2. Cuttings
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sient in dr Se
Erzählung. eine Charakteranalyse zu geben. Er zeichnet
darin mit wenigen Strichen einen Menschen, der infolge
wenig günstiger körperlicher und geistiger Eigenschaften
immer tiefer sinkt und schließlich zum Mörder wird, ohne
jedoch einen Mord begangen zu haben. Trotz allem aber
zieht der Verfasser nicht den naheliegenden Schluß: „Nicht
der Mörder, der Ermordete ist schuldig“. Er zeigt viel¬
mehr auf, daß es möglich ist, zu einem wertvollen Mit¬
glied der menschlichen Gesellschaft zu werden, daß aber
dazu die Verwurzelung in Scholle und Beruf notwendig
ist. In der anderen Erzählung „Das zweite Gesicht“ wird
das Schicksal eines Menschen dargestellt, der mit dem
zweiten Gesicht behaftet ist, der sich aber davon zu befreien
versteht, der auf dem Dornenweg der Liebe zur Wirklich¬
keit findet. Geschlossene Darstellung und gewählte Sprache
machen die beiden Kurzgeschichten zu einem angenehmen
Dr. S.
Lesestoff.
„Deutsch=österreichische Literaturgeschichte.“ Ein Hand¬—
buch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich¬
Ungarn. Unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen“
nach dem Tode von Johann Wilibald Nagl und Jakob
Zeidler herausgegeben von Eduard Castle. Dritter
(Schluß=) Band: 1848—1918. 11. Abteilung. Wien 1934.
Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Gesellschaft m. b. H.
Die Darstellung des Kunstwollens der in den Siebziger¬
jahren hervortretenden, von Wagner, Marx und Darwin
stark beeinflußten Schriftstellergeneration kommt mit
einer erstmaligen Zusammenfassung des Schaffens öster¬
reichischer Dichterkomponisten (A. v. Goldschmidt, W.
Kienzl, J. Bittner u. a.) durch Alfred Zohner und
einem den weiten Kreis der reichen Tätigkeit des eben
verstorbenen Richard v. Kralik umschreibenden Essay von
den Professoren Castle, Ranegger und A. Straka
zum Abschluß. Von zwei Seiten wurde, wie Professor
Castle dartut, damals auch eine Reform des Theaters
in Angriff genommen, durch die Förderung des Fest¬
spielwesens, in dessen Dienst sich Kralik stellte, und durch
die nachhaltige Propaganda für Volkstheater, wobei dem
achtungswerten Streben des heute ganz verschollenen
Hans Pöhnl gerechte Würdigung zuteil wird. Die vor¬
letzte Generation empfängt starke Anregungen von Her¬
mann Bahr, dessen Wirken nun auch abgeschlossen vor
uns liegt. Alfred Zohner hält eine überschau über die
literarischen Zeit= und Streitschriften der Neunziger¬
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Erzählung. eine Charakteranalyse zu geben. Er zeichnet
darin mit wenigen Strichen einen Menschen, der infolge
wenig günstiger körperlicher und geistiger Eigenschaften
immer tiefer sinkt und schließlich zum Mörder wird, ohne
jedoch einen Mord begangen zu haben. Trotz allem aber
zieht der Verfasser nicht den naheliegenden Schluß: „Nicht
der Mörder, der Ermordete ist schuldig“. Er zeigt viel¬
mehr auf, daß es möglich ist, zu einem wertvollen Mit¬
glied der menschlichen Gesellschaft zu werden, daß aber
dazu die Verwurzelung in Scholle und Beruf notwendig
ist. In der anderen Erzählung „Das zweite Gesicht“ wird
das Schicksal eines Menschen dargestellt, der mit dem
zweiten Gesicht behaftet ist, der sich aber davon zu befreien
versteht, der auf dem Dornenweg der Liebe zur Wirklich¬
keit findet. Geschlossene Darstellung und gewählte Sprache
machen die beiden Kurzgeschichten zu einem angenehmen
Dr. S.
Lesestoff.
„Deutsch=österreichische Literaturgeschichte.“ Ein Hand¬—
buch zur Geschichte der deutschen Dichtung in Österreich¬
Ungarn. Unter Mitwirkung hervorragender Fachgenossen“
nach dem Tode von Johann Wilibald Nagl und Jakob
Zeidler herausgegeben von Eduard Castle. Dritter
(Schluß=) Band: 1848—1918. 11. Abteilung. Wien 1934.
Verlagsbuchhandlung Carl Fromme, Gesellschaft m. b. H.
Die Darstellung des Kunstwollens der in den Siebziger¬
jahren hervortretenden, von Wagner, Marx und Darwin
stark beeinflußten Schriftstellergeneration kommt mit
einer erstmaligen Zusammenfassung des Schaffens öster¬
reichischer Dichterkomponisten (A. v. Goldschmidt, W.
Kienzl, J. Bittner u. a.) durch Alfred Zohner und
einem den weiten Kreis der reichen Tätigkeit des eben
verstorbenen Richard v. Kralik umschreibenden Essay von
den Professoren Castle, Ranegger und A. Straka
zum Abschluß. Von zwei Seiten wurde, wie Professor
Castle dartut, damals auch eine Reform des Theaters
in Angriff genommen, durch die Förderung des Fest¬
spielwesens, in dessen Dienst sich Kralik stellte, und durch
die nachhaltige Propaganda für Volkstheater, wobei dem
achtungswerten Streben des heute ganz verschollenen
Hans Pöhnl gerechte Würdigung zuteil wird. Die vor¬
letzte Generation empfängt starke Anregungen von Her¬
mann Bahr, dessen Wirken nun auch abgeschlossen vor
uns liegt. Alfred Zohner hält eine überschau über die
literarischen Zeit= und Streitschriften der Neunziger¬
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