VI, Allgemeine Besprechungen 1, 5, Rosenthal Wildgans, Seite 1

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1. Panphlets forints

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Halmonassschrist für Literaturstrunde
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1. November 1015
18. Jahrgang:Heft 5.
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Anton Wildgans
Von Friedrich Rosenthal (Wien)
(mit einer autobiographischen Skizze von Anton Wildgans)
Jugend gemäß ist, die nicht mehr Kind einer eng¬
Tung=Wien“ ist heute bereits ein festwurzelnder
begrenzten bürgerlichen Gesellschaft sondern einer
literarischer Begriff geworden, zumal in
Millionenmenge mit ihren unterschiedlichen Strömun¬
14 Deutschland und dort, wo ein Schlagwort,
gen und Schichten ist, nicht mehr Produkt einer stillen,
“, das vieles umfassen und ebenso vieles aus¬
verträumten, behaglich genießenden Stadt, sondern
schließen kann, über die unklar verschwommene Kennt¬
eines großen, dampfenden Herdes, in dessen Kesseln
nis des Einzelnen und Wesentlichen hinweghelfen muß.
die fliegende Hitze und der heiße Dunst aller mensch¬
Aber wie alle Schlagworte ist es alt und versteint ge¬
lichen Mühsal, Leidenschaft und Begierde unruhig
worden, nur noch durch die Bequemlichkeit träger Ge¬
zischt, qualmt und brodelt. Jene hatten es leichter.
wöhnung lebendig erhalten. Und die wenigsten haben
Ihnen war in schöner altösterreichischer Weltanschau¬
in der Raschlebigkeit dieser Zeit und in ihrem traum¬
ung das Leben ein lieblicher Traum und die Kunst
haft schnellen Vorübergleiten bemerkt, daß dieser
bloß ein Traum dieses Traumes, also gesteigerter
Begriff heute nicht mehr ganz seinen Sinn erfüllt,
Schein, und Wirklichkeit war, was in dieser Atmosphäre
zumindest nicht im Hinblick auf jene, für die er einst
den Anschein der Realität hatte. Daher das artistisch
geprägt worden war. Denn alle, die einmal unter
Komödische in den ersten Werken des jungen Hof¬
diesem Namen genannt wurden — es ist nicht viel
mannsthal, daher bei ihm und allen anderen diese
über zwanzig Jahre her und scheint beinahe eine Ewig¬
tiefe, ehrfürchtige Andacht vor der romantischen Dä¬
keit — all diese sind heute reise Männer, etwa in
monie und den unbegreiflichen Wundern des Theaters.
der Mittagssonne ihres Lebens oder sogar darüber
Daher die Formkunst der Sprache und das spielerisch
hinaus, sind zum Teil anders geworden in ihren
Blasse, Sordinierte selbst in den Wirklichkeiten dieser
menschlichen und künstlerischen Wesenheiten und lächeln
ganzen Richtung, das Unterdrückte, Kraftlose, im
heute vielleicht selbst einer Vergangenheit, die ihnen nun
Stofflichen und das Lyrische im Dramatischen. Die
wie eine liebe oder schlimme Jugendtorheit erscheint,
kräftigen Farben von Schnitzlers „Liebelei“ wirkten
und lächeln auch oder ärgern sich gar, daß ihnen die
in dieser Umwelt vonrden Parfum und müder
einmal aufgeprägten Stempel nicht mehr abgenommen
Erotik, von beinahe wunderlicher Renaissanceschwär¬
werden, sondern immer wieder neu vorgehalten,
merei und nachempfundener Symbolik wie eine große,
immer wieder frisch aufgeklebt werden, wie die Sünden
natürliche Erquickung und sicherten, eine deutliche
einer längst verrauschten Frühzeit. Um nur ein Beispiel
Richtung für die Zukunft weisend, dem ewig wahren
zu nennen, das charakteristischeste: Noch heute findet
Erlebnis auch den ewig dauernden Ruhm. Die neue
man oft in ahnungslosen Literaturgeschichten und eben¬
Stadt aber fand ein neues Geschlecht und damit
solchen Zeitungsaufsätzen bei Arthur Schnitzler als
notwendig eine neue Dichtung. Eine, die männlich und
wesentlichste Eigenheit den Schöpferruhm des „süßen
stark, unmittelbarste Wirklichkeiten zur dichterischen
Mädels“ aufgezeichnet. Ebenso werden mit beinahe
Vision steigerte und das wahrhaft Erlebte zum=Pathos
aufreizender Beharrlichkeit immer wieder dieselben
der ganzen Zeit. Diese aber erwarb und verdiente
Namen nebeneinandergestellt, Namen, deren Träger
sich in neuem, gewandelten Sinne den Ehrentitel
keinerlei künstlerische Beziehung mehr verbindet, die
„Jung=Wien“.
von ihrem ersten Weg bald ausgesprungen sind, um
Unter ihren wichtigsten Repräsentanten ist schon
ganz anderswo zu landen. Alles andere, die wichtigen,
heute Anton Wildgans obenan zu nennen, und es ist
tief einschneidenden Entwicklungen der Mannesjahre
nicht schwer oder vermessen, zu prophezeien, daß er
und einer gewandelten Zeit, sind vergessen, vergessen
einmal, in Zeiten einer endgültigen Eingliederung, als
vor allem, daß man heute unter „Jung=Wien“ etwas
ihr eigenartigster und bezeichnendster Typus gelten
ganz anderes verstehen müßte, etwas viel Schwereres,
Wuchtigeres, Bodenverwachseneres, etwas, das einer wird. Wie alle, deren Entwicklung auf künftiges