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2. Cuttings
D in Beim, Sadapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
0
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabé ohne Gewahr.)
5 Ausschnitt aus: Der Scherer, Wien.
□ vom:
—
DBücherschau
Geschichte der deutschen Literatur von Goethes
Tode bis auf die Gegenwart. Von Karl Bleibtren.
Herausgegeben von Georg Gellert. Mit 198 Bild¬
nissen. W. Herlet, Berlin 35. 3 Mark. Das Buch
ist, wenigstens nach Ansicht des Verlages, als Sei¬
tenstück zum alten Vilmar aufzufassen. Vilmar
und Bleibtreu! Der allimmer würdevolle, oft ge¬
nug schulfüchsige Literaturphilolog Vilmar, trotz
alles poetischen Gefühles und Geschmackes steiflein¬
dürrnüchtern, wie eben nur ein deutscher Professor
von ehedem sein kann, und der quecksilbrige Feuer¬
kopf Bleibtreu, dieser witzige, boshafte, die ewige
Seligkeit nach ureigener Fasson verkündende arge
Ketzer, ja Ketzerfürst — als Gegenbilder? Nein!
Solche Zusammenstellung schädigt beide gleicher¬
maßen schwer. Bleibtreus Literaturgeschichte zu
lesen ist ein hoher Genuß. Vor allem hat er ein
eigenpersönliches, scharfumrissenes Urteil und den
schönen Mut, rund herauszusagen, was und wie er
denkt. Dann ist sein Urteil nie flach, abgegriffen,
ohne Kraft, sondern immer ursprünglich, eigenartig
und voll köstlicher Frische. Endlich hat er einen gro¬
ßen, umfassenden Gesichtskreis. Also lauter Dinge,
die den landläufigen Feld= und Wiesenliteraturge¬
schichtsklitterern und Dozenten für literarische Ar¬
terienverkalkung durchaus abgehen. Diese persön¬
liche Note bringt es selbstverständlich mit sich, daß
Bleibtreus Literaturgeschichte nicht nur Genuß bie¬
tet, sondern oft genug auch gerechtfertigte Unlust¬
gefühle erweckt. Urteile, wie z. B. über Kler,
Meyer, E. T. A. Hoffmann uff. sind vollauf geeignet,
starken und keineswegs unbegründeten Widerspruch
zu erregen, aber selbst beim schärfsten Widerspruch
wird man doch nie des Gefühls los, daß hier ein
Mann seine ehrliche Ueberzeugung ausspricht, ein
Mann, der selbst ein genialer Künstler ist, obwohl
ihn die glatte und platte Literaturgeschichtsschrei¬
berei professoraler Stinkhoffärtigkeit nie anerkannt!
hat, von der jüdischen und verjudeten Kritik ganz
zu schweigen. Mit einem Wort: das ist ein treff¬
liches Buch, an vielen Stellen sogar einzig dastehend
(z. B. in den von Geist und Witz funkelnden Charak¬
#teristiken, die Bleibtren von SchuittenHoffmanns¬
#thal und anderen Großjuden des modernen Schrift¬
tums entwirft). Manch ein ungerechtes oder win¬
diges Urteil zerstört er oft mit wuchtigen Sireichen,
ein andermal mit zierlichen Dolchstichen und schafft
so einer vernünftigen Beurteilung freie Bahn. Hin¬
gegen zerfleischt er alles Kleinliche und überant¬
wortet die Nabelbeschauer wohlverdientem Spott
und Hohn. Das Buch zeugt von einer erstaunlichen
Kenntnis des Gegenstandes, und zwar offenbar
vollständig aus eigener Anschauung und verschmäht
es auch nicht, Persönlichkeiten zu eröihnen, die in
so vielen anderen deutschen Literaturgeschichten ent¬
weder absichtlich oder aus Unkenntnis tetgeschwiegen
werden: Oestèren, Edith Salburg, Graxie werden
zutreffend besprochen (Wallpach und Oelwen fehlen
leider). Die zu erhoffende zweite Auflage wird ge¬
wiß auch die vielen Druckfehler verschwinden und
auch das Inhaltsverzeichnis verläßlicher ausbapen
Ottokar Stauf von der M#rch
lassen.
