2. Cuttings
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nischen= Dichtung, deren Hauptthema „Der einsame Weg“ in
ist. Auch der Puppenipieler ist einen Weg gegangen, der wa
in die Einsomreit führte. Er war ein Dichter, der einmalj Sä
einen großen Erfolg errang. Dieser Bühnenerfolg aber ge=]Ta
nügte ihm nicht oder vielleicht genügte seine Begabungjog
der strengen Göttin nicht: kurz, er begann plötzlich die Ma¬ vil
rionetten des Theaters zu verachten und fand, es sei einzig sah
seiner würdig, mit dem Leben zu spielen, wirkliche Men=sich
schen zu lenten, als seien es Trahtpuppen an seinen Fäden. jun
So hat er an einem lustigen Abend auch einmal bei einem schi
ssehr schüchternen Freund Vorsehung gespielt und ein nied¬ Ni
liches junges Mädchen seiner Bekanntschaft beredet, sich in m
iden Zaghans verliebt zu stellen ....
schl.
Das Leben aber liebt die Puppenspieler nicht. Als des
funser Lebensartist nach langen Wanderjahren, in denen ihm uns
#ein Nind gestachen, sein Weid untreu gewarden ist, einsam mä
Feimkeurt, findet er seine zwei Puppen von ehemals glück¬ Sie
sich und stillzufriegen am gemeinsamen Herd; und zu den zösi
###ei Purgen hot sich ein anmutiges drittes Püppchen ge=Ark
siellt. Soist aus dem Spiel des Puppenspielers wider seinen
late
Wille#nst geworden;unikihm aber und mit seinem Ernst hat
Gle
das rachsüchtige Leben gespielt, er hat alles verspielt und
uns
muß jeht noch hören, daß jene niedliche Freundin damals
Wi.
ihn liebte, ihm Herd und Heim hätte bereiten wollen und
nur, um seine Eifersucht zu wecken, auf das Puppenspiel ein¬
Nu
Mi.
gegangen war ...
Mit herbein Stolz reißt sich der Dichter von den kaum Nis
wiedergefundenen Freunden los und kehrt in seine Ein¬
mi.
samkeit zurück. Ist dieser Stolz nur die Maske einer tief= ein¬
leidenden Seele? Oder hat der Puppenspieler vielleicht dich ihr
„das bessere Teil“ erwählt?
—
Die groß Liebe und Kunst, mit der sich Jarno diese
Pi¬
h
Rolle zurechtgelegt hatte, und der Umstand, daß auch die
lie
übrigen Personen des Stückes von Mitgliedern des Josef¬
A;
städter Theaters gespielt wurden, erregt die angenehme Er¬
F1.
wartung, daß der Direktor für seine literarischen Vorstellun¬
gen einen neuen Schnitzler=Einakterabend plant.
Neben Jarno zeichnet sich an diesem wohltätigen Wohl¬
be
tätigkeitsabend Albert Heine — als Rademacher und
eis
Gilbert — aus, den wir nun, ach wie so bald!, verlieren
ab
werden.
di
Weniger erfreulich als diese drei wienerisch gefärbten
Schnitzlerschen Spiele war ein norddeutsch=frostiges „Spiel ka¬
in einem Akt“ von Auguste Hauschner, betitelt „Das
Diplom“, das für ein paar Tage im Josefstädter Theater Ki¬
r¬
die Einleitung zu dem überaus ergötzlichen Zugstück „Cache
Cache“ bildete. Es handelt von einem Doktordiplom, das
#
ka
ein fleißiges junges Mädchen mit dem Verlust von Liebe
und Liebesglück teuer bezahlt. Denn der Mann, den Fräu¬
en
lein Doktor liebt, will von einer gelehrten Frau nichts wissen
un
und wählt sich ein recht hausbackenes, ungebildetes und un¬
0
verbildetes Mädchen zur Gattin. —
Also ein Stück, wie es ältere Damen mit Vorliebe gegen
die schlimme Frauenemanzipation schreiben. Freilich wird
54
w
mit solchen dramatisierten Thesen, die mit Kraft so garnichts
zu schaffen haben, nur einer guten Sache geschadet. Einer
gnten Sache? Sicherlich! Ihr wißt doch, daß man heute, L
Gott sei Dank, ein „moderner Mensch“ und gleichwohl ein
Gegner diese Frauenbewegung sein kann.
Tröstlicherweise folgt auf dies grausame Spiel die &
Lachtramof erzwingende Jagd nach dem tölpeligen Durand.
„Wo ist Durand?“ So hat der Übersetzer den dreiaktigen
Schwank „Cache Cache“ von Felir und Gindrean
betitelt. An vierzig Abenden haben sich immer neue Zu¬
schauer über die drollig=freche Komödie schon krankgelacht,
die fünfzigste Aufführung wird nicht ausbleiben und auch
damit dürfte es noch nicht sein Bewenden haben. „Wo ist
Turande“ So fragt in höchster Aufregung ganz Paris.
