VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 123

50th Birthdag box 39/1
Telephon 12.801.
„ODSENVEN
1. österr. beh. konz. Unternehmen für Zeitungs¬
Ausschnitte und Bibliographie.
Wien, I., Conoordiaplats 4.
Vertretungen
in Berlin, Brüssel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania.
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis,
New-York, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
burg, Toronto.
BERLINER. SAGBI.ATT
Ausschnitt aus:
vom:
— 9 197
W.—
Seeng
durchaus nicht durch Berlin repräsentiert) läßt bei uns den Dichtern
behren, wäre Einmütigkeit wi
Den Fünfzigjährigen!
die heilige Welle einer nationalen Begeisterung immer erst entgegen¬
festlich zu bekunden.
schlagen, wenn sie sterben — Wilhelm Raabe, Lilieneron — oder dann,
Freilich: Nicht mit Artikeln
Eine öffentliche Anregung.
wenn ihre rauschende Kraft nicht mehr imstande ist, eine absterbende
adressen, sondern in würdiger,
[Nachdruck verboten.]
Produktivität neu zu entflammen, etwa zum siebzigsten Geburtstag
gangen werden, wenn solche Kü
oder zum achtzigsten.
Stefan Zweig.
Darum muß es nun einmal deutlich gesagt werden: Alle die Hul¬
sche Theater in Deutschland ein
Eine Meinung wird weder richtiger noch wahrhafter dadurch, daß
Mai eines von Arthur Schnitzl
digungen für die Siebzig= und Achtzigjährigen kommen zu spät und
man sie oft,und mit staxkem Stimmaufwand in die Welt hinausschreit.
nahe tausend Theater haben wi
sind auch unnütz, weil sie schon offiziell und nicht eigentlich spontan
So wird auch die häufige und geräuschvolle Klage, daß Deutschland
sind. Sie kommen von einer Generation, die meist keine inneren Zu¬
der Gedanke hat für mich etwas
seine Dichtet nicht ehre, nie eine rechte, lebendige, lautere und wirk¬
Stunde in Ost und West, in
sammenhänge mehr mit dem Gefeierten hat — denkt an Paul Heyse! —
same Wahrhe# werden, sondern das bleiben, was sie im tiefsten
die ehrt, aber nicht eigentlich mehr liebt. Und dann, diese Huldigun¬
Reiches der Traum von Dichte
Wesensgrunde ist: ein Mißverständnis. Keine Nation hat vielleicht
zu Gestalten würde, daß fünfm
gen haben etwas Kaltes, Fremdes, sie sind schon Maschinerie, ein
mehr Respekt vor der dichterischen Erscheinung als die deutsche, nur
an diesem einen Theaterabend s#
System, kein organischer Ausbruch, kein jubelnder Schrei. Ein Siebzig¬
sicherlich auch keine eine unglückseligere, ungeschicktere, unfruchtbarere
jähriger weiß schon immer voraus, was ihm an diesem Tage blüht:
Kunst bezwingen ließen, daß
Form, diese Liebe zu betätigen, keine eine so posthume und problema¬
eine Adresse, dreihundert Zeitungsartikel voll gutmütiger Milde, und
tische Art der öffentlichen Ehrung.
Tage das ganze Deutsch
mir ist immer so, als müßte er die Empfindung haben, seinen eigenen
dacht wäre. Ist es wirklich un
Unser nationales Literaturlaster, das Ueberwuchern der Germa¬
Nekrolog zu lesen. Ihnen allen muß so zumute sein, wie Karl dem
oder zehn Theater verschiedene
nistik in die Kunst, der Triumph der Literaturgeschichte über die
Fünften, als er sein eigenes Leichenbegängnis im Kloster von Saint
ein so Vielsöltiges geschaffen —
Literatur Einklittern, Abwägen, psychologische Vergleichen, die
Just an sich vorüberziehen sah.
so schönem Anlaß ernste, künstle#
offizielle diskretion gegenüber der privaten Lebensführung, was ist
Deutschland müßte darum, für mein Empfinden, lernen, seine
sie eines der schwerer zugängl
all dies n den Universitäten offiziell anerkannte Treiben anders
die bisher den Hörern fremd w
Dichter lebendiger zu feiern und vor allem rechtzeitig. Fünfzig
als eine durch philologischen Ordnungssinn verunstaltete Dankbarkeit?
