box 39/1
SothBirthday
lusschultt
„Volks Zeitung, Wier
om: 15 5 19
Kleine Ausgaba)
Theater und Kunst.
0
Artur Schnitzler.
N
Ein „Fünfziger.“
Jungtrat der Wiener Dichter Dr. Artur Schnitzler
die Literatur, im Alter von kaum 25 Jahren, und
9
Run, da er im Zenith des Lebens und Wirkens steht, ein
„Fünfziger“ geworden ist, erfreut ihn die Anerkennung
seiner Bedeutung, nennt man in fast ganz Europa seinen
Namen mit gebührender Verehrung. Keck hat er gleich
anfangs zugegriffen und in jeder Beziehung ein echter
Wiener, bodenständige Typen wie den „Anatol“ und „Das
füße Mädel“ geschaffen, novellistische und dramatische
Skizzen, die rasch die Lieblingslektüre insbesondere
Jung=Wiens geworden sind. In allen seinen Empfindungen
#bli#ck bloß ein Unterton von Liebe mit, die eigentlich
nichk die wahre Liebe ist, denn mit der Treue nehmen
es auch seine Frauen und Mädchen selten genan.
Sentimentalität und Grübelei wechseln mit einem rück¬
haltslosen Realismus ab, der sich nicht scheut, das oft
Vergängliche beim wahren Namen zu nennen. Immerhin
ein Talent ersten Ranges, schätzt man ihn in den weitesten
Kreisen und seine Gesinnungsvorneymheit, der Adel
seiner Seele lassen es begreifen, wenn man ihm aus
Aulaß seiner Alterswende allseits beweist, daß man ihn
gern hat diesen tüchtigen, lebensvollen und leistungs¬
fähigen Fünfziger.
In den künstlerischen und literarischen Kreisen wird
sein 50. Geburtstag festlich begangen. So veranstaltete
am Montag die Zeitschrift für Musik und Theater „Der
Mexker“ im Beethovensaale eine Schnitzlerfeier, die
von einem zahlreichen Publikum besucht war. Den Abend
eröffnete Felix Salten mit einer geistvollen, das
Wefen des Dichters charakterisierenden Conference. Mit
Recht bezeichnete der Sprecher Artur Schnitzler als den
literarischen Verkünder wienerischer Art, die vorher in
der österreichischen Dichtkunst nur spärlich vertreten war.
Schnitzler hat auch die Anmut und Schönheit der
Wiener'n besungen und das Wort vom süßen Mädel
geprägt. Er hat eine Generation in der Wertschätzung
des Weibes erzogen. Doch er war, eine so große
Rolle auch der Liebe in seinen Werken zukommt,
Erzähler von
weit mehr als ein bloßer
er¬
Liebesgeschichten. Mit tiefschauendem Blicke
faßte er das Allgemein=Menschliche und verlieh durch
sein gütiges Verstehen auch den schwachen und dis¬
harmonischen Charakteren einen Schimmer von Schönheit.
Elsa Galafres=Hubermann las sodann mit
tiefem Empfinden die von düsteren Schicksalsahnungen
ersüllte Novelle „Die dreifache Warnung“. Die Tragödie
des eitlen kleinen Komödianten Roland, den der Dichter
im „Ehrentag“ so meisterlich charakterisiert, brachte Lilli
Marberg zu erschütterndem Ausdruck. Zum Schlusse
las Herr Korff die brillante Satire „Exzentrik“ mit
hinreißendem, diabolischem Humor. Das Publikum
pendete allen Vortragenden reichen Beifall.
Der Schriftsteller hat sich den in Aussicht stehenden
Ehrungen entzogen und ist vor einigen Tagen mit
seiner Gemahlin nach Brioni. abgereist. Telegraphische
und schriftliche Glückwünsche sind schon gestern in seiner
in der Sternwartestraße gelegenen Wohnung eingelausen,
darunter von der Grillparzergesellschaft, von der
Direktion des Burgtheaters und anderen mehr. Das
Burgtheater veranstaltet eine Aufführung von „Das
weite Land" und das Deutsche Volkstheater
eine solche von „Liebelei" und „Der grüne
Kakadn“, das Josefstädter Theater führt mit Frau
Nijeße in der Hauptrolle „Das Vermächtnis“ auf.
leuelienangabe ohne Gewähr.
Ausschnitt ausWiener Allgemeine Zeitung, W
15. MAi. 1912
vom:
(Schnitzler=Feier.) Montag veranstaltete die
„Wiener Zeitschrift „Der Merker“ eine Schnitzler=Feier. Der
Abend wurde eingeleitet durch eine Conférence des Schrift¬
stellers Felix Salten, der in geschmackvoll gesetzten,
launig pointierten Worten ein Bild dieses Wiener Dichters
entwarf, der heute fünfzig Jahre akt wird. Er sprach von
der danraligen Zeit, vom damaligen Publikum, vom Em¬
pfang, der ihm zu jener Zeit ward und von der Wandlung,
die sein Bild im Verlauf der Jahre erfahren hatte.
