Soth Birthday box 39/1
Ausssauftt aus:
Fremdenblatt, Wien
vom: 45 Mal 1012 —
(Schnitzlerseien Artur Schnitzler wird heute fünfzig Jahre
alt und Wien erweist sich diesem Dichter gegenüber wahrlich nicht undankbar.
Drei Wiener Theater spielen heute Schnitzler=Stücke und die Literatur ließ
es sich nicht nehmen, Schnitzler auch außerhalb des Theaters herzlich zu feiern.
Am Montag veranstaltete die eifrige Zeitschrift „Der Merker“ einen Schnitzler¬
Abend, in dem der wienerische Schnitzler zu Worte kam, vor allem in dem
reizenden Porträt, das Felix Salten entwarf. Salten sprach eine ganz
unsentimentale Geburtstagsrede, ein charmantes Feuilleton über Schnitzlers
Anfang in der Wiener Literatur, über sein Werden und über die heutige
Zeit, die dem Dichter unterschiedslos Reverenz erweist. Natürlich
fehlte es bei einem Temperament wie Felix Salten nicht an
lustigen Ausfällen gegen die Feindseligkeit, mit der man Schnitzler anfangs
begegnete und das Unverständnis, das die „Aegyptische Königstochter“ be¬
wunderte und die „Erotik“ Schnitzlers verbieten wollte. Vor zwanzig Jahren
sind die Anatol=Szenen erschienen und sie haben sich ihr Publikum selbst ge¬
wonnen. Heute findet man sie auf fast allen deutschen Bühnen. Salten wußte
manches Interessante über die Wirtung der Schnitzlerschen Liebesdichtung zu
sagen, über sein Verhältnis zur wienerischen Poesie und über die Verwandte
Nr. 132
Wien, Mittwech“
schaft dieses heimischen Poetentypus mit Henri Murger. Saltens, das Wesen
der Schnitzlerschen Kunst sehr fein charakterisierender Vortrag wurde mit herz¬
lichem Beifall begrüßt. Drei Wiener Künstler, die auf der Bühne schon
oft im Dienste Schnitzlers standen, lasen nun Einiges aus Schnitzlers Werken.
Lili Marberg die ergreifende Geschichte „Der Ehrentag“, die von
dem Schauspieler handelt, der sein Leben mit kleinen Rollen verbringen muß
und an einem grausamen Scherz, den man sich mit seinem Ehrgeiz macht,
zugrunde geht. Lili Marberg wußte aus dieser prachtvollen Geschichte er¬
greifende Wirkung zu holen, ihre Leistung fand herzlichen Beifall. Arnold
Korff brachte „Excentric“, eine der lustigsten Schnitzler=Geschichten mit
viel Humor und Frau Galafrés=Hubermann wußte mit der
Erzählung „Die dreifache Warnung“ viel Interesse zu erregen.
Das Publikum, in dem die Jugend stark vertreten war, dankte allen Mit¬
wirkenden begeistert und in dieser Begeisterung erklang auch der Dank füt
Artur Schnitzler.
(Guellepergehe zuns Gapto¬
an Tyir.
Ilustiiortes Wiener BAtrableft
usschnitt aus:
Wien
I5MAliste
om:
1
Schnitzlers 50.Geburtstag.
1— u finden im Burgtheater, im
Deutschen Volkstheater und im Josef¬
städter Theater aus Anlaß des 50. Geburts¬
tages von Artur Schnitzler Aufführungen von Werken:
dieses Dichters statt.
4
Der Einladung der Zeitschrift „Merker“ zu
einer Schnitzler=Feier hatte am Montag ein überaus
zahlreiches distingniertes Publikum Folge geleistel
Der Schauplatz war der Beethoven=Saal. Es waren?
zumeist Frauen und Mädchen gekommen, um dem
populären Dichter zu huldigen, der sich viele Herzen
erobert hat, dessen Phantasiegestalten den Wienern
und den Wienerinnen lieb und wert geworden sind.
