VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1909–1912, Seite 13

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Die heutige Nummer ist 32 Seiten stark; verspotten, daß er aus seinen Werken einzelne auffallende be¬ religiöse Ideal entschieden
fremdliche Aussprüche oder Ausdrücke herausreißt! Man etwas wesentlich anderes
außerdem enthält dieselbe eine achtseitige geurteilt einen Dichter aus dem Ganzen heraus und aus
und wahrhaft Künstlerische
illustrierte Beilage „Der Sonntag“.
seinen Stärken. Wilhelm von Humboldt hat ganz richtig be¬
formell, rein artistisch, o
merkt, daß es sich nur bei mechanischen Dingen umgekehrt ver¬
frivol.
hält. Eine eiserne Kette z. B. ist freilich nach ihrem schwächsten
Es fällt mir nicht ein,
Glied zu bewerten.
leugnen. Ich anerkenne di
Feuilleton.

Der wirkliche Stand der Wiener Literatur ist nun sol¬
thals, aber ich bedaure,
gender: Seit ein paar Jahrzehnten stehen sich zwei Schilen,
Nachdruck erlaubt.
nur kalten Aesthetizismus
zwei Gruppen gegenüber, beide, wie mich dünkt, an Zahl und
unzweifelhaft starken „E
En 0
Wiener Literatur.
Talent nicht unbedeutend, beide äußerst tätig, strebsam, pro¬
des Griechentums gibt un
Von Dr. Richard v. Kralik.
duktiv, aber ganz verschieden in ihren Grundsätzen, in ihren
gabung Schnitzle##
Dem Dichter Franz Eichert ist vom Wiener Gemeinderat
Zielen, in ihrer Methode, in ihren Kunstanschauungen. Es wäre
seinem krankhaft jüdi
sehr oberflächlich, diese beiden Gruppen als die christliche und
eine wohlverdiente Ehrung zuteil geworden." Es ist damit nur
selligen und künstler
das Urteil ratisiziert worden, das längst von Kritikern aus den
antichristliche, als die arische und als die jüdische, als die
in grauenhafter Verzerrung
klerikale und die liberale in ihrem Gegensatz zu charakterisieren.
verschiedensten Parteilagern gefällt wurde, nicht etwa nur von
nicht so philiströs, die Unn
Ich möchte am liebsten die eine Gruppe die der Re¬
christlichsozialen, von konservativen, von „klerikalen“ Kritikern.
bedaure nur den völligen
Der bekannte Aesthetkker Robert Zimmermann war es, der einst
generation, die andere die der Dekadenz
künstlerische Unzweideutigk
Eicherts echte Dichternatur, den starken Alzent einer Lyrik ent¬
nennen. Denn die erstere strebt die Wiedergesundung, die
Symbolismus von Naturvo
deckt und hervorgezogen hat. Professor Minor hat als Referent
Erneuerung, die Erhebung der Literatur an in den Bahnen
abgelegenen Wänden von
der Schwestern=Fröhlichstiftung Eichert zweimal für ein
der klassischen Poesie der Griechen, so heimatlich, so national,
daß Schnitzlers Gedankenst
Stipendium vorgeschlagen, und dies auch erwirkt;
so volkstümlich, so religiös, so erhebend und so fruchtbar für
Hieroglyphen sind. Ich ane
nur für „hervorragend
diese Stiftung ist statutengemäß
das Leben wir nur möglich. Aber unsere Heimat ist eben nicht
das im Zynismus starke un
schaffende Talente“ bestimmt. Peter
Griechenland, sondern Wien, unser Volk das deutsche, unsere
Rosegger, auch
stehe selber die Wirkung, st
kein Klerikaler, nennt im „Heimgarten“ Eicherts Gedichte „Lieder
Gesellschaft, unser Staat der österreichische, unsere reale, wirk¬
haltige Freude daran. Vor
voll echter und frommer Poesie, wie sie in unseren Tagen nur
liche Religion die christliche in konkreter katholischer Gestaltung.
gabung Bahrs, ich halte
selten noch erklingen.“ Wenn daher jetzt ein übelwollender
Wir sind katholisch schon aus ästhetischem Realismus. Der
höchst biederen echten Hein
namenloser Kritiker durch Herausreißen einiger Verszeilen, durch
Katholizismus ist uns keine Konfession, keine Partei, sondern die
durch Pariser Einwirkungen
Nichtbeachtung der Gesamtheit von Eicherts Werken es versucht,
selbstverständliche historisch und metaphysisch gegebene Grund¬
selber untreu wurde. Sein
lage aller notwendigen Weltanschauung. Diesen Prinzipien, die
bei einem Publikum, das den Autor nicht kennt, dessen Wert
oberösterreichischer Heime
ich selber für die gedeihlichsten und vernünftigsten halte,
herabzusetzen, so dürfte die Spitze dieser Polemik kaum gegen
Prosa, seinen Stil,
den anerkannten Dichter gerichtet sein, sondern vielmehr gegen
schließt sich, außer Eichert, noch Trabert, Hlatky,
hingebende Förderung heim
den Gemeinderat, den man wohl davon abschrecken will, auf
Domanig, Seeber, Handel=Mazzetti ent¬
ich bedaure, daß all diese
diesem Weg fortzuschreiten. Man will offenbar weiteren Aktionen
schieden an. Von einigen anderen ausgezeichneten Namen
den dauernden Erfolgen
dieser Art, die ganz gewiß die bisherige Alleinherrschaft eines
möchte ich das gleiche behaupten, habe aber kein Recht, es zu
Selbstzucht verbürgen kann.
verkünden.
anderen Literaturkreises in Wien stark gefährden könnte, einen
verkündet, daß auf dem We
Die zweite Gruppe, die der Dekadenz, steht allen oder
Riegel vorschieben. Man spekuliert auf die Unwissenheit, die
eine Tragödie nicht mehrm
sowohl bei unseren Gegnern wie auch bei uns über den eigent¬
doch den meisten Ideen der hohen Kunst feindlich oder gleich¬
weiteren Verfolg das Varié
Grund, warum jene Grupp
lichen Stand der Wiener Literatur herrscht, man spekuliert nicht
gültig, oder doch ausweichend gegenüber. Konsequenterweise
bezeichnet werden darf.
muß sie darauf verzichten, eine Hochkunst etwa im Sinne
ungeschickt auf die Furcht, die bei uns allen mehr oder weniger
Wie gesagt, ich will
herrscht, für „klerikal“, für „tendenziös“ angesehen zu werden.
der Griechen odgr des Mittelalters oder der Renaissance zu
Man spekuliert auf die Furcht vor rüchsichtsloser Kritik.
nicht absprechen; auch die
bieten. Wenn ihr schon das nationale, das heimatliche, das soziale,
das patriotische Ideal nicht notwendig erscheint zum Aufbau der
Aber welchem Thersites ist es nicht ein leichtes, den größten,
nicht schimpflich gemeint sei
aber etwa seinen Hörern weniger bekannten Dichter dadurch zu modernen Kunst, so weisen deren Vertreter vor allem das Frankreich als Ehrentitel v#