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2. Cuttings
Kunst und Wissenschaft.
(n.) Einer Einladung des Vereins für Kunst und Wissen¬
schaft Folge leistend, hielt gestern Frl. Adele Schreiber im
Saale des Architektenhauses einen Vortrag über den
Wiener Dramatiker Arthur Schnitzler. Schnitzler ist in
diesem Jahre mit keinem neuen Werke hervorgetreten, aber die
erfolgreiche Wiederaufnahme des „Grünen Kakadus“ im
Deutschen Theater und die von Agnes Sorma in das Pro¬
gramm ihres Gastspiels im Lessing=Theater aufgenommene
„Liebelei“ bringen den begabten Autor dem Berliner Publikum
eben jetzt wieder in Erinnerung. Der Vortrag des Frl. Schreiberhatte
aber noch andere Vorzügeneben dem, zeitgemäß zu sein. Die junge
Schriftstellerin, welche vor einem zahlreichen Publikum sprach,
wußte durch eine glückliche Zusammenstellung von charakteri¬
sirenden Ausführungen und Proben des Schnitzlerschen Ta¬
lentes die Eigenart des Wiener Autors vorzüglich zu beleuchten
und im Rahmen einer kaum einstündigen Plauderei ein Ge¬
sammtbild seines bisherigen Schaffens zu entrollen. Schnitzler
gehört zu den Bühnenschriftstellern, in deren Leben Glück
und Mißerfolg sich eigenthümlich durchflechten.
In
Verhältnissen aufgewachsen,
die ihm den Zutritt zur geg
Bühne von vornherein zu erleichtern schienen, mußte o.
Schnitzler, trotz seiner unstreitigen Befähigung, eine lange har
Warte= und Dulderzeit durchmachen. In den Jahren, da faus
Hauptmann und Fulda bereits laute Triumphe auf der Bühne
feierten, konnte Schnitzler sich glücklich schätzen, daß Dr. Paul #t das
es den
Goldmann, damals Herausgeber der literarischen Zeitschrift
„An der schönen blauen Donau“, seine ersten „Anatol=Szenen“
4d und „Alkandts Lied“ veröffentlichte. Das erste Stück,
welches Schnitzle zur Aufführung brachte, „Dao Märchen“,
fiel durch. Erft die „Liebelei“ machte seinen Namen?
überall bekannt. „Freiwild“ und „Das Vermächtniß“ bewegten
sich dann auf einer etwas absteigenden Linie des Erfolges,
die auch die letzten drei Einakter Schnitzlers nicht ganz auf
die frühere Höhe zu heben vermochten. Das letzte, noch un¬
aufgeführte Werk Schnitzlers ist ein Versdrama „Beatrice“.
Mit feinem Verständnisse hob es Frl. Schreiber hervor,
wie Schnitzler fast in allen seinen Werken einen und denselben
Helden feiert: den leichtsinnigen Melancholiker, den geistreichen.
Salonmann, blasirt und doch stets auf der Suche nach neuen
Abenteuern; wie sich alle seine Schöpfungen um ein
und dasselbe Thema drehen: Liebe oder eigentlich —
Liebelei; und wie Schnitzler, dank seiner echten
Künstlernatur, als Virtuos auf einer Saite dennoch
eine überraschende Fülle von Melodieen hervorzuzaubern
wisse. Eine gute Illustration der Schnitzlerschen Schaffensart
gab die Dialogszene „Der Weihnachtsabend“, welche Fräulein
Schreiber vortrug. Sie schildert in spannendem Gespräch den
typischen Helden Schnitzlers, der zwischen der Weltdame und
dem „süßen Mädel“ hin= und herschwankt. Zum Schlusse
lernten wir, dank Fräulein Schreiber, eine neue Seite des
Schnitzlerschen Talentes kennen: Anatol als Lyriker. Die
drei ungedruckten Gedichte Schnitzlers, welche Fräulein
Schreiber zum Vortrag brachte, zeichnen sich durch Form¬
vollendung und ungewöhnlichen Wohlklang der Sprache aus.
Inhaltlich gemahnen sie durch ihre ungenirte sinnliche Erotik
an Gabriel d'Annunzio. Fräulein Schreiber erntete für ihren
schönen Vortrag reichlichen Beifall.
ORATIS
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt auserdalan:
pesterllegd, Bodaben
18.N0V.
vom:
Fischer-Almanach pro 1934. Der Berliner Fischeft
Verlag läßt seinen neuen Almanach jetzt erscheinen, den
durch seinen prächtigen Inhall ähnliche Publikationen
weitaus übertrifft. Es genügl, aus der Reihe der Beiträge
einige Namen der Auloren zu erwähnen. Es sind dies u. a.
Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Jakeb Wassermann,
René Schickele, Hermann Hesse und nachgelassene
Schriften von Dehmel,.Sghuitzler und. Hefmannsihal.
2. Cuttings
Kunst und Wissenschaft.
