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DerMlerke
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Arthur Schnitzler. Von Paul Czinner.
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leine, dämmerige Stuben mit Blumen in den Vasen, niedrige Fenster,
aus denen die Sehnsucht sich beugt. Blühende Gärten mit alten
Bänken, auf denen zwei sitzen und sich in die Rugen blicken.
Menschen, die in den Frühling gehen, Hand in Hand. Sonne, Licht
und bange Schatten. Menschen, die zittern vor Glück und beben
1 vor Rngst es zu verlieren. Lieblich trippelnde Mädchen, die auf
L das Leben warten, die sich nach einem Schicksal sehnen, nach der
großen Stunde. Und blasse, frühalte Kavaliere mit müden Geberden, denen solch
ein junges Ding nicht mehr ist als eine Lebemannssache,
Ein reizendes Durcheinanderfluten von Weichheit und Eleganz, Innigkeit und
Ironie, Schlichtheit und Raffinement, Schmerz und Spiel, Leben und Traum. Leicht¬
gewebte Lyrik neben Feuilletonismen und brutaler Realistik. Lieben, spielen und
sterben. Das ist die schmerzlich-süße, traurig-lustige Welt Arthur Schnitzlers.
Ein Weicher ist er, ein stiller Träumer, mit sanftem, milden Antlitz wie es
die Frauen lieben. Kein Denker, ein Dichter. Er reflektiert nicht, er schildert, lebt
nach, läßt fremde Nervenströme durch sein Gehirn ziehen. Es gibt manchen, der
gewaltiger, tiefer ist, aber keinen, der uns tiefer bewegt. Eine Musik umklingt
seine Werke, zart und schwebend, als flögen leichte Tauben. Zärtliche Melodien, die
wir alle einmal im Herzen trugen. Stimmung, Stimmung. Ich denke an Schu¬
manns Heinevertonungen, an die milde Schwermut Schuberts, manchmal an die
sensitio-melancholisch hinfließenden Rhythmen Chopins. Mit diesem hat er auch die
leichte Erregbarkeit und erhöhte Empfindungsfähigkeit gemeinsam, vor allem aber
den eigenartigen melancholischen Lyrismus, der nichts weiter ist, als der sublimierteste
Egoismus, der alles auf sich bezieht und seine eigenen Ich-Zustände ols den einzigen
und höchsten Maßstab hinstellt (Herr von Sala). Eine dunkle Melancholie, die im
Widerspruch steht zu seiner gelenken, leichtsinnigen, gallischen Beweglichkeit, seinem
koketten Feminismus, seiner Lebenslust und Lichtfreude. Ein Stimmungskünstler par
excellence ist er. Ein Bild, ein Wort, eine Farbe, ein Ton — die Stimmung ist da,
sie hält uns fest, umarmt uns gleichsam. Einmal hören wir von einem Abend..
eine grün-rote Ampel brennt („sie gehört auch dazu“!) .. einer sitzt am Klavier
und eine, die er seit zwei Stunden kennt, liegt zu seinen Füßen ... ihr Kopf in
seinem Schoh.. er phantasiert mit der linken Hand . .. die rechte hat sie an
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Arthur Schnitzler. Von Paul Czinner.
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leine, dämmerige Stuben mit Blumen in den Vasen, niedrige Fenster,
aus denen die Sehnsucht sich beugt. Blühende Gärten mit alten
Bänken, auf denen zwei sitzen und sich in die Rugen blicken.
Menschen, die in den Frühling gehen, Hand in Hand. Sonne, Licht
und bange Schatten. Menschen, die zittern vor Glück und beben
1 vor Rngst es zu verlieren. Lieblich trippelnde Mädchen, die auf
L das Leben warten, die sich nach einem Schicksal sehnen, nach der
großen Stunde. Und blasse, frühalte Kavaliere mit müden Geberden, denen solch
ein junges Ding nicht mehr ist als eine Lebemannssache,
Ein reizendes Durcheinanderfluten von Weichheit und Eleganz, Innigkeit und
Ironie, Schlichtheit und Raffinement, Schmerz und Spiel, Leben und Traum. Leicht¬
gewebte Lyrik neben Feuilletonismen und brutaler Realistik. Lieben, spielen und
sterben. Das ist die schmerzlich-süße, traurig-lustige Welt Arthur Schnitzlers.
Ein Weicher ist er, ein stiller Träumer, mit sanftem, milden Antlitz wie es
die Frauen lieben. Kein Denker, ein Dichter. Er reflektiert nicht, er schildert, lebt
nach, läßt fremde Nervenströme durch sein Gehirn ziehen. Es gibt manchen, der
gewaltiger, tiefer ist, aber keinen, der uns tiefer bewegt. Eine Musik umklingt
seine Werke, zart und schwebend, als flögen leichte Tauben. Zärtliche Melodien, die
wir alle einmal im Herzen trugen. Stimmung, Stimmung. Ich denke an Schu¬
manns Heinevertonungen, an die milde Schwermut Schuberts, manchmal an die
sensitio-melancholisch hinfließenden Rhythmen Chopins. Mit diesem hat er auch die
leichte Erregbarkeit und erhöhte Empfindungsfähigkeit gemeinsam, vor allem aber
den eigenartigen melancholischen Lyrismus, der nichts weiter ist, als der sublimierteste
Egoismus, der alles auf sich bezieht und seine eigenen Ich-Zustände ols den einzigen
und höchsten Maßstab hinstellt (Herr von Sala). Eine dunkle Melancholie, die im
Widerspruch steht zu seiner gelenken, leichtsinnigen, gallischen Beweglichkeit, seinem
koketten Feminismus, seiner Lebenslust und Lichtfreude. Ein Stimmungskünstler par
excellence ist er. Ein Bild, ein Wort, eine Farbe, ein Ton — die Stimmung ist da,
sie hält uns fest, umarmt uns gleichsam. Einmal hören wir von einem Abend..
eine grün-rote Ampel brennt („sie gehört auch dazu“!) .. einer sitzt am Klavier
und eine, die er seit zwei Stunden kennt, liegt zu seinen Füßen ... ihr Kopf in
seinem Schoh.. er phantasiert mit der linken Hand . .. die rechte hat sie an
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