Den Anfang machte der Schriftsteller Felit“
Salten, der einen Vortrag über Artur Schnitzler
hielt, einen Essay voll Geist und Witz bot. Salten
schilderte zuerst den Widerstand, den Schnitzler beim
großen Publikum fand, den er aber sieghaft über¬
wunden hat. Heute können die Anatolszeuen auf
keiner deutschen Bühne fehlen. Mit dem „süßen
Mädel“ hat Schnitzler einen neuen Mädchentypus in die
deutsche Literatur eingeführt. Der Dichter hatte gegen#
viel Feindseligkeit zu kämpfen. Zu einer Zeit, in der
man „Hanneles Himmelfahrt“ für ein — porno¬
graphisches Werk erklärte, kam Schnitzler mit seinen
Liebesdichtungen, mit jener feinen echtwienerischen
Mischung von Heiterkeit und Schwermut, von
satirischem Witz und Weltschmerz. Er zeigte,
wie die Liebe entscheidend wirkt auf das ganze##
Seelenleben des Mannes und des Weibes. Durcht
alle seine Worte bricht ein tiefes, großes Erbarmen
mit den Schwachen durch. Schnitzler hat aber auch
den Mut, den Starken und Mächtigen die Wahrheit
zu sagen. Dieser Poet hat eine ganz spezifisch
wienerische Note; die weitere Entwicklung des jetzt
auf der Höhe des Lebens stehenden Dichters kann
man noch gar nicht absehen.
Saltens graziöse Planderei war von leb¬
haftem Beifall begleitet. Dann traten Frau
Galafrés=Huberman
Deutschen
vom
Volkstheater, Fräulein Lili Marberg und Arnold
Korff vom Burgtheater auf den Plan und lasen
aus Schnitzlers Dichtungen. Das Publikum bereitete
den ausgezeichneten Interpreten große und verdiente
Sympathiekundgebungen.
Schnitzler — abgereist.
Schnitzler hat sich den ihm zugedachten Ehrungen
entzogen. Er ist am vorigen Freitag mit seiner Gattin
zunächst nach Brioni abgereist. Von dort gedenkt das
Ehepaar eine zwei= bis dreiwöchentliche Vergnügungs¬
reise anzutreten. In dem reizenden Heim des Dichters,
der vormaligen Villa des Hofschauspielers Römpler
im Cottageviertel, Sternwartestraße Nr. 71, blieben
nur die zwei Kinder, ein elfjähriger Knabe und ein
zweijähriges Mädchen, zurück.
Ungemein groß ist die Zahl der schriftlichen und
telegraphischen Glückwünsche. Zuerst kam ein Schreiben
der Grillparzer=Gesellschaft, dann folgten
Telegramme von Direktor Dr. Freiherrn v. Berger,
Dr. Richard Rosenbaum und Frau Kory Towsld,
Dr. Freiher###Bilienau u. a.
Ausssauftt aus:
Fremdenblatt, Wien
vom: 45 Mal 1012 —
(Schnitzlerseien Artur Schnitzler wird heute fünfzig Jahre
alt und Wien erweist sich diesem Dichter gegenüber wahrlich nicht undankbar.
Drei Wiener Theater spielen heute Schnitzler=Stücke und die Literatur ließ
es sich nicht nehmen, Schnitzler auch außerhalb des Theaters herzlich zu feiern.
Am Montag veranstaltete die eifrige Zeitschrift „Der Merker“ einen Schnitzler¬
Abend, in dem der wienerische Schnitzler zu Worte kam, vor allem in dem
reizenden Porträt, das Felix Salten entwarf. Salten sprach eine ganz
unsentimentale Geburtstagsrede, ein charmantes Feuilleton über Schnitzlers
Anfang in der Wiener Literatur, über sein Werden und über die heutige
Zeit, die dem Dichter unterschiedslos Reverenz erweist. Natürlich
fehlte es bei einem Temperament wie Felix Salten nicht an
lustigen Ausfällen gegen die Feindseligkeit, mit der man Schnitzler anfangs
begegnete und das Unverständnis, das die „Aegyptische Königstochter“ be¬
wunderte und die „Erotik“ Schnitzlers verbieten wollte. Vor zwanzig Jahren
sind die Anatol=Szenen erschienen und sie haben sich ihr Publikum selbst ge¬
wonnen. Heute findet man sie auf fast allen deutschen Bühnen. Salten wußte
manches Interessante über die Wirtung der Schnitzlerschen Liebesdichtung zu
sagen, über sein Verhältnis zur wienerischen Poesie und über die Verwandte
Nr. 132
Wien, Mittwech“
schaft dieses heimischen Poetentypus mit Henri Murger. Saltens, das Wesen
der Schnitzlerschen Kunst sehr fein charakterisierender Vortrag wurde mit herz¬
lichem Beifall begrüßt. Drei Wiener Künstler, die auf der Bühne schon
oft im Dienste Schnitzlers standen, lasen nun Einiges aus Schnitzlers Werken.