Er
sprach vom Wachsen Schnitzlers über seine Anfänge hinaus¬
von seiner Wirkung auf die Bewohner dieser Stadt mit
deren Wesen er aufs innigste verknüpft sei. Saltens geist¬
voller Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen.
Drei Wiener Künstler lasen nun mit bestem Gelingen aus
Schnitzlers Werken vor. Lili Marberg vom Hofburg¬
theater gestaltete die Erzählung „Der Ehrentag“ zu
ergreifender Wirkung; die Künstlerin belebte „diese kurze Ge¬
schichte in all ihren Teilen, Hofschauspielet Korff las
mit unnachahmlichen Humor die köstliche Skizze: „Ex¬
centrick“ und Frau Galafres=Hubermann
wußte mit der „Dreifachen Warnung“ das Audi¬
torium zu fesseln. Das begeisterte Publikum feierte seine
Lieblinge entsprechend.
(Gecleringbe eine Genme).
Ausschnitt aus: Sonu- u. Montags Zeitung, Wien
20. MAl. 1912
vom:
(Schuitzler=Feier.), Der fünfzigste Geburtstag des Tichters
ist in der abgeranfenenWeche an vielen Stellen und unter den
mannigfachsten Formen gefeiert worden. Am Montag veranstaltete
der „Merker“ einen Schnitzler=Abend, zu dessen Gelingen Herr
Salten als Conferencier, die Damen Galafrés und Marberg
sowie Herr Korf als Vortragende viel Mühe aufgewendet haben.
Am Dienstag las Herr Onno des Dichters Werk „Der Schleier
der Beatrice“ mit viel Verständnis und jenem innigen und warmen
Pathos, das diesem Künstler so wohl ansteht. Gleichzeitig wurden
an drei Wiener Bühnen Schnitzlersche Schauspiele zur Aufführung
gebracht: Im Burgtheater „Das weite Land“ im Volkstheater
„Liebelei" und „Der grüne Karadn“, in der Josefstadt-„Das Ver¬
mächtnis“. Neues ist über diese Aufführungen nicht zu sagen; sie
hielten sich im Rahmen des gewohnten Alltags; auch verliefen sie
ohne besondere ostentative Betonung des Anlasses, denn der Dichter
selbst ist allen Angriffen als Jubilar aus dem Wege gegangen. Er
feierte den eigenen Geburtstag in aller Stille und in sympathischer
Zurückgezogenheit auf der Insel Brioni.
SothBirthday
lusschultt
„Volks Zeitung, Wier
om: 15 5 19
Kleine Ausgaba)
Theater und Kunst.
0
Artur Schnitzler.
N
Ein „Fünfziger.“
Jungtrat der Wiener Dichter Dr. Artur Schnitzler
die Literatur, im Alter von kaum 25 Jahren, und
9
Run, da er im Zenith des Lebens und Wirkens steht, ein
„Fünfziger“ geworden ist, erfreut ihn die Anerkennung
seiner Bedeutung, nennt man in fast ganz Europa seinen
Namen mit gebührender Verehrung. Keck hat er gleich
anfangs zugegriffen und in jeder Beziehung ein echter
Wiener, bodenständige Typen wie den „Anatol“ und „Das
füße Mädel“ geschaffen, novellistische und dramatische
Skizzen, die rasch die Lieblingslektüre insbesondere
Jung=Wiens geworden sind. In allen seinen Empfindungen
#bli#ck bloß ein Unterton von Liebe mit, die eigentlich
nichk die wahre Liebe ist, denn mit der Treue nehmen
es auch seine Frauen und Mädchen selten genan.
Sentimentalität und Grübelei wechseln mit einem rück¬
haltslosen Realismus ab, der sich nicht scheut, das oft
Vergängliche beim wahren Namen zu nennen. Immerhin
ein Talent ersten Ranges, schätzt man ihn in den weitesten
Kreisen und seine Gesinnungsvorneymheit, der Adel
seiner Seele lassen es begreifen, wenn man ihm aus
Aulaß seiner Alterswende allseits beweist, daß man ihn
gern hat diesen tüchtigen, lebensvollen und leistungs¬
fähigen Fünfziger.
In den künstlerischen und literarischen Kreisen wird
sein 50. Geburtstag festlich begangen. So veranstaltete
am Montag die Zeitschrift für Musik und Theater „Der
Mexker“ im Beethovensaale eine Schnitzlerfeier, die
von einem zahlreichen Publikum besucht war. Den Abend
eröffnete Felix Salten mit einer geistvollen, das
Wefen des Dichters charakterisierenden Conference. Mit
Recht bezeichnete der Sprecher Artur Schnitzler als den
literarischen Verkünder wienerischer Art, die vorher in
der österreichischen Dichtkunst nur spärlich vertreten war.
