Soth Birthday box 39/1
Klose & Seidel
reau für Zeitungeaueschnitte.
NO. 43, Georgenkirchplatz 211
est die meisten Zeitungen und ist das
#torganisierteste Bureau Deutschlands.)
L
5.Ma
Von Schnitzler liegen jetzt mehr als ein Vier-oft beklagte Hemmnis, zum Teil wenigstens, über¬
wunden hat, wenn er mit ansehnlichem Erfolge auch
telhundert Werke vor. Er, der bis ins Mannesalter
ins Reich gedrungen ist, so mag man das der Fähig¬
Teuilleton.
hinein den bürgerlichen Beruf des Arztes ausübte,
keit zuschreiben, mit der er die geistigen Elemente
hat erst um das dreißigste Lebensjahr zu publizie¬
seines Schaffens zu einer relativ starken Synthese
Arthur Schnitzler.
ren begonnen; und wenn man nach einer Gesamt¬
vereinigt hat. Man könnte sagen: sein Wiener¬
charakteristik für dieses fruchtbare literarische
Zu seinem fünfzigsten Geburtstag.
tum und sein Judentum hat ihn in die Lite¬
Schaffen sucht, so pflegen sich die Schlagworte
Arthur Schnitzler, den unsere Bühne heute
„Oesterreicher“ und „Jude“ als die handlichsten dar- ratur gebracht. In die Literaturgeschichte bringt
„Frü #
mit einer zyklischen Aufführung seiner dramatischen
zubieten. Die Ableitung seiner Eigenart aus dem ihn das, worin er über den Wiener und Juden
Werke zu felery beginnt, gehört nicht zu den Stief¬
hinauskommt.
Aerzteberuf ergibt sich gleichfalls ohne Zwang. Man
kindern det Literatur, denen erst ein so äußer¬
Schnitzler hat als Wiener Dichter angefan¬
kann diese einsichtsvolle und keineswegs geistlose
9
licher Anlaß wie es der fünfzigste Geburtstag
gen, als ein Dichter, der sich im Wesen gar nicht
Einreihung des Dichters in eine literarische Kate¬
zur Beachtung helfen muß. Er zählt unter die meist¬
sehr von den Kaffeehauspoeten unterschied, denen
gorie willig sich zu Eigen machen. Erklärt sie auch
gelesenen, die meistaufgeführten deutschen Autoren;
im Mokka= und Zigarrendunst gar nicht üble psycho¬
nicht alles, so erklärt sie doch manches und leuchtet
über ihn sind Kritiken, Studien, Aufsätze in Menge,
logische Pointen gelangen, wenn sie in lebens¬
in die Quellen, denen diese reiche Produktion ent¬
ganze Monographien geschrieben worden; wo immer
verneinender Stimmung waren, und die, in lebens¬
strömt. Oesterreichisch ist die Weichheit Schnitzlers,
er als Vortragender erscheint, grüßen ihn die Ehren,
bejahender Laune, das „süße Mädel“ im Wiener
jüdisch seine Lust zur Analyse und vom Arzt hat er
die man nur einem ganz erlesenen Gast darbietet;
Dialekt hochleben ließen. Im „Anatol“ hat Schnitz¬
die Kenntnis der Grenzgebiete des Seelischen und
in das Recht, sein letztes Werk aufzuführen, haben
Physischen, des Normalen und Krankhaften. Zu¬ler diese Stimmung veredelt, das Wiener Mädchen
sich vierzehn Bühnen mit ergebener Vereitwillig¬
und den Wiener Jüngling in mancherlei Verklei¬
mindest ist also Schnitzler, mit diesen Eigenschaften,
keit geteilt. Man preist ihn als das Haupt der
dungen und Situationen auf die Bühne gebracht;
ein interessanter Schriftsteller, wie denn die Wie¬
deutsch=österreichischen Literatur, bezeichnet be¬
und Hugo von Hofmannsthal, der schon damals,
ner und die Juden in der deutschen Literatur
kannte Schriftsteller als seine Schüler, benennt
im Jahre 1892, für alte Adelskultur schwärmte, hat
einen ganzen Kulturstil mit seinem Namen. Und das oft inieressant gewesen sind. Aber ebenso oft war
einleitende Verse dazu geschrieben, welche die Reize
Arthur Schnitzler diese große Macht über die Mit= und ist mit diesem Interesse, das sie erwecken, Man¬
des Rokoko preisen. Von der Zeit an war das
gel an Achtung verbunden und es ist wohl kaum nur
lebenden als ein persönlich höchst bescheidener, zurück¬
Schlagwort für Schnitzler geprägt: er war der
ein Vorurteil, sondern eine tiefere seelische Ver¬
gezogener, wenig reklamesüchtiger Mann erlangt
Dichter des „Anatol“ der kleinen, pikanten Ein¬
schiedenheit, die den strengen Norddeutschen dem
hat, muß wohl Sie künstlerische Potenz, die sich so
akter, die aus dem Geiste der Wiener Musik ent¬
gewaltig durchsetzen konnte, eine ungewöhnliche und jüdisch=österreichischen Schriftsteller kühl und ab¬
weisend entgegentreten läßt. Wenn Schnitzler dieses standen sind. So populär Schnitzler durch diesen
sehr beträchtliche sein.
