VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 3

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ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGSNACHRICHTEN-BUREAU
BERLIN SO. 16, RUNGESTR. 22-24.
zelung Prager Tagblatt
Adresse, Prag
Datum:
6- AUGe
KEN
Oinztichun¬
Josef Körner: „Arthur Schnitzler“ Gestalten und
Probleme.“ Als eine der litgaskivissenschaftlichen
Gaben zu Schnitzlers sechzigstem Geburtstag, ist im
Wiener Amalthea=Verlag diese Schrift des Prager
Literarhistorikers erschienen. Sie wendet eine von
der üblicn=Litemfrbetrachtung abweichende Me¬—
thode an. Knde# sie das künstlerische Denkmal losge¬
löst von stinem Schöpfer und ohne Rücksicht auf
seinen Esstchngsprozeß zu würdigen unternimmt
Man könnte bezweifeln, ob solche Art der Analyse
in anderen Fällen, etwa auf einen Dichter bezogen.
der stärker von dem eigenen wechselnden Erlebnis
abhängig ist oder in seinen Werken leidenschaftlicher
die Ereignisse der Zeit spiegelt, genügend reiche
Früchte trägt. Daß sie sich auf Schnitzler erfolgreich
anwenden läßt, beweist dieses inhaltsreiche und
klärende Buch. Denn Schnitzler stellt, indem sein
Schaffen unablässig um die erotischen Konflikte einer
fast immer gleichen bürgerlichen Schichte kreist, einen
Sonderfall dar. Man empfindet es darum nicht als
Mangel, wenn sein Erklärer, abgesehen davon, daß
er Biographisches überhaupt beiseite läßt, auch auf
leine innere Entwicklungsgeschichte bewußt verzichtet.
Körner spannt Schnitzlers reiches und zumindest
in seiner Fülle imposantes. Werk so auf, daß sich
lälteste und jüngste Produkte dieses Schaffens auf
lgleicher Ebene bewähren. Die Darstellung ist nach
Motiven geordnet; das dramatische Moment, das
sonst in Dichter=Monographien eine wesentliche Rolle
spielt, kommt hier nicht für die Wechselbeziehungen &
zwischen Autor und Werk, sondern nur für die Be¬
ziehungen seiner Geschöpse zu einander in Betracht.
Jndem Körner diese Motive mit größter Feinheit
und Gründlichkeit uniersucht, entstehen Einzelbetrach¬
tungen jedes Dramas und jeder Novelle, die über die
luckenlose. Inhaltsausgabe hinaus wertvolle Kommen=
stare darstellen. Nicht nur der Fachmann, sondern vor #
allem der Laie, der seine durch Theaterbesuch oder
Lektüre erworbene Kenntnis der Schnitzlerischen Dies
tung vertiefen will, findet hier schätzenswerte Auf¬?
schlüsse. Aber Körner steht dem Objekt seiner Dar¬
stellung nicht kritiklos gegenüber, und es ist interes¬
sant zu verfolgen, wie ihm aus der Verehrung des
Dichters — denn ohne sie entsteht schließlich kei
solches Buch — allmählich auch ein nicht unbeträcft¬
licher Zweifel an der Erstrangigkeit von Schnigkers
Schöpferkraft erwächst und die das abschlichende
Werkurteil aus der Erkenntnis der Schwächen
Schnitzlers kein Hehl macht. Denn eben die Leson¬
derheiten, die dem Ausdeuter eine solche nur vom
Motiv ausgehende Betrachtungsart ermöglichen, sind?
sein Zeugnis gegen den Dichter, dessen Höchstes noch
in eine kühle Grazie gebannt bleibt. Der Philister¬
Aufruhr gegen den „Reigen“ widerlegt nicht die Tat¬
sache, daß keiner von Schnitzlers Menschen und keines
seiner Prohleme, wenigstens in der Art, wie er sie
behandelt, zur Liebe dem zum Haß entflammen kann
Schnitzlers Figuren ####en sich ohne Leidenschaft aus,
wohlgefällig in ihre selonfähigen Dialoge eingespon¬
inen. Es ist nicht das e ringste Verdienst von Körners
kenntnisreicher und seinsinniger Schrift, daß sie
st.
diesen Tatbestand nicht verhüllt.
Im Verlage Wila, Wien, erscheint soeben eine kleine
Wioder¬
Sammlung von Miniaturbüchern:
gabe“ — Wiener Gegenwart und ihr Besitz, her¬
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