VI, Allgemeine Besprechungen 1, 6, Josef Körner Spätwerk, Seite 41

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Panphlets Offarints
Vor dem wachen Tage entweichen die Träume der Nacht,
aber angesichts des Todes wird auch die Wirklichkeit des
Tages wieder zum Schemen; und so sind, von höherer Warte
gesehen, Albertinens wüste Nachtgesichte und Fridolins skurrile
Abenteuer gleich nichtig und sinnlos.
Findet dergestalt das Wirklichkeitsproblem hier eine Be¬
handlung, die vielleicht tiefer und fast noch skeptischer ist als
die im „Gang zum Weiher“, so kehrt auch das Vorder¬
grunds= und Titelmotiv dieses Dramas in der Traumnovelle
wieder. Dem jungen Konrad von Ursenbeck kommt, wie er
sein nächtliches Abenteuer am Weiher einigermaßen überlegt,
ein peinliches Bedenken. Indem er es äußert, entspinnt sich
zwischen ihm und Leonilda dieser Dialog:
Konrad: Mir war, als hätt'st du mich, nein, Leonilda,
Nicht eben mich, — nein, irgendwen erwartet.
Leonilda (ernst):
Das mag wohl sein.
Konrad (erregt):
Nun also? —
Leonilda (einfach):
Den, der kam.
Das klingt schlimmer, als es gemeint ist. Wer sich daran
stößt, findet Leonildas und aller ihrer Schwestern Rechtferti¬
gung in einem Lieblingsbuch des deutschen Bürgers: im
„Grünen Heinrich“ viertes Buch, 15. Kapitel. Die Blüte¬
zeit der guten Weiblein, meint schmunzelnd Meister Gott¬
fried, gehl so rasch vorbei, daß sie nicht lange warten mögen
und den nehmen, der als erster kommt.
Ein siebzehnjähriges Mädchen plaudert an einem schönen
Sommerabend vom Fenster aus mit einem hübschen jungen
Menschen; ihr ist, als brauchte er nur ein Wort zu sprechen
und er könnte von ihr alles haben; aber der junge Mann
ist sehr höfsich und wohlgezogen, und anderen Tags hält er
um des Fräuleins Hand an; Fridolin um Albertinens Hand.
Unmutig fragt er die also Beichtende: „Wenn an jenem
Abend zufällig ein anderer an deinem Fenster gestanden hätte
und ihm wäre das richtige Wort eingefallen?
Fridolins
Frage bleibt ohne rechte Antwort. In der Verführungs¬
komödie beruhen Maxens Liebeserfolge darauf, daß er immer
zur richtigen Zeit da ist.
Die Traumnovelle spielt in Wien, und ob schon eine
ausdrückliche Datierung nicht gegeben wird, geht aus ver¬
steckten Andeutungen des Zeitmiliens (S. 16, 37) hervor, daß
ihre Handlung vor dem Kriege liegt. In jene nüchterne und
wohlpolizierte Epoche wollen freilich allerhand seltsame Ge¬
schehnisse, wie sie eher den unsichern und tollen Zeiten der
Umsturzjahre entsprächen, nicht recht hineinpassen. Für das
hoffmaneske (hier unerwähnt gebliebene) Nachtstück im Laden
des Maskenverleihers Gibiser, auch für den geheimnisvollen
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