¬
und zum Wahnsinn getrieben hat, so hat sie ihm auch schließlich einen
die strenge
natürlichen Tod vorgespielt, als sie das Leben hinwarf, weil sie es
ntwicklung
nicht mehr ertragen konnte. Und er hatte auch dieses letzte Opfer
hingenommen, als käme es ihm zu. In dieser Novelle wird zum