2
AS
DE
##eu
2. Cuttings
D in Beim, Sadapest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
0
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
(Quellenangabé ohne Gewahr.)
5 Ausschnitt aus: Der Scherer, Wien.
□ vom:
—
DBücherschau
Geschichte der deutschen Literatur von Goethes
Tode bis auf die Gegenwart. Von Karl Bleibtren.
Herausgegeben von Georg Gellert. Mit 198 Bild¬
nissen. W. Herlet, Berlin 35. 3 Mark. Das Buch
ist, wenigstens nach Ansicht des Verlages, als Sei¬
tenstück zum alten Vilmar aufzufassen. Vilmar
und Bleibtreu! Der allimmer würdevolle, oft ge¬
nug schulfüchsige Literaturphilolog Vilmar, trotz
alles poetischen Gefühles und Geschmackes steiflein¬
dürrnüchtern, wie eben nur ein deutscher Professor
von ehedem sein kann, und der quecksilbrige Feuer¬
kopf Bleibtreu, dieser witzige, boshafte, die ewige
Seligkeit nach ureigener Fasson verkündende arge
Ketzer, ja Ketzerfürst — als Gegenbilder? Nein!
Solche Zusammenstellung schädigt beide gleicher¬
maßen schwer. Bleibtreus Literaturgeschichte zu
lesen ist ein hoher Genuß. Vor allem hat er ein
eigenpersönliches, scharfumrissenes Urteil und den
schönen Mut, rund herauszusagen, was und wie er
denkt. Dann ist sein Urteil nie flach, abgegriffen,
ohne Kraft, sondern immer ursprünglich, eigenartig
und voll köstlicher Frische. Endlich hat er einen gro¬
ßen, umfassenden Gesichtskreis. Also lauter Dinge,
die den landläufigen Feld= und Wiesenliteraturge¬
schichtsklitterern und Dozenten für literarische Ar¬
terienverkalkung durchaus abgehen. Diese persön¬
liche Note bringt es selbstverständlich mit sich, daß
Bleibtreus Literaturgeschichte nicht nur Genuß bie¬
tet, sondern oft genug auch gerechtfertigte Unlust¬
gefühle erweckt. Urteile, wie z. B. über Kler,
Meyer, E. T. A. Hoffmann uff. sind vollauf geeignet,
starken und keineswegs unbegründeten Widerspruch
zu erregen, aber selbst beim schärfsten Widerspruch
wird man doch nie des Gefühls los, daß hier ein
Mann seine ehrliche Ueberzeugung ausspricht, ein
Mann, der selbst ein genialer Künstler ist, obwohl
ihn die glatte und platte Literaturgeschichtsschrei¬
berei professoraler Stinkhoffärtigkeit nie anerkannt!
hat, von der jüdischen und verjudeten Kritik ganz
zu schweigen. Mit einem Wort: das ist ein treff¬
liches Buch, an vielen Stellen sogar einzig dastehend
(z. B. in den von Geist und Witz funkelnden Charak¬
#teristiken, die Bleibtren von SchuittenHoffmanns¬
#thal und anderen Großjuden des modernen Schrift¬
tums entwirft). Manch ein ungerechtes oder win¬
diges Urteil zerstört er oft mit wuchtigen Sireichen,
ein andermal mit zierlichen Dolchstichen und schafft
so einer vernünftigen Beurteilung freie Bahn. Hin¬
gegen zerfleischt er alles Kleinliche und überant¬
wortet die Nabelbeschauer wohlverdientem Spott
und Hohn. Das Buch zeugt von einer erstaunlichen
Kenntnis des Gegenstandes, und zwar offenbar
vollständig aus eigener Anschauung und verschmäht
es auch nicht, Persönlichkeiten zu eröihnen, die in
so vielen anderen deutschen Literaturgeschichten ent¬
weder absichtlich oder aus Unkenntnis tetgeschwiegen
werden: Oestèren, Edith Salburg, Graxie werden
zutreffend besprochen (Wallpach und Oelwen fehlen
leider). Die zu erhoffende zweite Auflage wird ge¬
wiß auch die vielen Druckfehler verschwinden und
auch das Inhaltsverzeichnis verläßlicher ausbapen
Ottokar Stauf von der M#rch
lassen.
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