VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1928–1931, Seite 63

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2. Guttings
Das Kriegsschuldenprovlem in &
marate, auf das Lausanner Aokomman und
nicht zuletzt auf die Weltwirtschaftskonferenz hervorgehoben
Von Dr. Emmerich
französischen Kammer.
werden.
Paris, 1. Dezember. (T. R.) Auf Wunsch des Minister¬
Im zweiten Teil soll das gesamte Problem
neuen Krieg!“
präsidenten Herriot wurde gestern die Schulden¬
der Kriegsschulden aufgerollt werden.
debatte in der Kammer vertagt.
ety Kelemen.
Wie halbamtlich betont wird, legt man
ntalischen Skizzen¬
in Regierungskreisen Wert auf die Fest¬
Ahnungslosiakeit, blinder Parteiwut in die Angelegenheiten
ttisch, über seine literarischen konnte zwischen Echt und Unecht keinen Unterschied finden.
der Kunst. Die moralisierende Heuchelei, die sich zu Urteils¬
Von den Architekten der Stadterweiterungsepisode wurden
sprüchen erkühnte, schnitt mit grellem Mißton in sein freies
ilie sieht er besorgte, ängst¬
Antike, Gotik, Renaissance als Stilvorbilder gebraucht. In
Menschentum, in seinen ehrfürchtigen, gewissenhaften Künstler¬
ahnungen. Er nimmt das
der Literatur bewunderte man Georg Ebers, Julius Wolf,
sinn, wie etwa sein musikalisches Gefühl unter Tellerkratzen
illigende Schärfe des Vaters
Friedrich Halm. Ein Echo dieser Zeit hörte ich jetzt noch in
gelitten hätte.
eineswegs angenehm. Adolf
mittleren Provinzstädten Amerikas, wo sich schöngeistige
In vielen Novellen, die dieser nachgelassene Band jetzt
ofessors Schnitzler eng be¬
Zirkel vor Ebers und Halm als vor den höchsten Gipfeln
bringt, sterben die Hauptpersonen oder es sterben Menschen,
gen Arthurs Schriftstellerei,
deutscher Poesie anbetend verbeugen. Das beweist die Dauer¬
die durch ihren Hingang das Leben der Hauptpersonen vom
ch populär gewordenen Brief
kraft jener billigen goldschnittumschimmerten Flachheiten, die
Grund auf verwandeln. In fast allen Novellen, ganz wenige
Steil: „Gar kein Talent!“
übrigens durch der Kitschgeschmack des Films Unterstützung
ausgenommen, ist vom Tod die Rede. Zum Schicksal
herzlich zu Arthur Schnitzler,
erhalten. Emile Zola, der Homer seines Zeitalters, galt für
Schnitzlers gehört es, daß er immer wieder Dinge,
Weyring. Doch der Vater
einen verdammenswerten Autor, der im Schmutz wühlt,
Handlungen, Vorfälle, Katastrophen ersinnt und darstellt,
s Sohnes nicht mehr. Ein
Guy de Maupassant, der Meister kurzer Novellen, für einen
die ihm später auf irgendeine abgewandelte Weise selbst zu¬
Furz vor der Premiere von
Erzähler schlüpfriger Geschichten. Tolstoi, Dostojewski wurden
stoßen. Als habe seine ahnende Seele diese Konflikte voraus¬
kaum gelesen. Henrik Ibsens Dramen wirkten wie Bomben¬
geahnt, als sei, wie unter einem geheimnisvollen Zwang, be¬
Fahre zu durchmessen. Arthur
attentate. Lieber Himmel, wie hat man die Literaturrevolu¬
ständig um dieses trauerbeschattete Gefilde kreisend g
gerlichen Wiener Gesellschaft,
tionäre beschimpft. Schnitzler gehört zu den jungen Dichtern,
schwebt. Auch wiederholt sich im Lauf seiner Jugend die
vorhätscheln, deren Männer
die den Verfolgungen am meisten ausgesetzt waren, gehört
Schmerzlichkeit, daß Menschen, die ihm sehr nahe standen,
ztlichen Beruf nach, der ihn
auch zu den jungen Führern, die sich mit den Gegnern ganz
seine besten Erfolge nicht erleben. Wie sein Pater stirbt, kurz
renn er mit einem geliebten
ernsthaft auseinandersetzten. Es gab heftige Debatten, manch¬
bevor „Liebelei“ aufgeführt wird und den Dichter zur An¬
wenn er musiziert, oder in
mal, bei denen aber Schnitzler stets Maß hielt, stets die
erkennung emporsteigen läßt, verliert Artkur Schnitzler ein
In Schriftstellern. Da schließt
Grenzen der Höflichkeit wahrte, obschon seine Antworten
geliebtes Mädchen, ein paar Tage, ehe er mit dem Grillparzer¬
Ernst, bricht die beschwingte
schlagfertig, ja oft genug, ihrem Inhalt nach, vernichtend
Preis ausgezeichnet wird. Sie war ein prachtvolles Geschöpf,
In der Redaktion der Zeit¬
waren. Polemisiert, in Artikeln oder sonst in öffentlichen
ganz einfach, strahlend in Blondheit, in schlichter Anmut und
onau“ sitzt Paul Goldmann
Erklärungen hat er allerdings kein einziges Mal. Heftig
in stillem, frohem, zärtlichem Verstehen. Der reichen, über¬
Revolution, die zum vollen
konnte er nur sein, wenn große Künstler, die er verehrte,
mütigen Gesellschaft, in deren Salons der jugendliche
ften Vorschub. Als einer der
beschimpft wurden. Empfindlich gegen Angriffe, die ihm
Schnitzler verhöhnt und venwöhnt wurde, war sie fremd, war
kum Schnitzlers, versteht und
selbst und seinem Werk galten, war Arthur Schnitzlei aller¬
das Kind einer gutbürgerlichen, bescheidenen Familie. Binnen
Geistesgaben dieses jungen
dings von Jugend an sein ganzes Leben hindurch. Aber
zweier Tage riß tückische Krankheit dieses Mädchen, das ein
t heute diese ferne Zeit der
dieses Empfindlichsein entsprang keineswegs banaler Eitel¬
Bild blühender, scheinbar unzerstörbaren Gesundheit war,
Ausklingen einer Epigonen¬
keit. Im Gegenteil, es schien eigentlich seltsam, wie gar nicht
ins Grab. Am Tag nach ihrer Bestattung erhielt Schnitzler
nzlich abzulösen. Merkwürdig
er selbst für sich oder mit dieser gekränkten persönlichen
die Nachricht, man habe ihm den Grillparzer=Preis zu¬
ffe, die gewissermaßen in der
nächtlichen Spuk geführt Eitelkeit an diesem empfindlichen Zucken beteiligt war. Ihn
e Geschmack war verweichlicht, verletzte das Dreinreden offenkundigen Unverstandes, dreister gesprochen, und brach bei deni ersten Worten in lautes, fassungs¬