Klose & Seidel
reau für Zeitungeaueschnitte.
NO. 43, Georgenkirchplatz 211
est die meisten Zeitungen und ist das
#torganisierteste Bureau Deutschlands.)
L
5.Ma
Von Schnitzler liegen jetzt mehr als ein Vier-oft beklagte Hemmnis, zum Teil wenigstens, über¬
wunden hat, wenn er mit ansehnlichem Erfolge auch
telhundert Werke vor. Er, der bis ins Mannesalter
ins Reich gedrungen ist, so mag man das der Fähig¬
Teuilleton.
hinein den bürgerlichen Beruf des Arztes ausübte,
keit zuschreiben, mit der er die geistigen Elemente
hat erst um das dreißigste Lebensjahr zu publizie¬
seines Schaffens zu einer relativ starken Synthese
Arthur Schnitzler.
ren begonnen; und wenn man nach einer Gesamt¬
vereinigt hat. Man könnte sagen: sein Wiener¬
charakteristik für dieses fruchtbare literarische
Zu seinem fünfzigsten Geburtstag.
tum und sein Judentum hat ihn in die Lite¬
Schaffen sucht, so pflegen sich die Schlagworte
Arthur Schnitzler, den unsere Bühne heute
„Oesterreicher“ und „Jude“ als die handlichsten dar- ratur gebracht. In die Literaturgeschichte bringt
„Frü #
mit einer zyklischen Aufführung seiner dramatischen
zubieten. Die Ableitung seiner Eigenart aus dem ihn das, worin er über den Wiener und Juden
Werke zu felery beginnt, gehört nicht zu den Stief¬
hinauskommt.
Aerzteberuf ergibt sich gleichfalls ohne Zwang. Man
kindern det Literatur, denen erst ein so äußer¬
Schnitzler hat als Wiener Dichter angefan¬
kann diese einsichtsvolle und keineswegs geistlose
9
licher Anlaß wie es der fünfzigste Geburtstag
gen, als ein Dichter, der sich im Wesen gar nicht
Einreihung des Dichters in eine literarische Kate¬
zur Beachtung helfen muß. Er zählt unter die meist¬
sehr von den Kaffeehauspoeten unterschied, denen
gorie willig sich zu Eigen machen. Erklärt sie auch
gelesenen, die meistaufgeführten deutschen Autoren;
im Mokka= und Zigarrendunst gar nicht üble psycho¬
nicht alles, so erklärt sie doch manches und leuchtet
über ihn sind Kritiken, Studien, Aufsätze in Menge,
logische Pointen gelangen, wenn sie in lebens¬
in die Quellen, denen diese reiche Produktion ent¬
ganze Monographien geschrieben worden; wo immer
verneinender Stimmung waren, und die, in lebens¬
strömt. Oesterreichisch ist die Weichheit Schnitzlers,
er als Vortragender erscheint, grüßen ihn die Ehren,
bejahender Laune, das „süße Mädel“ im Wiener
jüdisch seine Lust zur Analyse und vom Arzt hat er
die man nur einem ganz erlesenen Gast darbietet;
Dialekt hochleben ließen. Im „Anatol“ hat Schnitz¬
die Kenntnis der Grenzgebiete des Seelischen und
in das Recht, sein letztes Werk aufzuführen, haben
Physischen, des Normalen und Krankhaften. Zu¬ler diese Stimmung veredelt, das Wiener Mädchen
sich vierzehn Bühnen mit ergebener Vereitwillig¬
und den Wiener Jüngling in mancherlei Verklei¬
mindest ist also Schnitzler, mit diesen Eigenschaften,
keit geteilt. Man preist ihn als das Haupt der
dungen und Situationen auf die Bühne gebracht;
ein interessanter Schriftsteller, wie denn die Wie¬
deutsch=österreichischen Literatur, bezeichnet be¬
und Hugo von Hofmannsthal, der schon damals,
ner und die Juden in der deutschen Literatur
kannte Schriftsteller als seine Schüler, benennt
im Jahre 1892, für alte Adelskultur schwärmte, hat
einen ganzen Kulturstil mit seinem Namen. Und das oft inieressant gewesen sind. Aber ebenso oft war
einleitende Verse dazu geschrieben, welche die Reize
Arthur Schnitzler diese große Macht über die Mit= und ist mit diesem Interesse, das sie erwecken, Man¬
des Rokoko preisen. Von der Zeit an war das
gel an Achtung verbunden und es ist wohl kaum nur
lebenden als ein persönlich höchst bescheidener, zurück¬
Schlagwort für Schnitzler geprägt: er war der
ein Vorurteil, sondern eine tiefere seelische Ver¬
gezogener, wenig reklamesüchtiger Mann erlangt
Dichter des „Anatol“ der kleinen, pikanten Ein¬
schiedenheit, die den strengen Norddeutschen dem
hat, muß wohl Sie künstlerische Potenz, die sich so
akter, die aus dem Geiste der Wiener Musik ent¬
gewaltig durchsetzen konnte, eine ungewöhnliche und jüdisch=österreichischen Schriftsteller kühl und ab¬
weisend entgegentreten läßt. Wenn Schnitzler dieses standen sind. So populär Schnitzler durch diesen
sehr beträchtliche sein.