VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1933, undatiert, Seite 166

2. Cuttings
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mit einem ............ zusammen Mitglied eines Verbandes
zu sein, der überwachend und führend für die Würde der deutschen
Presse und für die Redlichkeit ihrer Mitglieder einzustehen hat.
Ich bin durchaus überzeugt davon, daß die Leitung des Reichs¬
verbandes auch ohne irgendwelche Aufforderung in dieser Sache
veranlaßt hätte, was notwendig erscheint. Wenn ich dennoch vor
breiter Oeffentlichkeit ausspreche, was eigentlich nur selbstverständ¬
lich ist, so geschieht das, weil trotz allen Leistungen der Presse
wahrend des Krieges noch heute beachtenswerte Volksteile dem
Jouknalisten ein weniger empfindliches Ehrgefühl zutrauen als den
Vertretern handrer Berufe.
Bruno Frank von Julius Bab
(Das Bild Bruno Franks mit einiger Betonung den Zeitge¬
nossen vor Augen zucstellen, gebietet mir nicht nur dank¬
bare Erinnerung an schöne Augenblicke, die ich der Gesellschaft
seiner Dichtkunst verdanke, sondern fast noch mehr die Ueberzeu¬
gung, daß er einen Thpus darstellt, dessen Kenntnis und Aner¬
kennung unsrer gegenwärtigen literarischen Situation nur gut sein
kann. Oder wäre es nicht gut, inmitten dieser unendlich viel ver¬
sprechenden, höchst himmelstürmenden Genies von überaus frag¬
würdigem Talent einmal den Blick auf eine Begabung von deut¬
lich begrenzten, aber zweifellos sicherm und reinem Können zu
richten? Bruno Frank hat allerdings nichts von den ungeheuern
Möglichkeiten, die der eine Auserwählte von fünfhundert chaotisch
kreißenden Genies vielleicht zur Welt bringen wird. Aber er hat
auch nichts von den lärmenden und verlogenen Unarten, mit denen
uns vierhundertnennundneunzig von diesen Chaotikern ganz be¬
stimmt völlig zwecklos zur Last fallen. Bruno Frank kommt aus
einem fest umfriedeten Kulturkreis; er stürzt sich nicht ins Boden¬
lose, um unerhörte, völlig neue Formen zu finden. Ihm genügt
es, auf dem Instrument, das die großen Urheber künstlerischer
Kultur geschaffen haben, eine immerhin eigene Melodie zu spielen.
Daß er dabei Vorbild und Führer nicht unter den großen Toten,
daß er ihn besonders ausgesprochen in einem etwas ältern Autor der
deutschen Gegenwart findet, dem er sich enthusiastisch anschließt,
auch das ist an sich gar kein Einwand. „Ein Prophet tauft den
andern“ sagt Hebbel. „Wem die Feuertaufe das Haar versengt,
der war keiner. Dagegen ist es wohl in einem begrenzenden
Sinne charakteristisch, daß Bruno Frank seinen Meister — ich
will nicht sagen „überschätzt“ denn künstlerische Rangfragen wer¬
den stets nur vom persönlichsten Gefühl entschieden — aber doch
generell verkennt. Bruno Frank hat die einzige größere kritische
Arbeit, die von ihm bekannt geworden ist (und die übrigens sehr
gut und sehr klug geschrieben ist), seinem Meister Thomas Mann
gewidmet. Und er bringt ihn da in eine Sphäre des elementaren
Genies, in die dieser ausgezeichnete Autor nicht gehört. Man
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