VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 2

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Dienstag
Brief Theodor Stoems an Paul Heyse: Die Geschlechts¬
liebe zwischen Mann und Weib ist nur die Begründerin,
keineswegs, ja nur zum kleinsten Teil, der Inhalt der
Ehe.) Und nicht geringer als die Rätsel des Eros und
des Hymen ist ein anderes, an das gleichfalls der „Parazelsus“
zum erstenmal mit behutsamem Finger rührt, das im Wechsel¬
tanz von burleskem Spaß und dämonischem Grauen die Marionetten¬
spiele und die mystischen Novellen umgaukeln.
Körner läßt die Altersperiode Schnitzlers etwa 1915 be¬
ginnen und ist der gewiß richtigen Ansicht, daß sie noch nicht
genügend zahlreiche und noch nicht so bezeichnende Werke hervor¬
gebracht hat, daß man sie ohne Gefahr eines künftigen Desaveus
heute schon zu charakterisieren vermöchte. Wie die Gestalten
Dr. Gräslers und des heimkehrenden Casanova an¬
deuten, wird jetzt vermutlich das Problem des Alterns,
das schon im „Einsemen Weg“ erste, allerdings etwas romantische
Behandlung fand, in den Mittelpunkt rücken. Klingt doch des
Alters schmerzliche Sehnsucht nach vergangener Jugendzeit als ein
wehmütiger Akkord auch zu Anfang und Ende von Schnitzlers
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jüngster Dichtung („Die Schwestern“) auf.
Die Frauengestalten Schnitzlers finden in Josef Körner einen
labian
4 980
ausgezeichneten Beobachter und Würdiger. Die Sängerin Kläre
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Hell, die Katharina, die Therese Golowski, die Fürstin Wendolin,
Komtesse Mizzi, Berta Garlan, Frau Beate und Dionysia, alle
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jene musterhaft gezeichneten Figuren finden einen geistvollen
Interpreten ihrer Psychologie. Man kann ruhig sagen, daß bisher
kein besseres Buch über Artur Schnitzler und seine Schaffen ge¬
Erwin Weill.
schrieben wurde als dieses ...
#scheinemer
Ein graphologisches Vorträt
Lyriker den vi
eines Satzes
Einsteins.
unerhört geste
Im „Gaulois“ veröffentlichte eine graphologische Fassung dram
druckswillen n
Mitarbeiterin Marguerite Sérieys eine Deutung der
Handschrift Albert Einsteins. Sie hat nur die wenigen
Aufgabe darin
Worte „Freundliche Grüße A. Einstein“ zu Gesicht be¬
kommen; aber sie genügen ihr, um folgende Beschreibung Kerkermonolog
polsterten Stu
zu geben:
zum Untergan
Knappe, klare Schrift mit eiligen, zwanglosen, dicht¬
gedrängten, auf ihre einfachste Form gebrachten Zügen. Gedankliche ähnlicher Weis
Kraft; Streben, Analyse unmittelbar in Synthese umzusetzen; wühltheit Fau
Gleichgültigkeit gegen die Form: das sind die drei Hauptmerkmale, Gänge, Gest
die an dieser einfachen Handschrift deutlich hervortreten. Ueber= turbulenten W
legene Intelligenz, große Kraft des Beobachtens und Zerlegens; zustellen, od
aber alles vollzieht sich innerlich, nichts wendet sich nach außen, und her gei
wenigen Zeile
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Er seziert und filtriert jede Bedanken, ehe er ihn von sich gibt.
Röhren, went
Die sparsamen und nicht sehr hohen großen Buchstaben kennzeichnen
Fenster schaute und jedes, in sich gekehrt, still dem Rinnen der
die Einfachheit, die Gleichgülligkeit gegen äußere Ehren, einen
Wassers zusah“ Es kann nicht das Ziel dieser Betrachtung sein
unaufhörlichen Drang nach Umsetzung des Denkens und Fühlens
die aufgeworfenen Gedanken zu Ende zu führen; es sollte viel¬
in knappe, feste Form.
mehr nur versucht werden, die besondere Stellung des Schau¬
Zwei Besonderheiten fallen auf, der nervöse geneigte Duktus
spielers zu Goethe zu skizzieren. Die Aufgabe, die dramattschen¬
und der lange, kräftige Querstrich des kleinent, dessen Impulsivität
zur übrigen Handschrift im Widerspruch steht: also lebhafte Sensi= Visionen unseres Größten darzustellen, mag oberflächlicher Be¬
bilität und Nervosität. Die Gehirnarbeit hat die Gemütseigen=trachtung undankbar erscheinen, ihre Bewältigung aber wird dem¬
Darsteller nicht nur in geistiger, sondern auch in rein schau¬
schaften und eine fast despotische Willensstärke, die Herz und Hirn
spielerischer Beziehung die köstlichsten und tiefsten Werte zuführen
in der Gewalt hat, nicht geidtet. Eine Welt liegt zwischen den
dem
A.
dem einen nach dem
beiden Punkten,
Hans Johst schreibt:
anderen am Ende des Namens. Ein genauer, keine Einzelheit
Charlotte v. Stein.
übersehender Geist, ein immer wacher kritischer Sinn, der die
sozusagen in ihr Sterber
Fünfundachtzig Jahre alt
eigenen Gedanken sorgsam bucht und ergründet. Diese beiden
hinein — spricht Frau v. Stein den Wunsch aus daß ihre Leiche#
Punkte sind die „Hüter der Flamme“.
nicht am Hause Goethes vorübergetragen werde, es könne ihn
angreifen
Kein Wort, kein Vers Goethes bezwingt mich wie dieses
adelige und edle Zeichen einer klugen und gütigen Gesinnung.
Die große Goethe-Feier in
Das einsame Lächeln der Greisin sehe ich, als sie diese behutsame.
Grankfurt.
Rücksicht wünschte. Welche Weisheit um den Olymp, welches Gebet
für die Erde
Eine Feier der Kulturwelt.