Lili Marberg die ergreifende Geschichte „Der Ehrentag“, die von
dem Schauspieler handelt, der sein Leben mit kleinen Rollen verbringen muß
und an einem grausamen Scherz, den man sich mit seinem Ehrgeiz macht,
zugrunde geht. Lili Marberg wußte aus dieser prachtvollen Geschichte er¬
greifende Wirkung zu holen, ihre Leistung fand herzlichen Beifall. Arnold
Korff brachte „Excentric“, eine der lustigsten Schnitzler=Geschichten mit
viel Humor und Frau Galafrés=Hubermann wußte mit der
Erzählung „Die dreifache Warnung“ viel Interesse zu erregen.
Das Publikum, in dem die Jugend stark vertreten war, dankte allen Mit¬
wirkenden begeistert und in dieser Begeisterung erklang auch der Dank füt
Artur Schnitzler.
(Guellepergehe zuns Gapto¬
an Tyir.
Ilustiiortes Wiener BAtrableft
usschnitt aus:
Wien
I5MAliste
om:
1
Schnitzlers 50.Geburtstag.
1— u finden im Burgtheater, im
Deutschen Volkstheater und im Josef¬
städter Theater aus Anlaß des 50. Geburts¬
tages von Artur Schnitzler Aufführungen von Werken:
dieses Dichters statt.
4
Der Einladung der Zeitschrift „Merker“ zu
einer Schnitzler=Feier hatte am Montag ein überaus
zahlreiches distingniertes Publikum Folge geleistel
Der Schauplatz war der Beethoven=Saal. Es waren?
zumeist Frauen und Mädchen gekommen, um dem
populären Dichter zu huldigen, der sich viele Herzen
erobert hat, dessen Phantasiegestalten den Wienern
und den Wienerinnen lieb und wert geworden sind.
Den Anfang machte der Schriftsteller Felit“
Salten, der einen Vortrag über Artur Schnitzler
hielt, einen Essay voll Geist und Witz bot. Salten
schilderte zuerst den Widerstand, den Schnitzler beim
großen Publikum fand, den er aber sieghaft über¬
wunden hat. Heute können die Anatolszeuen auf
keiner deutschen Bühne fehlen. Mit dem „süßen
Mädel“ hat Schnitzler einen neuen Mädchentypus in die
deutsche Literatur eingeführt. Der Dichter hatte gegen#
viel Feindseligkeit zu kämpfen. Zu einer Zeit, in der
man „Hanneles Himmelfahrt“ für ein — porno¬
graphisches Werk erklärte, kam Schnitzler mit seinen
Liebesdichtungen, mit jener feinen echtwienerischen
Mischung von Heiterkeit und Schwermut, von
satirischem Witz und Weltschmerz. Er zeigte,
wie die Liebe entscheidend wirkt auf das ganze##
Seelenleben des Mannes und des Weibes. Durcht
alle seine Worte bricht ein tiefes, großes Erbarmen
mit den Schwachen durch. Schnitzler hat aber auch
den Mut, den Starken und Mächtigen die Wahrheit
zu sagen. Dieser Poet hat eine ganz spezifisch
wienerische Note; die weitere Entwicklung des jetzt
auf der Höhe des Lebens stehenden Dichters kann
man noch gar nicht absehen.
Saltens graziöse Planderei war von leb¬
haftem Beifall begleitet. Dann traten Frau
Galafrés=Huberman
Deutschen
vom
Volkstheater, Fräulein Lili Marberg und Arnold
Korff vom Burgtheater auf den Plan und lasen
aus Schnitzlers Dichtungen. Das Publikum bereitete
den ausgezeichneten Interpreten große und verdiente
Sympathiekundgebungen.
Schnitzler — abgereist.
Schnitzler hat sich den ihm zugedachten Ehrungen
entzogen. Er ist am vorigen Freitag mit seiner Gattin
zunächst nach Brioni abgereist. Von dort gedenkt das
Ehepaar eine zwei= bis dreiwöchentliche Vergnügungs¬
reise anzutreten. In dem reizenden Heim des Dichters,
der vormaligen Villa des Hofschauspielers Römpler
im Cottageviertel, Sternwartestraße Nr. 71, blieben
nur die zwei Kinder, ein elfjähriger Knabe und ein
zweijähriges Mädchen, zurück.
Ungemein groß ist die Zahl der schriftlichen und
telegraphischen Glückwünsche. Zuerst kam ein Schreiben
der Grillparzer=Gesellschaft, dann folgten
Telegramme von Direktor Dr. Freiherrn v. Berger,
Dr. Richard Rosenbaum und Frau Kory Towsld,
Dr. Freiher###Bilienau u. a.