VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 86

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Soth Birthdar
Ausschaltt aue: Danziger Zeitung
„ 15.M09 15 12
Frucht vom Baume der Erkenntnis brach. Denn
alles Leben ist Betrug und Selbstbetrug. Das
ist der Wechselstrom von Mensch zu Mensch, trotz
„Feuilleton.
aller Wahrheit, aller Ehrlichkeit. Wir schaukeln
ewig zwischen Wirklichkeit und Schein.
Krthur Schnitzler.
Schnitzlers Ruhm begann mit der Veröffent¬
Zum 15.-Mat-4912 „iem 30. Gebürtstäge.
lichung der Anatol - Szenen, die uns schon durch
Von Fritz Droop.
ihren Namen auf die Spur französischen Ein¬
Daß Arthur Schnitzler heute 50 Jahre alt wird,
flusses setzen. Aber in den sanguinischen Grund¬
ag auch für jenen Teil des lieben deutschen
ton der Abenteuer, die Schnitzler den aus
ublikums ein Momento sein, der immer erst
Leichtsinn und Melancholie gemischten Genießer
ines gewissen äußeren Anlasses bedarf, um sein
Anatol erleben läßt, klingt herb ein Weh, das
nteresse für einen Dichter mobil zu machen.
nicht verhallen will. Aehnlich geht es uns
Bir anderen, die wir wissen, was große Geister
mit der Novelle vom „Leutnant Gustel“, der
ir das Werden der Seele sind, überschauen in
meisterhaften psychologischen Analyse „Frau Berta
lchen Stunden die Gaben, die uns ihre Huld
Garlans“, dem Novellenzyklus „Dämmerseelen“
eschenkt, und unser ganzes Herz wird Freude
und dem dramatischen „Zwischenspiel“, in dem
nd wird Dank. Arthur Schnitzler gehört zu
Schnitzler die Eteirrung des Kapellmeisters
nen Starken, die uns nicht wieder freigeben,
Amabeus Adams und seiner abenteuergierigen
enn wir einmal auf ihren Weg geraten sind.
Frau Cäcilie an uns vorüberziehen läßt. In der
jenen Seltenen, deren Wort in uns nachzittert,
„Liebelei“ haben die letzten Spuren des
och lange, nachdem wir ihre Bücher fortgelegt
Theatralischen einer schlichten zwingenden Tragik
aben.
Platz gemacht, und man muß in der modernen
Ein schmerzliches Ringen zwischen Dur und Moll
Literatur schon sehr lange suchen, um Schnitzlers
ein Glück, das uns zerstört, und eine Hölle,
Christine eine gleich liebenswerte Gestalt
hie uns selig spricht — ein starkes Lachen über
an die Seite stellen zu können, trotz
eit und Raum, dazu ein Weinen, das von
der Sentimentalität, die sie zuletzt umgibt.
schönen weichen Lippen strömt: so etwas habe
Und wem hätte nicht die Bettlergeschichte „Vom
ich noch immer empfunden, wenn ich ein Buch
blinden Geronimo und seinem Bruder“ oder die
on Arthur Schnitzier las. Ein Mann von
Erzählung „Andreas Thameyers letzter Brief“
ichterisch und menschlich gleich feiner Kultur,
ans Herz gegriffen? Wen zöge nicht der echteste
hat Schnitzler von den Franzosen, wie von Ibsen,
Großstadtathmosphäre ausströmende Roman
Strindberg und Shaw gelernt, ohne ins Fahr¬
„Der einsame Weg“ in seinen Bann, wer bliebe
wasser der Genannten zu geraten. Er hat sich
hart bei der Schilderung des langsamen Unter¬
emporgerungen und ist ein Freier geworden auf
ganges des Schwindsüchtigen in der Novelle
igener Höhe. So lernte er die Wege der
„Sterben“, die vielleicht das stärkste seiner Prosa¬
Menschen im Dunkel verfolgen und weh¬
nütig lächeln, wenn er die bittersüße werke ist?
Als Schnitzlers männlichere Leidenschaften die
Oberhand gewonnen hatten, brach seine Liebe für
das Historische stark hervor, und es entstanden
jene Dramen von der Art des „Grünen Kakadu“.
wo das Spielen zwischen Schein und Wirklichkeit
ebenso deutlich wird, wie im „Paracelsus“ das
Ineinander von Wirklichkeit und Traum. Im
„Schleier der Beatrice“ zeichnet der Dichter den
Heißhunger nach Glück und die Enttäuschung, die
dem lebensdurstigen Filippo schließlich die Waffe
in die Hand drückt, die ihn von aller Erdenqual
befreit. So wird das Weib der Feind, der die
Sehnsucht nach Glück bestraft, der Feind, der
letzten Endes Sieger bleibt. In neuerer Zeit ist
Schnitzler zum historischen Drama zurückgekehlt,
indem er im „Jungen Medardus“ das Wien von
1809 zum Schauplatz leidenschaftlicher Kämpfe
machte. Auch hier ist das Weib der rollende Ball,
den die Männer zu werfen glauben, und der
immer wieder selber trifft. Der Roman „Der
Weg ins Freie“ endlich ist eine Verstehen und
Liebe heischende Geschichte der gegenwärtigen!
jüdischen Strömungen und wie alle Bücher
Schnitzlers von dem Pulsschlag starken inneren:
Erlebens durchglüht und geadelt.
So ist Arthur Schnitzier weit über jene Erst¬
lingswerhe der Liebespsychologie hinausgewach¬
sen, die seine starke Position in der zeitgenossischen
Literatur begründeten, und es liegt eine schwere
Ungerechtigkeit darin, ihn immer nur als den
Dichter des „Süßen Mädels“ abzutun. Der Tod¬
der Menschen, die er als Arzt hat ringen und
sterben sehen, ist nicht spurlos an ihm vorüber¬
gegangen, und der Gedanke an das Nachher faßt
ihn mit Schauern an, weil weder der Glaube noch
die Wissenschaft hier Antwort geben, die ihn
trösten kann. „Warum reden Sie vom Sterben?“
heißt
lautet:
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