(n.) Einer Einladung des Vereins für Kunst und Wissen¬
schaft Folge leistend, hielt gestern Frl. Adele Schreiber im
Saale des Architektenhauses einen Vortrag über den
Wiener Dramatiker Arthur Schnitzler. Schnitzler ist in
diesem Jahre mit keinem neuen Werke hervorgetreten, aber die
erfolgreiche Wiederaufnahme des „Grünen Kakadus“ im
Deutschen Theater und die von Agnes Sorma in das Pro¬
gramm ihres Gastspiels im Lessing=Theater aufgenommene
„Liebelei“ bringen den begabten Autor dem Berliner Publikum
eben jetzt wieder in Erinnerung. Der Vortrag des Frl. Schreiberhatte
aber noch andere Vorzügeneben dem, zeitgemäß zu sein. Die junge
Schriftstellerin, welche vor einem zahlreichen Publikum sprach,
wußte durch eine glückliche Zusammenstellung von charakteri¬
sirenden Ausführungen und Proben des Schnitzlerschen Ta¬
lentes die Eigenart des Wiener Autors vorzüglich zu beleuchten
und im Rahmen einer kaum einstündigen Plauderei ein Ge¬
sammtbild seines bisherigen Schaffens zu entrollen. Schnitzler
gehört zu den Bühnenschriftstellern, in deren Leben Glück
und Mißerfolg sich eigenthümlich durchflechten.
In
Verhältnissen aufgewachsen,
die ihm den Zutritt zur geg
Bühne von vornherein zu erleichtern schienen, mußte o.
Schnitzler, trotz seiner unstreitigen Befähigung, eine lange har
Warte= und Dulderzeit durchmachen. In den Jahren, da faus
Hauptmann und Fulda bereits laute Triumphe auf der Bühne
feierten, konnte Schnitzler sich glücklich schätzen, daß Dr. Paul #t das
es den
Goldmann, damals Herausgeber der literarischen Zeitschrift
„An der schönen blauen Donau“, seine ersten „Anatol=Szenen“
4d und „Alkandts Lied“ veröffentlichte. Das erste Stück,
welches Schnitzle zur Aufführung brachte, „Dao Märchen“,
fiel durch. Erft die „Liebelei“ machte seinen Namen?
überall bekannt. „Freiwild“ und „Das Vermächtniß“ bewegten
sich dann auf einer etwas absteigenden Linie des Erfolges,
die auch die letzten drei Einakter Schnitzlers nicht ganz auf
die frühere Höhe zu heben vermochten. Das letzte, noch un¬
aufgeführte Werk Schnitzlers ist ein Versdrama „Beatrice“.
Mit feinem Verständnisse hob es Frl. Schreiber hervor,
wie Schnitzler fast in allen seinen Werken einen und denselben
Helden feiert: den leichtsinnigen Melancholiker, den geistreichen.
Salonmann, blasirt und doch stets auf der Suche nach neuen
Abenteuern; wie sich alle seine Schöpfungen um ein
und dasselbe Thema drehen: Liebe oder eigentlich —
Liebelei; und wie Schnitzler, dank seiner echten
Künstlernatur, als Virtuos auf einer Saite dennoch
eine überraschende Fülle von Melodieen hervorzuzaubern
wisse. Eine gute Illustration der Schnitzlerschen Schaffensart
gab die Dialogszene „Der Weihnachtsabend“, welche Fräulein
Schreiber vortrug. Sie schildert in spannendem Gespräch den
typischen Helden Schnitzlers, der zwischen der Weltdame und
dem „süßen Mädel“ hin= und herschwankt. Zum Schlusse
lernten wir, dank Fräulein Schreiber, eine neue Seite des
Schnitzlerschen Talentes kennen: Anatol als Lyriker. Die
drei ungedruckten Gedichte Schnitzlers, welche Fräulein
Schreiber zum Vortrag brachte, zeichnen sich durch Form¬
vollendung und ungewöhnlichen Wohlklang der Sprache aus.
Inhaltlich gemahnen sie durch ihre ungenirte sinnliche Erotik
an Gabriel d'Annunzio. Fräulein Schreiber erntete für ihren
schönen Vortrag reichlichen Beifall.
ORATIS
„OBSERVER
I. österr. behördl. konzessioniertes
Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
WIEN, I., WOLLZEILE 11
TELEPHON R-23-0-43
Ausschnitt auserdalan:
pesterllegd, Bodaben
18.N0V.
vom:
Fischer-Almanach pro 1934. Der Berliner Fischeft
Verlag läßt seinen neuen Almanach jetzt erscheinen, den
durch seinen prächtigen Inhall ähnliche Publikationen
weitaus übertrifft. Es genügl, aus der Reihe der Beiträge
einige Namen der Auloren zu erwähnen. Es sind dies u. a.
Gerhart Hauptmann, Thomas Mann, Jakeb Wassermann,
René Schickele, Hermann Hesse und nachgelassene
Schriften von Dehmel,.Sghuitzler und. Hefmannsihal.