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Wilhelm Schmidt=Vonn.
Im Schmidt=Vonn, geboren 1876, kann
fern seine Freude haben, als er zu den Auf¬
hört. Er hat ein paar recht schlechte Stücke
B. den „Jubiläumsbrunnen“ und einen
Kovellenband „Uferleute“ (Geschichten vom
und ich war geneigt, ihm keine drama¬
mehr zuzusprechen. Man soll aber im lite¬
phezeien sehr vorsichtig sein: Schmidt=Vonns
leichen“ aus dem letzten Spielwinter hat be¬
sich höhere Ziele steckt, stärkere Kraft daran¬
und wenngleich ich seinen Grafen von
ein verfehltes, ich meine vergriffenes Drama
ich doch nicht an, seinen dramatischen Fort¬
ennen. Für verfehlt halte ich seinen Grafen
darum, weil der neuzeitliche Dichter durch¬
irtiger und tiefer sein wollen als der un¬
ider der feinen Kreuzzugsnovelle von dem
den zwei geliebten und liebenden Frauen.
gebliebene, die ihres Gatten Retterin vom
rtode nicht mit einer den Durchschnitt über¬
zensgröße wertet, sondern sie mit einer ganz
ießbürgerlichen Eifersucht verfolgt, ist eine
□
Wolacgen
FIRTAAR
R
S
Sun
Hermann Bahr.
Jesorgt schauen sich die Theaterleiter und die Freunde
unserer dramatischen Dichtung nach den jungen Drama¬
tikern um, von denen uns neues Heil kommen soll. Jeder
neue Junge, jeder junge Neue wird zunächst wie ein Genins
behandelt, und unsere verrohteste Theaterkritik gewährt
Dramas die schönsten Ruhmes¬
diesen Heilanden des
eine Zeit wie diese ge¬
vorschüsse. Schwerlich hat es
geben, in der Kritiker und Zuschauer den jungen Talenten
so weitherzig entgegengekommen sind. Ein sehr einflu߬
reicher Teil unserer Presse treibt den grausamen Sport,
um jeden dieser Jungen und Jüngsten einen Nebelkreis
zukünftiger Berühmtheit zu verbreiten, grausam deshalb,
weil so viel vorausverkündeter Ruhm nur durch große
Meisterwerte verwirklicht werden kann. So hat es die
Presse nacheinander mit Herbert Eulenberg und mit Karl
Gustav Vollmoeller getrieben, und herausgekommen ist
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Herbert Eulenberg.
dabei nichts anderes als eine erhitzte Treibhausberühmt¬
heit, die nach ganz kurzer Zeit verfliegen mußte. Herbert
Eulenberg aus Mülheim (geboren 1876) ist durch seinen
„Ritter Blaubart“ zu einer flüchtigen, halb komischen Be¬
rühmtheit gelangt, aber nur von der Presse Gnaden, die
sehr verschieden von denen der Zuschauer sind. Sein
bestes Stück ist meines Wissens noch nirgends zur Auf¬
führung gekommen, ja selbst in literarischen Kreisen so
gut wie unbekannt geblieben: die Tragödie „Kassandra“
An dieses Stück halte ich mich, wenn von einem Drama¬
tiler Eulenberg gesprochen werden darf; alles andere gebe
ich preis.
Karl Gustav Vollmoeller, geboren 1878 in Stutt¬
gart, ist gleich Eulenberg einer der Dichter des „drama¬
tischen Schattenspiels“ der Schattendramen mit Schatten¬
gestalten für eine Schattenbühne. Seine bedeutendste
dramatische Arbeit: „Katherina, Gräfin von Armagnac
und ihre beiden Liebhaber“ verdient Beachtung wegen
ihrer feinen lyrischen Reize, nicht wegen ihres dramatischen
Gehaltes. Schatten sprechen von Leidenschaft, Schatten
töten und werden getötet. Ich habe mir im Laufe eines
langen kritischen Lebens eine ganz einfache Regel für die
Veurteilung des menschlichen und darum auch des dichte¬
rischen Gehaltes neuer Dramen aus Hunderten von Be¬
einem
obachtungen auf frischer Tat gezogen. Werde#
Sind Menschen gelötel, und ich Reide tall dabei, dann
sage ich mir: Das liegt nicht an meiner Hartherzigkeit,
denn ich bin nicht hartherzig, eher das Gegenteil, sondern
an der Ohnmacht des Gestalters der Menschen und ihrer
Schicksale in der leichten Kunst, mich zu ergreifen.
