Soth Birthday box 39/1
Seiten hin offen, ein bestrickender Charme der Persönlich¬
keit schaffte ihm, wo immer er auftrat, Freunde. Er
wurde, wie sein Vater, Arzt, und der Beruf, der ihn mit
den Leiden der Menschheit in so nahe Berührung brachte,
vertiefte seine Kunst in wunderbarer Weise. Er mußte
so oft die Nichtigkeiten des Lebens erkennen, und gelangte
Klose & Seidel
früh zu dem großen Verstehen alles Menschlichen. Das ist
das Wunderbarste an seinen Dichtungen, daß man in allen
= Bureau für Zeitungsausschnitte.
leidenschaftlichen und tragischen Momenten die ernsten,
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 211.
gütigen Augen eines verstehenden Menschen zu erblicken
glaubt. Er spielt wohl gelegentlich mit den Dingen und
gleitet darüber hinweg, aber man fühlt doch immer wie¬
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
der, wie sehr sie ihm im letzten Sinne ans Herz gewachsen
bestorganisierts Bureau Deutschlands.)
sind. Zu den Großen und Starken zählt er wohl nicht,
aber er bemüht sich immer, er selbst zu sein, und das ist
schon etwas Großes. In der Welt des Genusses, die er
ja auch zu schildern liebt, findet er nur zu rasch den tragi¬
zeitung: Dresdner Nachrichten
schen Unterton, den Tropfen Wermut im Becher. Ueber
seine elegante Umwelt, deren Produkt er anfänglich ledig¬
lich zu sein schien, ist er längst ausgewachsen durch die Ehr¬
ort: Dresden
lichkeit seines Gefühls und Erweiterung seiner Welt¬
anschanung. Seine Werke (bei S. Fischer, Verlag in Ber¬
15.Mai
Datum:
lin, erschienen) erfüllen eine stattliche Reihe, Bühnendichtun¬
gen und Romane. Die Tragikomödien des Lehens haben
immer den stärksten Reiz auf ihn ausgeübt. Was seinem
dramatischen Schaffen fehlt, war bis jetzt die energische,
zusammenfassende Kraft. Etwas zerfließend Weiches ist
Zu Arthur Schnitzlers 50. Geburtstag.
einmal für diesen Dichter charakteristisch. In seinem neuen
Novellenband „Maslen und Wunder“ (bei Fischer) zeigt
Wie wir vor kurzem mitteilten, war das Jahr 1862
sich der Fünfzigjährige als der junge Poct von ehedem, in
einzäußerst fruchtbarer Jahrgang für die deutsche Literatur.
der Wahl seiner Probleme sowohl, als im artistischen Ge¬
Auch der liebe Poet Arthur Schnitzler ist 1862 in Wien
schmack ihrer Gestaltung und Ausführung. Es sind zweit
geboren. Er ist also ein Kind des Mai, des Wiener Früh¬
kleine Stücke in dem reizvollen Bande, „Das Tagebuch
lings mit seinen weichen Stimmungen, die voll sind von
Glück, Sehnsucht und Melancholie. Es ist, als ob dieser der Redegonda“ und „Die dreifache Warnung“, die in kon¬
zentrierter Form echtesten Schnitzler geben. In der „Hirten=
Monat, in dem nicht nur die Blumen, sondern auch die
flöte“ schildert er in romantischen Linien das Schicksal einers
Liebe mit besonderer Kraft zu blühen pflegt, von besonde¬
Frau, die in allen Stürmen des Lebens sich eine merk¬
rem Einfluß auf seine Dichtkunst geworden ist. Schnitzler
würdige Stärke und Reinheit der Seele bewahrt. Dies
hat uns viel von der Liebe erzählt, von süßen Mödeln,
Frau ist in dieser Novelle, wie so oft bei Schnitzler, klügers
von schlanken, dunklen, rätselhaften Frauen, von guten
und tiefer als der Mann, weil sie wärmer lebt und dens
Jungen, die unter der Liebe leiden, von leichtsinnigen
Dingen des Lebens so nahe steht. Im „Tode des Jung=#
Elegants, die nehmen, was sie bekommen können. Man
gesellen“ variiert er schon oft angeschlagene Klänge zu
sieht sie vor seinem geistigen Auge vorübergleiten, all die
einem neuen Thema. Feine Ergebnisse tiefer Seelenkunder
Schönen, mit ihrem Lächeln, ihren Blicken, in denen die
sind „Der tote Gabriel“ und „Der Mörder“ — — Artharg
Rätsel ihres Herzens stehen. Die Kunst Schnitzlers ist
Schnitzler ist jung zu literarischem Ruhm und Anerkennungl
einem schönen Stein von sanftem und doch intensivem
gelangt. aber ohne Cliane und Claaue. Er hat bis setzt
Feuer vergleichhar. Seine Lebens= und Weltanschauung
die Freunde, die er sich früher gewann. nicht enttöuscht. Und:
Er ist durch die ge¬
hat ihn vor Einseitigkeit bewahrt.
in Wien ge= das will in einer Zeit überfließender Produktion niel
pflegte Kultur eines angesehenen Hauses
lg.
gangen. Bildungsmöglichkeiten standen ihm nach allen sagen.