Schnitzler hat auch die Anmut und Schönheit der
Wiener'n besungen und das Wort vom süßen Mädel
geprägt. Er hat eine Generation in der Wertschätzung
des Weibes erzogen. Doch er war, eine so große
Rolle auch der Liebe in seinen Werken zukommt,
Erzähler von
weit mehr als ein bloßer
er¬
Liebesgeschichten. Mit tiefschauendem Blicke
faßte er das Allgemein=Menschliche und verlieh durch
sein gütiges Verstehen auch den schwachen und dis¬
harmonischen Charakteren einen Schimmer von Schönheit.
Elsa Galafres=Hubermann las sodann mit
tiefem Empfinden die von düsteren Schicksalsahnungen
ersüllte Novelle „Die dreifache Warnung“. Die Tragödie
des eitlen kleinen Komödianten Roland, den der Dichter
im „Ehrentag“ so meisterlich charakterisiert, brachte Lilli
Marberg zu erschütterndem Ausdruck. Zum Schlusse
las Herr Korff die brillante Satire „Exzentrik“ mit
hinreißendem, diabolischem Humor. Das Publikum
pendete allen Vortragenden reichen Beifall.
Der Schriftsteller hat sich den in Aussicht stehenden
Ehrungen entzogen und ist vor einigen Tagen mit
seiner Gemahlin nach Brioni. abgereist. Telegraphische
und schriftliche Glückwünsche sind schon gestern in seiner
in der Sternwartestraße gelegenen Wohnung eingelausen,
darunter von der Grillparzergesellschaft, von der
Direktion des Burgtheaters und anderen mehr. Das
Burgtheater veranstaltet eine Aufführung von „Das
weite Land" und das Deutsche Volkstheater
eine solche von „Liebelei" und „Der grüne
Kakadn“, das Josefstädter Theater führt mit Frau
Nijeße in der Hauptrolle „Das Vermächtnis“ auf.
leuelienangabe ohne Gewähr.
Ausschnitt ausWiener Allgemeine Zeitung, W
15. MAi. 1912
vom:
(Schnitzler=Feier.) Montag veranstaltete die
„Wiener Zeitschrift „Der Merker“ eine Schnitzler=Feier. Der
Abend wurde eingeleitet durch eine Conférence des Schrift¬
stellers Felix Salten, der in geschmackvoll gesetzten,
launig pointierten Worten ein Bild dieses Wiener Dichters
entwarf, der heute fünfzig Jahre akt wird. Er sprach von
der danraligen Zeit, vom damaligen Publikum, vom Em¬
pfang, der ihm zu jener Zeit ward und von der Wandlung,
die sein Bild im Verlauf der Jahre erfahren hatte.
Er
sprach vom Wachsen Schnitzlers über seine Anfänge hinaus¬
von seiner Wirkung auf die Bewohner dieser Stadt mit
deren Wesen er aufs innigste verknüpft sei. Saltens geist¬
voller Vortrag wurde mit lebhaftem Beifall ausgenommen.
Drei Wiener Künstler lasen nun mit bestem Gelingen aus
Schnitzlers Werken vor. Lili Marberg vom Hofburg¬
theater gestaltete die Erzählung „Der Ehrentag“ zu
ergreifender Wirkung; die Künstlerin belebte „diese kurze Ge¬
schichte in all ihren Teilen, Hofschauspielet Korff las
mit unnachahmlichen Humor die köstliche Skizze: „Ex¬
centrick“ und Frau Galafres=Hubermann
wußte mit der „Dreifachen Warnung“ das Audi¬
torium zu fesseln. Das begeisterte Publikum feierte seine
Lieblinge entsprechend.
(Gecleringbe eine Genme).
Ausschnitt aus: Sonu- u. Montags Zeitung, Wien
20. MAl. 1912
vom:
(Schuitzler=Feier.), Der fünfzigste Geburtstag des Tichters
ist in der abgeranfenenWeche an vielen Stellen und unter den
mannigfachsten Formen gefeiert worden. Am Montag veranstaltete
der „Merker“ einen Schnitzler=Abend, zu dessen Gelingen Herr
Salten als Conferencier, die Damen Galafrés und Marberg
sowie Herr Korf als Vortragende viel Mühe aufgewendet haben.
Am Dienstag las Herr Onno des Dichters Werk „Der Schleier
der Beatrice“ mit viel Verständnis und jenem innigen und warmen
Pathos, das diesem Künstler so wohl ansteht. Gleichzeitig wurden
an drei Wiener Bühnen Schnitzlersche Schauspiele zur Aufführung
gebracht: Im Burgtheater „Das weite Land“ im Volkstheater
„Liebelei" und „Der grüne Karadn“, in der Josefstadt-„Das Ver¬
mächtnis“. Neues ist über diese Aufführungen nicht zu sagen; sie
hielten sich im Rahmen des gewohnten Alltags; auch verliefen sie
ohne besondere ostentative Betonung des Anlasses, denn der Dichter
selbst ist allen Angriffen als Jubilar aus dem Wege gegangen. Er
feierte den eigenen Geburtstag in aller Stille und in sympathischer
Zurückgezogenheit auf der Insel Brioni.