Eine Sondergruppe bilden die österreichischen Drama¬
tiker, wenngleich ich mich von der kinderleichten, bekannten
Spielerei mit künstlerischen Gemeinsamkeiten da nicht ab¬
gebe, wo sie nur gewaltsam und mit dem Treppenwitz
der Literaturgeschichte herauszudenteln sind. Man mag
immerhin gewisse Ahnlichkeiten einer sog. österreichischen
Schule herausspüren, z. V. die starke Beeinflussung durch
ausländische Vorbilder bei Bahr, Hofmannsthal, Veer¬
Hofmann; die Freude am klingenden, möglichst reinen
Vers bei Schnitzler und wiederum bei Hofmannsthal;
die Neigung zum mildsatirischen Geplander bei Schnitzler
und Auernheimer; das Schöpfen aus den Quellen des
Volkslebens bei Karlweis, Salten, Schönherr. Indessen,
denn Ahn¬
all das zusammen gibt noch keine „Schule",
liches findet sich auch bei reichsdeutschen Dramatikern.
*) 1 f. Nr. 3444 der „Illustr. Ztg.“ vom 1. Juli 1909.
S
S
Karl Gustav Vollmoeller.
Hermann Bahr ist schon einer der älteren unter
diesem Jung=Österreich, und er erscheint uns um so älter,
weil er so ziemlich jedes Jahr für eine neue literarische Mode
begeistert ist, immer mit der gleichen tiefen Überzeugung,
mit der gleichen Wärme, fast immer mit der gleichen
Bahrs Leben auch manches Jahr mit je zwei modischen
Überzeugungen gegeben. Er ist 1863 in Linz geboren,
hat in den zweiundzwanzig Jahren seiner Schriftstellerei
etwa fünfundzwanzig Stücke verfaßt, darunter hin und
wieder eins, das beinahe an die Kunst gestreift, einige,
die kaum zur Literatur gehören. Ein wirkliches Kunst¬
werk ist ihm nicht ein einziges Mal gelungen. Wie sollte
es auch? Zur Kunft, auch zur heitersten, gehört ein ge¬
wisser Kunsternst, und den bringt Bahr nicht auf, weil
Ernst sich nicht mit der aufs Verblüffen ausgehenden
Geistreichigkeit verträgt.
Artur Schnitzler, 1862 in Wien geboren, hat
seinen einzigen großen Bühnenerfolg, mit dem Drama
„Liebelei“ (1895), nicht wieder erreicht oder überholt. Das
Trauerspiel eines Mädchenherzens, das sich ganz gegeben
und dafür ein ganzes Männerherz gewonnen zu haben
Artur Schnitzler.
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Wilhelm Schmidt=Vonn.
Im Schmidt=Vonn, geboren 1876, kann
fern seine Freude haben, als er zu den Auf¬
hört. Er hat ein paar recht schlechte Stücke
B. den „Jubiläumsbrunnen“ und einen
Kovellenband „Uferleute“ (Geschichten vom
und ich war geneigt, ihm keine drama¬
mehr zuzusprechen. Man soll aber im lite¬
phezeien sehr vorsichtig sein: Schmidt=Vonns
leichen“ aus dem letzten Spielwinter hat be¬
sich höhere Ziele steckt, stärkere Kraft daran¬
und wenngleich ich seinen Grafen von
ein verfehltes, ich meine vergriffenes Drama
ich doch nicht an, seinen dramatischen Fort¬
ennen. Für verfehlt halte ich seinen Grafen
darum, weil der neuzeitliche Dichter durch¬
irtiger und tiefer sein wollen als der un¬
ider der feinen Kreuzzugsnovelle von dem
den zwei geliebten und liebenden Frauen.
gebliebene, die ihres Gatten Retterin vom
rtode nicht mit einer den Durchschnitt über¬
zensgröße wertet, sondern sie mit einer ganz
ießbürgerlichen Eifersucht verfolgt, ist eine
□
Wolacgen
FIRTAAR
R
S
Sun
Hermann Bahr.
Jesorgt schauen sich die Theaterleiter und die Freunde
unserer dramatischen Dichtung nach den jungen Drama¬
tikern um, von denen uns neues Heil kommen soll. Jeder
neue Junge, jeder junge Neue wird zunächst wie ein Genins
behandelt, und unsere verrohteste Theaterkritik gewährt
Dramas die schönsten Ruhmes¬
diesen Heilanden des
eine Zeit wie diese ge¬
vorschüsse. Schwerlich hat es
geben, in der Kritiker und Zuschauer den jungen Talenten
so weitherzig entgegengekommen sind. Ein sehr einflu߬
reicher Teil unserer Presse treibt den grausamen Sport,
um jeden dieser Jungen und Jüngsten einen Nebelkreis
zukünftiger Berühmtheit zu verbreiten, grausam deshalb,
weil so viel vorausverkündeter Ruhm nur durch große
Meisterwerte verwirklicht werden kann. So hat es die
Presse nacheinander mit Herbert Eulenberg und mit Karl
Gustav Vollmoeller getrieben, und herausgekommen ist
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Herbert Eulenberg.
