VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, Richard Specht, Seite 6

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PanphletsOffarints
winkel gebracht und solch zwingendes Erzählen sonderbarer Dinge, daß man
gar nicht wünschen möchte, sie wären nie an ihn herangetreten. Einen grill¬
parzerisierenden Grundzug seiner Dichtung, ein rebellionsloses Sichbescheiden¬
und Begrenzenwollen, hat Schnitzler bald besiegt. Ob seine Hingabe ans
Grenzenlose, an die übersinnlichen Mächte der Welt der Preis dieses Sieges
ist? Oder auch dies nur Stufe und Weg? Man möchte es hoffen. Denn zur
„Dämmerseele“ taugt er nicht. In seinem Werk lebt so viel von unsrem
Jetzt, wird so viel von unsrer Vergangenheit laut, spricht so viel Zukünftiges,
daß es nicht vom Kehrbesen der Zeit beiseite gefegt werden kann. Darin
liegt auch die Lösung der seltenen Erscheinung, daß hier zwei, ja drei.
Generationen einer Meinung über ihn sind. Sonst wird vom Heute weg¬
gestoßen, was vom Gestern geliebt war — weil es vom Gestern geliebt war.
Bei Arthur Schnitzler sind alle in der Liebe einig. Weil in seinem Werke
eben mehr ist als bloß die Dinge des Gestern. Er gehört zu den Seltenen,
die immer wieder ein „Morgen“ vor sich haben.

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