VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 66

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50th Birthdar
schnitt
Minchener Neueste Nachrichten
35.
München
im:
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ich den damals erschienenen „Schleier der wollen, aber er bewunderte und beneidete alle: Bepleitmusik.
Persönliches über Artur-Schnitzler
Beatrice“ bewundernd las und besonders
starken schönen Menschen, die nicht von des Ge= weil ja reife
Zu seinem 50 Gehurtstage
schöne Stellen angestrichen hatte, nahm er mir den
dankens Blässe angekränkelt, nicht die tausend
voll unerfül
Band aus der Hand und blätterte in ihm. Da
Stimmungen und Zweifel des Schaffenden kennen.
Herr seiner
Von Hermine Hanel
lächelte er zustimmend und fortan plauderten wir
In heiliger
Mittelgroß, eher zur Fülle neigend, mit einem
Ich lernte Schnitzler in Ischl kennen, wo er
über seine Arbeiten, wie es ihm und mir beliebte.
etwas weichen Gesicht, gütigen Augen und nach¬
und dem Sch
früher gern den Sommer verbrachte, er war da¬
Die Familie Schnitzler ist eine Aerziedynastie.
denklich liebenswürdigem Lächeln leicht feminin,
durchbildete,
mals 35 Jahre alt und hatte sich vor allem durch
Der Vater war eine bekannte Kapazität, der ältere
ist Schnitzler durch und durch Wiener und in
kann er an
„Anatol“ und „Liebelei“ einen Namen ge¬
Sohn zählt zu den berühmtesten Chirurgen Wiens,
derholen, was
seinen Lebensgewohnheiten der etwas verwöhnte
die einzige Schwester vermählte sich mit einem
macht. Die Frauen interessierten sich sehr für
fühle meine b
Mann aus gutem Haus. Nur in Wien fühlt er
den Schilderer der eleganten Liaisons, den Schöp¬
Arzt. Auch Artur Schnitzler wählte die medi¬
sich dauernd heimisch, wenn er auch gern in Berlin #
ser des Süßen Mädels, sie meinten er sei ein
zinische Laufbahn, doch ist er wohl immer mehr
weilt, wo er vielfache interessante Beziehungen
Verführer und Lebemann voll geheimnissüßer
Künstler gewesen, und das viele Traurige, Hä߬
hat und in dem anregenden Kreise seines Ver¬
Erlebnisse. Ich glaube nicht, daß er jemals zu
liche und Krankhafte, das er kennen lernte, hat
legers „Fischer“ verkehrt. Oesterreicher und
den Genießenden und Eroberernaturen zählte. Ihm
ihn bedrückt. Er sagte, der Einblick in mensch¬
Jude, von jener feinen, alten Kultur wie man sie
fehlte die Naivität und kritiklose Unbefangenheit,
liches Elend habe ihm viel Lebensfreude geraubt
unter Oesterreichs Juden zuweilen findet, ist er
er war stets ein Denker, ein Grübler, jatirischer
und er müsse nun bei allen Leuten etwas Krankes
vielleicht gerade seiner Abstammung wegen dop¬
Melancholiker, und das Leben hat ihm gewiß mehr
suchen; anderseits hat gewiß sein Arztberuf seinen
pelt empfindsam und zurückhaltend, mit Unrecht
wehmütig erkenntnisreiche, als übermütig frohe
Blick für die Tiefen geschärft. An seine Künstler¬
wurde ihm seine Exklusivität manchmal für Hoch¬
Stunden gebracht.
mission glaubend, hat er schon vor dem Erfolg die
mut ausgelegt.
