2. Cuttings
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Die Zukunft.
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Snlichele
Schauspielerin.“)
as dreiaktige Drama „Schauspielerin“ von Heinrich Mann ist
ein schlechtes, zum größten Theil ungekonntes Stück. Trotzdem
erregt es. Von der Bühne herab und erst recht aus dem Buch heraus
hat mich wenigstens ein Hauch getroffen, den ich bei viel wegsichereren
Versuchen nicht verspürt habe und den ich schwerlich für jedes unan¬
fechtbar runde Drama hergeben würde. Was ist es? Man verdächtigt
sich zunächst selber, daß man die tiefe Dankbarkeit für den alten Ro¬
mandichter Heinrich Mann ein Bischen auch auf den jungen Drama¬
tiker ausdehne. Aber der Fall ist verwickelter. Möglich, daß man sein
Herz, daß man sogar sein artistisches Interesse den Krämpfen und Käm¬
pfen entziehen kann, die sich in und unter den Figuren der Komoedie
oder Tragoedie abspielen; unmöglich, ohne Antheil auf einen Dichter
zu blicken, dem die saftige Ernte seines Feldes nicht mehr genügt, weil
sie ihm zu leicht zuwächst, und der auszieht, einen neuen, steinigen
Boden zu erobern, zu entsteinen, anzubauen, ertragreich zu machen.
Muß man ihn nicht ermuthigen? Es ist gerade bei dieser Gelegenheit
zu billig, den Schöpfer des „Professor Unrat“ andächtig zu verehren.
Seien wir lieber gelind und streichelnd gegen den dramatischen Anfän¬
ger. „Schauspielerin“ hat ganz den Duft der Unreife, den kargen Reiz
einer Uebergangsform: nicht mehr Knospe und noch nicht Blüthe, ge¬
*) Ein Pröbchen aus dem Buch, das Herr Jacobsohn, unter dem
Titel „Das Jahr der Bühne", bei Oesterheld & Co. erscheinen läßt.
Nur ein Pröbchen; der Band, der für Berlin und für Deutschland
eine über den Tag hinaus dauernde Theaterchronik schaffen möchte,
wie Paris und Frankreich sie in den „Annales du théätre“ haben, be¬
handelt in ungefähr fünfzig Aufsätzen die wichtigeren Vorgänge aus
dem Theaterjahr 1911/12. Der Verfasser ist den Lesern der „Zukunft“
nicht unbekannt; sein Talent, seinen hitzig eifernden Willen zur
Sache, seine fast verzückte Hingabe an die Welt beleuchteter Lein¬
wände habe ich hier schon gerühmt. Seitdem ist er reifer geworden
(nicht gerade ruhiger: noch lebt er gern im Fieberklima der Super¬
lative, jauchzt heute: „Herrlich! Herrlich!“ und pfaucht morgen:
„Schmiere!"); hat die „Schaubühne", unser sauberstes Theaterblatt,
gegründet und viel besser, klarer, persönlicher, farbiger schreiben ge¬
lernt. Seinen Urtheilen, Hymnen und Flüchen kann ich sehr oft nicht
zustimmen; in allzu vielen Fällen fordert er noch, daß die Menschen
handeln (auf den Schaubrettern spielen), wie er, nach seiner Art,
handeln würde; statt den Nothwendigkeiten, inneren und äußeren,
nachzuspüren, die ihr Handeln bestimmen. Auch scheint er mir dem
Ziel noch ziemlich fern, das er selbst mit dem Wunsch bezeichnet, der
Kritiker müsse „das einzelne Ereigniß in einen theaterhistorischen Zu¬
sammenhang einreihen, seine Herkunft aufweisen und seine Tragweite
abschätzen“. Das hat er nur manchmal versucht; und selten erreicht.
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Die Zukunft.
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Snlichele
Schauspielerin.“)
as dreiaktige Drama „Schauspielerin“ von Heinrich Mann ist
ein schlechtes, zum größten Theil ungekonntes Stück. Trotzdem
erregt es. Von der Bühne herab und erst recht aus dem Buch heraus
hat mich wenigstens ein Hauch getroffen, den ich bei viel wegsichereren
Versuchen nicht verspürt habe und den ich schwerlich für jedes unan¬
fechtbar runde Drama hergeben würde. Was ist es? Man verdächtigt
sich zunächst selber, daß man die tiefe Dankbarkeit für den alten Ro¬
mandichter Heinrich Mann ein Bischen auch auf den jungen Drama¬
tiker ausdehne. Aber der Fall ist verwickelter. Möglich, daß man sein
Herz, daß man sogar sein artistisches Interesse den Krämpfen und Käm¬
pfen entziehen kann, die sich in und unter den Figuren der Komoedie
oder Tragoedie abspielen; unmöglich, ohne Antheil auf einen Dichter
zu blicken, dem die saftige Ernte seines Feldes nicht mehr genügt, weil
sie ihm zu leicht zuwächst, und der auszieht, einen neuen, steinigen
Boden zu erobern, zu entsteinen, anzubauen, ertragreich zu machen.
Muß man ihn nicht ermuthigen? Es ist gerade bei dieser Gelegenheit
zu billig, den Schöpfer des „Professor Unrat“ andächtig zu verehren.
Seien wir lieber gelind und streichelnd gegen den dramatischen Anfän¬
ger. „Schauspielerin“ hat ganz den Duft der Unreife, den kargen Reiz
einer Uebergangsform: nicht mehr Knospe und noch nicht Blüthe, ge¬
*) Ein Pröbchen aus dem Buch, das Herr Jacobsohn, unter dem
Titel „Das Jahr der Bühne", bei Oesterheld & Co. erscheinen läßt.
Nur ein Pröbchen; der Band, der für Berlin und für Deutschland
eine über den Tag hinaus dauernde Theaterchronik schaffen möchte,
wie Paris und Frankreich sie in den „Annales du théätre“ haben, be¬
handelt in ungefähr fünfzig Aufsätzen die wichtigeren Vorgänge aus
dem Theaterjahr 1911/12. Der Verfasser ist den Lesern der „Zukunft“
nicht unbekannt; sein Talent, seinen hitzig eifernden Willen zur
Sache, seine fast verzückte Hingabe an die Welt beleuchteter Lein¬
wände habe ich hier schon gerühmt. Seitdem ist er reifer geworden
(nicht gerade ruhiger: noch lebt er gern im Fieberklima der Super¬
lative, jauchzt heute: „Herrlich! Herrlich!“ und pfaucht morgen:
„Schmiere!"); hat die „Schaubühne", unser sauberstes Theaterblatt,
gegründet und viel besser, klarer, persönlicher, farbiger schreiben ge¬
lernt. Seinen Urtheilen, Hymnen und Flüchen kann ich sehr oft nicht
zustimmen; in allzu vielen Fällen fordert er noch, daß die Menschen
handeln (auf den Schaubrettern spielen), wie er, nach seiner Art,
handeln würde; statt den Nothwendigkeiten, inneren und äußeren,
nachzuspüren, die ihr Handeln bestimmen. Auch scheint er mir dem
Ziel noch ziemlich fern, das er selbst mit dem Wunsch bezeichnet, der
Kritiker müsse „das einzelne Ereigniß in einen theaterhistorischen Zu¬
sammenhang einreihen, seine Herkunft aufweisen und seine Tragweite
abschätzen“. Das hat er nur manchmal versucht; und selten erreicht.