VI, Allgemeine Besprechungen 1, 6, Josef Körner Spätwerk, Seite 28

Panphlets Offorints
bedrängt? Ist das Wort, das
Erinnerung? Der Ton, mit dem
Frinnerung, ehe das Lied geendet?
Wiese dort nicht gerade so vor¬
en, die längst gestorben sind?“
andererseits doch wieder alles.
bersstück „Gestern“ (1891) erfährt
nblick gelten und von ihm sich
unverwischbaren Gewesen:
ssen, daß es war.
Weisheit nicht erst von dem
er hatte sie vor ihm schon in
(1890) ausgesprochen: „Was
sie in den späten „Schwestern“:
erberg, drin du wohntest,
hinter dir sie auf,
ewig in den Haaren,
spruch auf? eine Unklarheit und
enken?
Nein. Nur die Pein
das quälende Bewußtsein von
des Lebens, das als ein Werden
ie Frage nach der Wirklichkeit,
er Qualität oder Finalität, nicht
rn vor allem die quaestio facti
hnitzlers.
nser Leben über¬
die Sein un
Schein, Traum
unterscheiden?
bt
s überhaupt
insinhalt? I
Ende meines
Ende
Ruf
ber¬
S.
ei
——
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Schließ' ich mein Auge,
Erlischt das Licht. Halt' ich den Atem an,
Riecht keine Blume. Schlumnur' ich ein, so sinkt
In Schlaf die Welt. Und wenn ich sterbe, stirbt
die Welt in mir.
Und Gott?
Ich stehe als der Stärk're wider ihn,
Den ich, erschauernd ob der eignen Macht,
Als ewig über allem Schein erschuf
Und den ich doch, so ewig ich ihn schuf,
Mit mir ins ew'ge Nichts hinunterreiße.
Dieser Auftritt, dieser Dialog Sylvesters und des Sekre¬
tärs folgt unmittelbar auf jenen Monolog Sylvesters, der
voll ist der Klage über die Vergänglichkeit und also Unwirk¬
lichkeit des verfließenden Lebens. Ungnads Rede zieht da
nur die letzte Konsequenz: besteht der Augenblick allein, dann
auch nur das den Augenblick erlebende Ich. Hae omnes
creaturne in totum ego sum et praeter me ens alind non est
et omnia ego creata feci. So tritt dem Dichter Thorn
in dem verwirrten Sekretär sein eignes Zerrbild entgegen,
Zerrbild auch in der Hinsicht, daß Ungnad zum Denkprinzip
macht, was für Sylvester Lebensprinzip war und ist: den
Egoismus.
Schwerer verständlich als die solipsistische Verrücktheit des
Sekretärs ist seine Einschätzung von Sylvesters Selbstmord;
durch diese Vernichtungstat wird jener für ihn erst ein wirk¬
liches Wesen:
Das war der Augenblick¬
Ich spürt's mit Gran'n — daß er entsprang¬
nämlich aus dem Gehege von Ungnads Schöpferkraft zu eignem
autonomen Sein.
Hier schneidet sich mit dem Erkenntnisproblem das Frei¬
heitsproblem. Arthur Schnitzler, der Sohn eines naturwissen¬
schaftlichen Zeitalters, bewährt sich in allen seinen Schriften
als überzeugter Determinist: Gesetze herrschen über uns, un¬
begreiflich und unerbittlich, und spotten unsres anmaßenden
Willens. Aber eine Möglichkeit gibt es, ihrer allwaltenden
Tyrannei sich zu entziehen: daß man aus ihrer Machtsphäre
entweicht.
Was kommen muß, wird kommen — doch nichts zwingt
Den, der es nicht mehr schau'n will, d'rauf zu warten.
Mit Willen
Dahinzugehn, ist Freiheit, und mich dünkt,
Die einzige, die uns Sterblichen gegönnt ist!).
!) Die Berse sind dem „Schleier der Veatrice“ entnommen.
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