VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1909–1912, Seite 26

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Die deutschen Dramatiker der Gegenwart. II)).
Von Eduard Engel.
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unpoetische Verlleinerung des großärtigen Weibes
uralten Legende.
Besorgt schauen sich die Theaterleiter und die Freunde
unserer dramatischen Dichtung nach den jungen Drama¬
tikern um, von denen uns neues Heil kommen soll. Jeder
neue Junge, jeder junge Neue wird zunächst wie ein Genins
behandelt, und unsere verrohteste Theaterkritik gewährt
diesen Heilanden des Dramas die schönsten Ruhmes¬
vorschüsse. Schwerlich hat es je eine Zeit wie diese ge¬
geben, in der Kritiker und Zuschauer den jungen Talenten

so weitherzig entgegengekommen sind. Ein sehr einflu߬
reicher Teil unserer Presse treibt den grausamen Sport,
um jeden dieser Jungen und Jüngsten einen Nebelkreis
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zukünftiger Verühmtheit zu verbreiten, grausam deshalb,
weil so viel vorausverkündeter Ruhm nur durch große

Meisterwerke verwirklicht werden kann. So hat es die
Presse nacheinander mit Herbert Enlenberg und mit Karl
Gustav Vollmoeller getrieben, und herausgekommen ist
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Karl Gustav Vollmoeller.
Wilhelm Schmidt=Vonn.
Hermann Bahr ist schon einer der älteren unter
diesem Jung=Österreich, und er erscheint uns um so älter,
Filhelm Schmidt=Vonn, geboren 1876, kann
weil er so ziemlich jedes Jahr für eine neue literarische Mode
insofern seine Frende haben, als er zu den Auf¬
begeistert ist, immer mit der gleichen tiefen Überzeugung,
n gehört. Er hat ein paar recht schlechte Stücke
mit der gleichen Wärme, fast immer mit der gleichen
ken, z. V. den „Jubiläumsbrunnen“ und einen
spielerischen, oberflächlichen Geistreichigkeit. Es hat in
en Novellenband „Uferleute“ (Geschichten vom
Bahrs Leben auch manches Jahr mit je zwei modischen
hein), und ich war geneigt, ihm keine drama¬
Überzeugungen gegeben. Er ist 1863 in Linz geboren,
Kkunft mehr zuzusprechen. Man soll aber im lite¬
hat in den zweiundzwanzig Jahren seiner Schriftstellerei
Prophezeien sehr vorsichtig sein: Schmidt=Vonns
etwa fünfundzwanzig Stücke verfaßt, darunter hin und
n Gleichen“ aus dem letzten Spielwinter hat be¬
wieder eins, das beinahe an die Kunst gestreift, einige,
Haß er sich höhere Ziele steckt, stärtere Kraft daran¬
Herbert Enlenberg.
die kaum zur Literatur gehören. Ein wirkliches Kunst¬
hat, und wenngleich ich seinen „Grafen von
werk ist ihm nicht ein einziges Mal gelungen. Wie sollte
für ein verfehltes, ich meine vergriffenes Drama
es auch? Zur Kunst, auch zur heitersten, gehört ein ge¬
stehe ich doch nicht an seinen dramatischen Fort¬
dabei nichts anderes als eine erhitzte Treibhausberühmt¬
wisser Kunsternst, und den bringt Bahr nicht auf, weil
kzuerkennen. Für verfehlt halte ich seinen „Grafen
heit, die nach ganz kurzer Zeit verfliegen mußte. Herbert
Ernst sich nicht mit der aufs Verblüfsen ausgehenden
ichen“ darum, weil der neuzeitliche Dichter durch¬
Enlenberg aus Mülheim (geboren 1876) ist durch seinen
Geistreichigkeit verträgt.
großartiger und tiefer sein wollen als der un¬
„Ritter Blaubart“ zu einer flüchtigen, halb komischen Be¬
Artur Schnitzler, 1862 in Wien geboren, hat
Erfinder der feinen Kreuzzugsnovelle von dem
rühmtheit gelangt, aber nur von der Presse Gnaden, die
seinen einzigen großen Bühnenerfolg, mit dem Drama
mit den zwei geliebten und liebenden Frauen.
sehr verschieden von denen der Zuschauer sind. Sein
Liebelei“ (1895), nicht wieder erreicht oder überholt. Das
Hause gebliebene, die ihres Gatten Retterin vom
bestes Stück ist meines Wissens noch nirgends zur Auf¬
Trauerspiel eines Mädchenherzens, das sich ganz gegeben
Martertode nicht mit einer den Durchschnitt über¬
führung gekommen, ja selbst in literarischen Kreisen so
und dafür ein ganzes Männerherz gewonnen zu haben
Herzensgröße wertet, sondern sie mit einer ganz
gut wie unbekannt geblieben: die Tragödie „Kassandra“.
, spießbürgerlichen Eifersucht verfolgt, ist eine
An dieses Stück halte ich mich, wenn von einem Drama¬
#tiler Enlenberg gesprochen werden darf; alles andere gebe
ich preis.
Karl Gustav Vollmoeller, geboren 1878 in Stutt¬
gart, ist gleich Eulenberg einer der Dichter des „drama¬
tischen Schattenspiels“, der Schattendramen mit Schatten¬
gestalten für eine Schattenbühne. Seine bedeutendste
dramatische Arbeit: „Katherina, Gräsin von Armagnac
und ihre beiden Liebhaber“ verdient Beachtung wegen
ihrer feinen lyrischen Reize, nicht wegen ihres dramatischen
Gehaltes. Schatten sprechen von Leidenschaft, Schatten
töten und werden getötet. Ich habe mir im Lause eines
langen kritischen Lebens eine ganz einfache Regel für die
Veurteilung des menschlichen und darum auch des dichte¬
rischen Gehaltes neuer Pramen aus Hunderten von Be¬

scher Tat
bbachtiingen in