VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, Soergel Dichtung und Dichter, Seite 15

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PanphletsOfforints
eist. Es bricht
irdische Bestimmung die Liebe ist oder zu sein scheint, für die Frau in „Frau
enn für sich,
Beate und ihr Sohn“ (1915), für den Mann in den Novellen „Doktor Gräsler,
ie Liebes¬
Badearzt“ (1917) und „Casanovas heimfahrt“ (1919). Stofflich bearbeitet er (in
eide sind
„Frau Beate und ihr Sohn“, in der „Frau des Richters“ und in der „Traum¬
jüdi¬
novelle“ 1925) dabei ein Feld, auf dem auch die Jugend seiner Zeit sich be¬
beide
tätigte, das Feld des Traumes. Der Dichter, dessen Schöpfungen der Freudschen
Der
Schule Beweisstücke abgaben für ihre „psychoanalytischen“ Deutungen (Theodor
nan
Reik: „Arthur Schnitzler als Psycholog“, 1914), kam selbst bereichert von Sig¬
licht.
mund Freud zurück. Als Leser in Seelen, als Deuter ihrer im Unbewußten
s um
schaffenden, ein Schicksal gestaltenden Kräfte reicht der sonst in seinem Welt¬
aus
gefühl der Jugend fremde Dichter ihr doch die hand.
3. Hugo von Hofmannsthal
„Frühgereift und zart und traurig“: diese Worte, die 1894 Hugo von hof¬
mannsthal Schnitzlers „Anatol“ auf den Weg gab, enthielten auch ein Stück
Selbstbekenntnis. Hugo von Hofmannsthal, 1874 in Wien geboren, war damals
20 Jahre alt; 12 Jahre jünger als Schnitzler, hatte er
doch schon mehr geschaffen: siebzehnjährig unter dem Ka¬

men Teofil Morren die dramatische Skizze „Gestern“.
achtzehnjährig den „Tod des Tizian“, neunzehnjährig „Den
Tor und den Tod“: beides unter dem Namen Loris. Es
waren seltsame Werke, seltsam durch ihre Form, noch
seltsamer durch die Art des inneren Erlebnisses, dem sie

ergreifenden Ausdruck goben. Denn was hatte dieser noch

nicht Zwanzigjährige in tiefster Seele erlebt! Die Seligkeit
früherer großer Kunstzeiten und die Unseligkeit der eige¬
nen Zeit — die Fülle einer wahren Kunstwelt und die
Leere einer in dem bloßen blassen Dunstkreise der Kunst
erstorbenen Maskenwelt.
Man muß alles dahinten lassen, was man von Jugend¬
werken erwartet: ein frisches Drauflosstürmen, eine junge
ungebändigte, ungebärdige Kraft, ein leidenschaftlich glut¬
volles Wollen, hinausgejubeltes Glück oder hinausge= CL,,
heulten Schmerz, die Formlosigkeit ersten reichen Ge¬
stammels oder die Formenglätte weicher Nachemp¬
findelei. — Nichts von alledem! Dafür traf man auf einen gemessenen, an
der Schule Stefan Georges gebildeten Stil, auf strenge, klassisch ruhige Derse,
die unter einer weichen, sehnsüchtigen Weise leise erbebten. Melodie, Musik nur
ist fast der ganze Ders; feierliche Schwermut ist die Stimmung. Der Ton ist nach¬
denklich, rückblickend, leise lehrhaft, die Gebärde ist die eines vielerfahrenen
höchstgebildeten älteren Mannes. Der junge Dichter der beiden feierlichen Trauer¬
gesänge vom „Tod des Tizian“ und vom „Toren und dem Tode“ hat keine Un¬
befangenheit mehr, er schreiht im „Tod des Tizian“ die folgenden Derse:
Denn von den leiden und von den genüssen
hab längst ich abgestreift das bunte kleid,
das um sie webt die unbefangenheit,
und einfach hab ich schon verlernt zu fühlen.
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Arthur
Schnitzler
Hugo von
Hofmanns¬
thal
Karikatur von
B. J. Dolbin
Aus
Dolbin=Polgar,
Literarische
Kopfstücke,
Krystall=Verlag,
Wien