Ehrfurcht reiner begriffen werd
Jahre — „O Lebensmittag, feierliche Zeit!“ klingt's bei Nietzsche,
Und vor allem, wie könnten diese hunderte Luxusausgaben und an¬
der vergebens in der Reife seines Schaffens auf Dank aus Deutschland
über alle Maßen herrliche Stück
dererseits wieder die gelehrten Schwarten und Traktätchen über
horchte — scheint mir der rechte Augenblick, da ein Dichter auf der
„Einsamen Weg“, ja selbst den
Dichter bestehen, wäre nicht diesem Angebot ein kaufkräftiges Publi¬
Höhe des Lebens, Vorbild und Ehrfurcht einer jüngeren Generation
könnte dies zu einer Stunde
kum gegenüber, wäre nicht im ganzen deutschen Volke eine unendliche
und ihr noch menschlich verbunden, tätig und schaffensfreudig, seinen
solchem festlichen Tage würde d
Liebe zu ihren Dichtern, eine Liebe, die bei manchen großen Geistern
Dank noch in schöpferischen Enthusiasmus umzusetzen vermag und mit
lesenstes hingeben. Und einem
wie Goethe nicht nur flüchtige Neigung jugendlicher Jahre bleibt,
siebenfach gestaltetem Verantwortungsgefühl der schon historischen
Dramatischen nicht genug gesch
sondern sich oft über ein ganzes Leben hin verbreitet, es schöpferisch
Leistung die lebendige anzugliedern.
Rezitation in allen deutschen St
erfüllt und irgendwie bis tief in den Organismus der Lebensführung
verdient, was er ehrlich und
eindringt. Eine Liebe aber, die leider unfruchtbar ist, weil sie — Karl!
Ich sage dies heute, weil im kommenden Jahre eine Generation
Breiteste Volkstümlichkeit. An
Spitteler hat das jüngst in einem trefflichen Essay dargelegt — nie¬
die goldene Lebensmitte orreicht, die den Deutschen Unvergeßliches ge¬
deutsche Volk mit einem gewisse
mals dem Lebenden zugute kommt, sondern einerseits den Kärrnern,
leistet, und die wahrhaftig nicht unbedankt bleiben sollte. Voran
großen Talente fühlen, würde
die peinlich die Spuren ausschaufeln und in Verlassenschaften wühlen,
Gerhart Hauptmann, Arthur Schnitzler und Richard
kennen, wieviel an Liebe es gl
andererseits glücklichen Verlegern, die tantiemenfreie Werke in wohl¬
Dehmel, Maeterlinck (der ja halb zu uns gehört), bald später
enthalten hatte.
Hermann Bahr und die anderen, jene ganze Generation, deren
gepflegten Ausgaben darbieten.
höchste Errungenschaft vielleicht ist, daß man sie heute noch unbewußt
Niemals aber — und hier ist die Wurzel des Mißverständnisse! —
Daß auch ein Materielles au
spürt der deutsche Dichter diese Liebe am eigenen Leibe, niemals
als die „Neuen“, die „Jungen“ empfindet. Eben weil all diese noch
lands sich selbstverständ
inmitten ihres Schaffens sind, noch keine Müdigkeit in den Muskeln
wärmt, kleidet, nährt, beglückt und begeistert sie ihn inmitten seines
schenswert. Ein solcher Tag
ihrer Werke zu verspüren ist und eben weil sie noch nicht restlos an¬
Schaffens. Irgendeine Vorsichtigkeit der Jugend gegenüber, wohl
gleich — selbst wenn die Verlc
Erbteil der deutschen Bureaukratie, und wiederum eine langsame be¬
erkannt sind, alle ohne Ausnahme mit Widerständen zu kämpfen haben
ihren Anteil verzichten würden
dächtige Art des Aufnehmens (Deutschland ist, man vergesse nicht, und die breite, einzig nahrhafte Gunst des ganzen Volkes sichtlich ent= tausend, mit den Wiederholunge