Die „Ga###te Nonvelle“ hat nämlich, der Reklame und des
915
Abennenienfanges wegen, einen Preis von 10.000 Franken
für einen findiane zerl ausgsietzt der imstande ist, sich volle
6250
acht Tage in Peris versteckt zu halten, obwohler orher
photographiert, gemessen, gewögen und im Blatt steckbrief¬
lich beschrieben wird, wobei ein Preis von 1000 Franken
auf seine Ergreitung ausgesetzt ist. Durand gewinnt die
gehntausend Franken. Wie und wo##er sich aber versteckt,
sapperlet! D### kann man zwar gerade noch hören und
sehen, ohne dan einem Hören und sehen vergehn, erzählen,
Beschreiben und schildern aber kann mans nicht
Wien, Ende 1901.
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nischen= Dichtung, deren Hauptthema „Der einsame Weg“ in
ist. Auch der Puppenipieler ist einen Weg gegangen, der wa
in die Einsomreit führte. Er war ein Dichter, der einmalj Sä
einen großen Erfolg errang. Dieser Bühnenerfolg aber ge=]Ta
nügte ihm nicht oder vielleicht genügte seine Begabungjog
der strengen Göttin nicht: kurz, er begann plötzlich die Ma¬ vil
rionetten des Theaters zu verachten und fand, es sei einzig sah
seiner würdig, mit dem Leben zu spielen, wirkliche Men=sich
schen zu lenten, als seien es Trahtpuppen an seinen Fäden. jun
So hat er an einem lustigen Abend auch einmal bei einem schi
ssehr schüchternen Freund Vorsehung gespielt und ein nied¬ Ni
liches junges Mädchen seiner Bekanntschaft beredet, sich in m
iden Zaghans verliebt zu stellen ....
schl.
Das Leben aber liebt die Puppenspieler nicht. Als des
funser Lebensartist nach langen Wanderjahren, in denen ihm uns
#ein Nind gestachen, sein Weid untreu gewarden ist, einsam mä
Feimkeurt, findet er seine zwei Puppen von ehemals glück¬ Sie
sich und stillzufriegen am gemeinsamen Herd; und zu den zösi
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siellt. Soist aus dem Spiel des Puppenspielers wider seinen
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Wille#nst geworden;unikihm aber und mit seinem Ernst hat
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das rachsüchtige Leben gespielt, er hat alles verspielt und
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muß jeht noch hören, daß jene niedliche Freundin damals
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ihn liebte, ihm Herd und Heim hätte bereiten wollen und
nur, um seine Eifersucht zu wecken, auf das Puppenspiel ein¬
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gegangen war ...
Mit herbein Stolz reißt sich der Dichter von den kaum Nis
wiedergefundenen Freunden los und kehrt in seine Ein¬
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samkeit zurück. Ist dieser Stolz nur die Maske einer tief= ein¬
leidenden Seele? Oder hat der Puppenspieler vielleicht dich ihr
„das bessere Teil“ erwählt?
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Die groß Liebe und Kunst, mit der sich Jarno diese
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städter Theaters gespielt wurden, erregt die angenehme Er¬
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Weniger erfreulich als diese drei wienerisch gefärbten
Schnitzlerschen Spiele war ein norddeutsch=frostiges „Spiel ka¬
in einem Akt“ von Auguste Hauschner, betitelt „Das
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ein fleißiges junges Mädchen mit dem Verlust von Liebe
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lein Doktor liebt, will von einer gelehrten Frau nichts wissen
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verbildetes Mädchen zur Gattin. —
Also ein Stück, wie es ältere Damen mit Vorliebe gegen
die schlimme Frauenemanzipation schreiben. Freilich wird
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zu schaffen haben, nur einer guten Sache geschadet. Einer
gnten Sache? Sicherlich! Ihr wißt doch, daß man heute, L
Gott sei Dank, ein „moderner Mensch“ und gleichwohl ein
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Tröstlicherweise folgt auf dies grausame Spiel die &
Lachtramof erzwingende Jagd nach dem tölpeligen Durand.
„Wo ist Durand?“ So hat der Übersetzer den dreiaktigen
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betitelt. An vierzig Abenden haben sich immer neue Zu¬
schauer über die drollig=freche Komödie schon krankgelacht,
die fünfzigste Aufführung wird nicht ausbleiben und auch
damit dürfte es noch nicht sein Bewenden haben. „Wo ist
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Die „Ga###te Nonvelle“ hat nämlich, der Reklame und des
915
Abennenienfanges wegen, einen Preis von 10.000 Franken
für einen findiane zerl ausgsietzt der imstande ist, sich volle
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acht Tage in Peris versteckt zu halten, obwohler orher
photographiert, gemessen, gewögen und im Blatt steckbrief¬
lich beschrieben wird, wobei ein Preis von 1000 Franken
auf seine Ergreitung ausgesetzt ist. Durand gewinnt die
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Beschreiben und schildern aber kann mans nicht
Wien, Ende 1901.
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