VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1912–1914, Seite 24

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2. Cuttings
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Wien, I., Concordlaplatz

4.
Vertretungen


in Berlin, Budapest, Chlcago, Christlanla, Gent, Sy.)04.
hagen, Lendon, Madrid, Mailand, Minneapolls, Nei „
Paria, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersbh.
(Guelienangebe eun Ge###).
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Assschaltt ans: GRAZER TAGRL R
K. 1912.
Pen:
(Dritter volkstümlicher Vortrag des Kasino¬
vereines.) Sonnabend den 20. d. sprach Herr k.
Oberrealschulprofessor Karl Cora über den jüdi
schen Schriftsteller Artur Schnitzler, den er
allerdings maßlos überschätzte, wenn er ihn als
den eigentlichen Hauptvertreter der deutschöster¬
reichischen Literatur und als ihre „stärkste Hoff¬
nung“ hinstellte. Da es an anderem Orte nicht
möglich ist, möchten wir hier in diesem völkischen
Blatte Widerspruch dagegen erheben, wenn der
Redner nur von der „Konfession“ seines Dichters
sprach und meinte, daß ihm Konfession Nebensache
sei. Artur Schnf
e#pist Rassejude, sogar

Zionist, also jübischer Nationalist. Bei seiner Be¬
urteilung kommt nicht eine Konfession in Betracht,
die allerdings bei einem Schnitzler auch mit der#
Laterne vergeblich gesucht werden könnte, sondern
seine semitische Rasse, die unserem arischen
Geiste weltenferne steht. Diese Rasse ist nicht Neben¬
sache, sondern bei der Beurteilung Schnitzlers
Hauptsache. Die Sinnlichkeit, die in der fast aus¬
schließlichen Stoffwahl aus dem Gebiete des Ehe¬
bruches, der Prostitution, der auch im Tode noch
nicht erlöschenden Leidenschaft sich offenbart, die
ververse Phantasie, die in Mord, Duell und
Dämmerzuständen schwelgt, dürften keineswegs un¬
abhängig sein von Schnitzlers scharf ausgeprägtem
Rassejudentum, das diesen Wiener Dekadent
zu einer ähnlich schädlichen Erscheinung wie
einen Heinrich Heine und so viele andere Literatur¬
juden macht. Gerade der Deutschösterreicher sollte
nach dem bekannten deutschnationalen Schrift¬
steller Paul Samassa sittliche Kräftigung
anstreben, weshalb es auch nicht zu begrüßen ist,
wenn ein überwiegend aus jungen Mädchen
und Schülern bestehendes Publikum durch einen
Jugendbildner in sämtliche von Schnitzler
geschilderten Ehebrüche und „Verhältnisse“ eingen
weiht wird.
Dr. 4
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Von Oirardi und Schnitzler
im
gimen
In dem Alexandria eines der Ptolemäer gab es einen Bild- Hau
hauer, der bei einem Künstlerwettstreit, irgendeiner Laune sol- den
gend, seine Skulpturen aus Straßenkot und tierischen Abfällen alle
erschuf. Obschon nun, was einige andere gemacht hatten, nicht re#
schlechter schien, zog der Pharao die Arbeit dieses Mannes den
eig
Werken seiner Freunde vor, „denn,“ sagte er, „einer wie großen
Kunst bedurfte es hier, uns vergessen zu machen, daß diese
guren im Grunde nicht wohlriechen!“ Diese Geschichte ist
selbst genug, aber sie kann auch auf Alexander Girardi#
gewandt werden. Und wenn Berlin so weise wäre wie jener
helleno=gegyptische König, so hätte es jetzt, anläßlich des wiener
Gastspiels im Lessingtheater, Grund, sich über und über zu
verwundern: denn wieder ward, durch vollendete Kunst, die ihn
Nase einer ganzen Stadt betrogen.
Eiche
So wahr ihr, wenn ihr eine Gestalt von Shakespeare den
oder Ibsen anbrecht, die Milch eines reinsten karrari¬
schen Steines finden werdet, so wahr werdet ihr, die#talitä
Figuren eines wiener Libretto anmeißelnd, einem=Mix=ih
tum von Puder, Schmalz und Dreck begegnen. Eng und
stinkend wie der Bauch eines Patchoulifläschchens ist dank
den Bemühungen der Operette die Welt schon geworden un
allen guten Europäern ein rechtes Jammertal: wer zum Be
spiel möchte sich noch in den Armen einer Frau reuelos#g#
lich fühlen, solange es ein Couplet gibt „dja, ßo a Weiberl
a Freid, Djössas na!“ oder wer sich am Verkehr mit der Ar
tektur ergötzen, solange das Wahrzeichen Wiens in den Stra
mit den Worten angesprochen werden darf „Eiserner, eisern
Rathausmann, g'fang mit mir a Verhöltnis an!“ Schoner
hebt sich, da die Welt mit Schiebern und Fiakern, Mizzi und
Strizzi sich immer drohender und atemquälender bevölkert, Wel
flucht allerorten, und, schwarze Fahnen hoch erhoben, stürzer
die Besten in die Arme der Askese. — Gott aber, der weder da
feiste noch das magere Scheusal meinte, hat ein Einsehen un
schickt Girardi. Diesen Girardi, der durchaus nicht, wie ma
zu glauben pflegt, der Urtypus des Wieners ist, sondern desse
Vergottung, dessen Rückbindung an die Kultur, ans Große
Leben. Das ist das Verhältnis Girardis zu Wien:
es in die Hände nimmt, ballt und Gott zurückgibt. Siehe, danken
es stinkt nicht mehr! . . . Dies Heiligbringergleichnis wäre, vom
meint ihr, Blasphemie? Nicht einmal Uebertreibung ist es zu di
Bedenkt doch einmal, mit welcher Materie dieser Mann seine —
ettesdienstlichen Handlungen vorzunehmen hat! Er befindet dieses