Seiten hin offen, ein bestrickender Charme der Persönlich¬
keit schaffte ihm, wo immer er auftrat, Freunde. Er
wurde, wie sein Vater, Arzt, und der Beruf, der ihn mit
den Leiden der Menschheit in so nahe Berührung brachte,
vertiefte seine Kunst in wunderbarer Weise. Er mußte
so oft die Nichtigkeiten des Lebens erkennen, und gelangte
Klose & Seidel
früh zu dem großen Verstehen alles Menschlichen. Das ist
das Wunderbarste an seinen Dichtungen, daß man in allen
= Bureau für Zeitungsausschnitte.
leidenschaftlichen und tragischen Momenten die ernsten,
Berlin NO. 43, Georgenkirchplatz 211.
gütigen Augen eines verstehenden Menschen zu erblicken
glaubt. Er spielt wohl gelegentlich mit den Dingen und
gleitet darüber hinweg, aber man fühlt doch immer wie¬
(Liest die meisten Zeitungen und ist das
der, wie sehr sie ihm im letzten Sinne ans Herz gewachsen
bestorganisierts Bureau Deutschlands.)
sind. Zu den Großen und Starken zählt er wohl nicht,
aber er bemüht sich immer, er selbst zu sein, und das ist
schon etwas Großes. In der Welt des Genusses, die er
ja auch zu schildern liebt, findet er nur zu rasch den tragi¬
zeitung: Dresdner Nachrichten
schen Unterton, den Tropfen Wermut im Becher. Ueber
seine elegante Umwelt, deren Produkt er anfänglich ledig¬
lich zu sein schien, ist er längst ausgewachsen durch die Ehr¬
ort: Dresden
lichkeit seines Gefühls und Erweiterung seiner Welt¬
anschanung. Seine Werke (bei S. Fischer, Verlag in Ber¬
15.Mai
Datum:
lin, erschienen) erfüllen eine stattliche Reihe, Bühnendichtun¬
gen und Romane. Die Tragikomödien des Lehens haben
immer den stärksten Reiz auf ihn ausgeübt. Was seinem
dramatischen Schaffen fehlt, war bis jetzt die energische,
zusammenfassende Kraft. Etwas zerfließend Weiches ist
Zu Arthur Schnitzlers 50. Geburtstag.
einmal für diesen Dichter charakteristisch. In seinem neuen
Novellenband „Maslen und Wunder“ (bei Fischer) zeigt
Wie wir vor kurzem mitteilten, war das Jahr 1862
sich der Fünfzigjährige als der junge Poct von ehedem, in
einzäußerst fruchtbarer Jahrgang für die deutsche Literatur.
der Wahl seiner Probleme sowohl, als im artistischen Ge¬
Auch der liebe Poet Arthur Schnitzler ist 1862 in Wien
schmack ihrer Gestaltung und Ausführung. Es sind zweit
geboren. Er ist also ein Kind des Mai, des Wiener Früh¬
kleine Stücke in dem reizvollen Bande, „Das Tagebuch
lings mit seinen weichen Stimmungen, die voll sind von
Glück, Sehnsucht und Melancholie. Es ist, als ob dieser der Redegonda“ und „Die dreifache Warnung“, die in kon¬
zentrierter Form echtesten Schnitzler geben. In der „Hirten=
Monat, in dem nicht nur die Blumen, sondern auch die
flöte“ schildert er in romantischen Linien das Schicksal einers
Liebe mit besonderer Kraft zu blühen pflegt, von besonde¬
Frau, die in allen Stürmen des Lebens sich eine merk¬
rem Einfluß auf seine Dichtkunst geworden ist. Schnitzler
würdige Stärke und Reinheit der Seele bewahrt. Dies
hat uns viel von der Liebe erzählt, von süßen Mödeln,
Frau ist in dieser Novelle, wie so oft bei Schnitzler, klügers
von schlanken, dunklen, rätselhaften Frauen, von guten
und tiefer als der Mann, weil sie wärmer lebt und dens
Jungen, die unter der Liebe leiden, von leichtsinnigen
Dingen des Lebens so nahe steht. Im „Tode des Jung=#
Elegants, die nehmen, was sie bekommen können. Man
gesellen“ variiert er schon oft angeschlagene Klänge zu
sieht sie vor seinem geistigen Auge vorübergleiten, all die
einem neuen Thema. Feine Ergebnisse tiefer Seelenkunder
Schönen, mit ihrem Lächeln, ihren Blicken, in denen die
sind „Der tote Gabriel“ und „Der Mörder“ — — Artharg
Rätsel ihres Herzens stehen. Die Kunst Schnitzlers ist
Schnitzler ist jung zu literarischem Ruhm und Anerkennungl
einem schönen Stein von sanftem und doch intensivem
gelangt. aber ohne Cliane und Claaue. Er hat bis setzt
Feuer vergleichhar. Seine Lebens= und Weltanschauung
die Freunde, die er sich früher gewann. nicht enttöuscht. Und:
Er ist durch die ge¬
hat ihn vor Einseitigkeit bewahrt.
in Wien ge= das will in einer Zeit überfließender Produktion niel
pflegte Kultur eines angesehenen Hauses
lg.
gangen. Bildungsmöglichkeiten standen ihm nach allen sagen.