Damals glaubte er nicht an die weibliche Treue
Karriere vernachlässigt, nur einige Privatgratis¬
Als „Lentnant Gustl“ unliebsames Auf¬
und Verläßlichkeit, er war sehr mißtrauischer Na¬
patienten behandelt und sich der Dichtkunst hinge¬
sehen erregte und im „Freiwild“ das Duell
geben
tur und sah vor allem in der Frau das verant¬
der Offiziere getadelt wurde, da hat man dem
wortungslose Triebwesen, das jedem Impulse der
Neben seiner täglichen, angestrengten, schrift¬
Dichter, der nur ein Problem künstlerisch ohne
unruhigen Sinne und der schweifenden Phantasie
stellerischen Arbeit bildet er sich weiter, liest viel
Tendenz gestalten wollte mit Unrecht vorgewor¬
gehorcht. Auch schilderte er mehr das Weibchen
und lernt immer wieder an Goethe, Keller und
fen, er sei antimilitärisch gesinnt. Dieses Urteil
als das Weib und er mag wohl gerade bei einem
anderen Meistern des Stils. Mit Vorliebe be¬
hat ihn gekränkt weil er stets eine starke Sym¬
Teil der Wienerinnen mit ihrem südländischen
trieb er damals in der Jahrhundertwende histo¬
pathie für die frische, unmittelbare Art des Sol¬
Temperament recht haben. Als wahren, uneigen¬
rische Studien, vertiefte sich in die Zeit der italie¬
datenstandes gehegt und mit Vorliebe des eigenen
nützigen Liebesbeweis der Hingabe ließ er eigent¬
nischen Renaissance als er den „Schleier der
Militärjohres gedachte. Die teils dummen Ur¬
lich nur das Kind gelten und die freiwillige Dul¬
Beatrice“ schuf, und plante an einem großen ge¬
teile über seinen vielumstrittenen „Reigen“, die
derschaft der unehelichen Mutter.
schichtlichen Werke vielleicht unbewußt, schon an
erotischen Skizzen, waren ihm auch unlieb — nur
Er rühmte die Herzlichkeit und Wärme des Wie¬
dem „Jungen Medardus“ der im Jahre
dem Drängen seiner Freunde war er gefolgt, als
ner Vorstadtmädels, solch schlichter Naturen, wie
1910 das Burgtheater, das die „Beatrice“ abge¬
er das in kleiner numerierter Zahl erschienene
er sie in der „Liebelei“ geschildert, und war auf
lehnt, erobern sollte. Er wollte nicht nur als der
Bändchen, der Oeffentlichkeit übergab; ich be¬
die halbgebildeten Frauen der Gesellschaft schlecht
Dichter der Liehe und des Süßen Mädels gelten,
sitze noch ein solches Widmungsexemplar dieser
zu sprechen Eher schüchtern und zurückhaltend,
und, vierzig Jahre alt, sagte er: „Ich fühle meine
Skizzen, die gewiß nicht freier sind, als eine große
fast ungesellig und durchaus nicht Salonheld, gab
beste Zeit vor mir, ich wage mich jetzt auf weites,
Zahl gern gelesener, französischer Arbeiten dieser:
er sich im Gespräch nicht unbefangen hin, sondern
historisches Gebiet!“ Der in der französischen
Art.
beobachtete sich selbst und andere. Wie Lenbach
Revolution spielende Einakter „Der grüne
Ein echter Wiener ist Schnitzler auch in seiner
während einer Unterhaltung ausrufen konnte:
Kakadu“ gehört zu seinen Lieblingsschöpfungen,
Begabung für Musik. Er hat als Junggeselle
„Bleiben Sie still. da die Linie will ich festhalten,
ein genialer Einfall, in drei Tagen beinahe ohne
viele Jahre auf derselben Etage mit seiner Mut¬
Korrektur vollendet — wie schade, daß er so selten
diesen Lichtreflex!“ so sucht der Dichter in den
ter eine behagliche Gargonwohnung innegehabt
Zügen des Charakters
mehr auf dem Spielplan erscheint!
was der Maler in der
und jeden Tag mit der von ihm verehrten. alten
äußeren Form erforscht.
Schnitzler wäre kein Künstler kein Sehnsüch¬
Dame vierhändig musiziert. In Konzerten ist er
Richts war ihm unangenehmer als die Ge¬
tiger, Unbefriedigter, wenn er nicht das ersehnte,
ein oft gesehener Gast und als er Anfang der
spräche der Modedamen über Literatur im all¬
was er nicht besitzt, und so sprach er oft davon, daß
Vierziger heiratete, da führte er eine Frau heim,
er lieber ein eleganter, schneidiger Herrnreiter
gemeinen und seine Werke im speziellen, da konnte
die eine schöne Stimme hat. So singt und klingt #
sein möchte, mit viel Muskelkraft und wenig Denk¬
der sonst Höfliche unnahbar werden und kurz ab¬
es in dem hübschen Heim, das er draußen im
brechen. Ich hielt mich natürlich auch an sein
vermögen, der das Leben unbefangen genießt, und
gartengrünen Cottageviertel, fern vom Großstadt¬
Gebot und sprach nicht über seine Arbeit, und
dem schöner Frauen Gunst holder lächelt, als dem
getriebe, bewohnt und seine Kinder, ein kleiner
als er mir dann einige seiner Bücher schenkte und Dichter. Gewiß würde er nicht ernstlich tauschen! Junge und ein Mädchen, zwitschern die fröhliche!