dabei nichts anderes als eine erhitzte Treibhausberühmt¬
heit, die nach ganz kurzer Zeit verfliegen mußte. Herbert
Eulenberg aus Mülheim (geboren 1876) ist durch seinen
„Ritter Blaubart“ zu einer flüchtigen, halb komischen Be¬
rühmtheit gelangt, aber nur von der Presse Gnaden, die
sehr verschieden von denen der Zuschauer sind. Sein
bestes Stück ist meines Wissens noch nirgends zur Auf¬
führung gekommen, ja selbst in literarischen Kreisen so
gut wie unbekannt geblieben: die Tragödie „Kassandra“
An dieses Stück halte ich mich, wenn von einem Drama¬
tiler Eulenberg gesprochen werden darf; alles andere gebe
ich preis.
Karl Gustav Vollmoeller, geboren 1878 in Stutt¬
gart, ist gleich Eulenberg einer der Dichter des „drama¬
tischen Schattenspiels“ der Schattendramen mit Schatten¬
gestalten für eine Schattenbühne. Seine bedeutendste
dramatische Arbeit: „Katherina, Gräfin von Armagnac
und ihre beiden Liebhaber“ verdient Beachtung wegen
ihrer feinen lyrischen Reize, nicht wegen ihres dramatischen
Gehaltes. Schatten sprechen von Leidenschaft, Schatten
töten und werden getötet. Ich habe mir im Laufe eines
langen kritischen Lebens eine ganz einfache Regel für die
Veurteilung des menschlichen und darum auch des dichte¬
rischen Gehaltes neuer Dramen aus Hunderten von Be¬
einem
obachtungen auf frischer Tat gezogen. Werde#
Sind Menschen gelötel, und ich Reide tall dabei, dann
sage ich mir: Das liegt nicht an meiner Hartherzigkeit,
denn ich bin nicht hartherzig, eher das Gegenteil, sondern
an der Ohnmacht des Gestalters der Menschen und ihrer
Schicksale in der leichten Kunst, mich zu ergreifen.
Eine Sondergruppe bilden die österreichischen Drama¬
tiker, wenngleich ich mich von der kinderleichten, bekannten
Spielerei mit künstlerischen Gemeinsamkeiten da nicht ab¬
gebe, wo sie nur gewaltsam und mit dem Treppenwitz
der Literaturgeschichte herauszudenteln sind. Man mag
immerhin gewisse Ahnlichkeiten einer sog. österreichischen
Schule herausspüren, z. V. die starke Beeinflussung durch
ausländische Vorbilder bei Bahr, Hofmannsthal, Veer¬
Hofmann; die Freude am klingenden, möglichst reinen
Vers bei Schnitzler und wiederum bei Hofmannsthal;
die Neigung zum mildsatirischen Geplander bei Schnitzler
und Auernheimer; das Schöpfen aus den Quellen des
Volkslebens bei Karlweis, Salten, Schönherr. Indessen,
denn Ahn¬
all das zusammen gibt noch keine „Schule",
liches findet sich auch bei reichsdeutschen Dramatikern.
*) 1 f. Nr. 3444 der „Illustr. Ztg.“ vom 1. Juli 1909.
S
S
Karl Gustav Vollmoeller.
Hermann Bahr ist schon einer der älteren unter
diesem Jung=Österreich, und er erscheint uns um so älter,
weil er so ziemlich jedes Jahr für eine neue literarische Mode
begeistert ist, immer mit der gleichen tiefen Überzeugung,
mit der gleichen Wärme, fast immer mit der gleichen
Bahrs Leben auch manches Jahr mit je zwei modischen
Überzeugungen gegeben. Er ist 1863 in Linz geboren,
hat in den zweiundzwanzig Jahren seiner Schriftstellerei
etwa fünfundzwanzig Stücke verfaßt, darunter hin und
wieder eins, das beinahe an die Kunst gestreift, einige,
die kaum zur Literatur gehören. Ein wirkliches Kunst¬
werk ist ihm nicht ein einziges Mal gelungen. Wie sollte
es auch? Zur Kunft, auch zur heitersten, gehört ein ge¬
wisser Kunsternst, und den bringt Bahr nicht auf, weil
Ernst sich nicht mit der aufs Verblüffen ausgehenden
Geistreichigkeit verträgt.
Artur Schnitzler, 1862 in Wien geboren, hat
seinen einzigen großen Bühnenerfolg, mit dem Drama
„Liebelei“ (1895), nicht wieder erreicht oder überholt. Das
Trauerspiel eines Mädchenherzens, das sich ganz gegeben
und dafür ein ganzes Männerherz gewonnen zu haben
Artur Schnitzler.