VI, Allgemeine Besprechungen 1, 6, Herbert Cysarz, Seite 21

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1aphlets offorints
Herbert Cysarz.
broßstadt=Ergebung: den „Tubutsch' Albert
seinem halb impressionistischen und halb ex¬
ick in die Linzer Straße (den Wiener White¬
os und pfeilgerad in Vorstadt=Elend und
Und Altenberg=Gesichte, Altenberg=Zeich¬
bei Karl Kraus, inmitten aller Zeit=Kritik
hus=Polemik.
sche Metaphysik des Bluts und ihre Formen¬
n noch an der Gestalt Rainer Maria Rilkes
fbeschworen! Rilke ist unser höchster Im¬
Ueberwinder des Impressionismus, Ueber¬
engräber: Wie Stefan George aus neu¬
bolismus, der „Hymnen“ der „Pilgerfahrten“
nicht durch Eliminierung der jugendlichen
durch Equilibrierung des Pols durch den
klassischem Monumentalstil erhebt; wie selbst
aus der Psychologie des Verfalls“ seiner
ks den weltschmerzlichen Zerrissenheiten der
noch des „Tonio Kröger' in Goethes und
sich läutert zu neuidealistischem Lebens= und
er wie Hofmannsthal aus dem Elektra¬
entalisierten Antike — die Spaltung zur
emporsteigt zum antikisierten Orient der
ten'=Novelle — in gleich kontrapunktischem
er Lage=Verschiedenheit der hier betretenen
fke den Weg aus aparten und faszinierenden
und gleichzeitig härteren Linien. In
ilke singen und sagen gelernt, vogel= und
wie Jacobsen und schwebend in zeitlosen
e, einfältig und überfeinert zugleich wie
das offene Ich und die offene Form und
gott (nicht Georges geschlossene Griechen¬
t das Hofmannsthalische Wissen um alles
her, die Existenz in allem Irgendwo und
eeilhabe an allen nahen und fernen Bezügen,
htsbang und mütterlich=opferstark (gerade die
frauenlebens hat Rilke seherisch gestaltet)
adt und Angst“; Tod ist in allem Leben,
anken aus der nackten Leibheit in die nie
hkeit, in jedem Schritt grüßen unsichtbar
köme und ferne Seufzer und innere Ver¬
in den „Aufzeichnungen des Malte Laurids
valissche Allegorien und Baudelairesche
es=Orgien voll grandioser Transparenz des
Physiologischen. Aber bereits der Herr und
kt auch einen anderen Sauerteig in den
sensibilität strebt Rilke auch zur Glocken¬
enbuchs“ (der Ausdruck gewinnt zuweilen
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Alt=Österreichs letzte Dichtung (1890—1914).
die Inbrunst des Gebets), zur konzentrierenden nicht irritie¬
renden Vitalität der „Neuen Gedichte“ („Immer verwandter
werden mir die Dinge, Und alle Formen immer angeschauter"),
zum flügelleichten Lied und doch auch wie aus Parischem
Marmor gemeißelten Epitaph des „Cornets Christoph Rilke“
(kostbar auch als Einswerdung von Seele und Natur und
Geschichte); und schließlich (in den „Duineser Elegien, schon
im Doppel=, Requiem“, am wuchtigsten in den „Letzten Gedichten“
im dritten Band der Gesamt=Ausgabe) bäumt Rilke sich¬
in kühnster Spannung zu den Herbstesschatten romanischer
Reizsamkeit und Frühlingsdämmern slawischer Zerflossenheit —
in eher gotische als barocke Kantung und Klüftung empor:
auf dem Grenzrain von Impressionismus und Expressionismus
entschwindet Rilke dem Blick, und eben diesen Rilke bekennt
so Trakl wie der junge Werfel, Busoni widmet ihm seinen
„Entwurf einer neuen Aesthetik der Tonkunst', und unter den
Manuskripten neuösterreichischer Neutöner ist fast zu 50% dieses
spiritus Rilke.
So viel an ersten Typen und Strukturen! Diese Dichtung
wahrt einerseits innigste Heimat=Verbundenheit (noch da wo
sie lokalem Dialekt, geschichtlichem und landschaftlichem Hinter¬
zugleich aber webt sie in weitesten kon¬
grund entsagt) —
tinentalen Zusammenhängen: Ihr Barock ist das breiteste Ein¬
fallstor europäischer Renaissance, ihr Impressionismus der tiefste
Einbruch der europäischen Neuromantik und Dekadenz in die
deutsche Dichtung. ... Nördliche Anschlüsse gelingen vorzüglich
dem Naturalismus (der seit den neunziger Jahren die Wiener
Theater besiedelt, vereinzelte Brücken auch zum Impressionis¬
mus schlägt, bei Schnitzler und Wassermann etwa, und
jüngst in Schönherrs Holzschnittkunst manieristischen Gipfel er¬
klimmt), Nord=Auschluß glückt auch dem jüngeren Expressio¬
nismus (der freilich keinerlei örtliche Einheit mehr wahrt),
und dem heute leider am üppigsten blühenden Cklektizismus.
Mehr selbstgenug natürlich bleibt die alpenländische Heimat¬
kunst (Gotthelfisch=realistisch bei Rosegger und Eichendorffisch¬
jungromantisch bei Rudolf Hans Bartsch, bei beiden freilich
in Epigonal=Dimension, fast neokatholisches Bauernbarock bei
Enrica Handel=Mazzetti oder auch ihrer jüngsten Stil=Ver¬
wandten Paula Grogger). Und solche Alpen=Dichtung be¬
gegnet auf Wiener Boden dem Prager Einstrom, dem ana¬
lytischen Okkultismus der Meyrink und Troß und der syn¬
thetischen Metaphysik der Werfel und Gefährten — insonder¬
heit erscheint Franz Kafkas hinterlassener Roman „Das Schloß“
wie eine außerordentliche „Phänomenologie“ des geborstenen
Zentral= und Beamtenstaats (unbeschadet freilich auch der reli¬
giösen Deutung des Herausgebers Max Brod), voll tiefster
gleich
Blicke in österreichisches Wesen und Gemeinwesen
manchem in der frühen Lyrik Hofmannsthals und in Schnitzlers
Preußische Jahrbücher. Bd. CCXIV. Heft 1.
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