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6oth Birthdar
4C0
AnD
Boston, 4. April 1922.
Mit den desten Wun,
Polen mit seiner gleichfalls
Nunmehr, da der Oesterreich betreffende Gesetzes=] einsetzung Ihrer Heimat in ihre alte Stellung bin ich Ihr
in Frankreichs Schachbrett; vorschlag vom Senat und vom Repräsentantenhaus der Ver= aufrichtig ergebener
Edward Filene.
aß, wie schon die gleiche Zahl herrnsohn, der, in der Innern Stadt zuständig, jenseits der
beinahe etwas verlogen. Schnitzler wollte sich in ihr
drei — auf den beiden von
Linienwälle des älteren Wien auf leichte Eroberungen aus¬
sichtlich zum Naturalismus zwingen, während es doch gerade
En bescheinigt, der Epiker und
geht, ist, zumindest in der kultivierten Form, in der ihn
seine Mission war, mit anderen gleichgerichteten jungen
seiner Reife einander die
Schnitzler auf die Nachwelt brachte, eine ebenso frei erfundene
Dichtern als ein Verteidiger unserer Ostmark die drohende
achtung dieser doppelten Reihe
dichterische Gestalt, wie Christine, diese kleine, wienerische
Verhunnung durch den Naturalismus in jenen gefährlichen
etwas abfallenden dramati¬
Butterfly. Aber spricht diese Erfundenheit seiner Jugend¬
neunziger Jahren vom deutschen Theater, von der deutschen
jüngsten Dezenniums („Pro¬
gestalten gegen Schnitzler oder nicht vielmehr für ihn? Was
Novelle abzuwehren.
bunkt der onsteigenden epischen
liegt daran, ob Anatol und Christine gelebt haben, da sie
Es ist dies eine Leistung, die der junge Schnitzler in
as Heimkehr"). Interessant
doch leben? Hat Werther gelebt, hat Manon Lescaut gelebt?
Gemeinschaft mit den anderen jungen Häuptern und
breite Raum, den die Figur
Gewiß nicht in der Form, in der sie noch heute ein Leben
Geistern der Wiener Schule von 1890 vollbrachte. Sie alle
letzten Jahrzehntes einnimmt.
von Geistes, nicht von der Wirklichkeit Gnaden führen. Und
ließen, jeder nach seiner Art, die „Wiener Note“ erklingen,
kehrt als Hauptfigur in zwei
ist es mit den ganz großen Gestalten der Weltliteratur etwa
was, wissenschaftlich ausgedrückt, nichts anderes heißen
en wieder, außer demjenigen,
anders? Hat es einen Falstaff, einen Don Quichotte, einen
wollte, als daß sie die Tainesche Milieutheorie und überhaupt
Stirn trägt, auch in den
Achill jemals gegeben? Und wenn es sie gab, so war der
die naturwissenschaftliche Methode, die damals auch in der
haftlicher Liebhaber er ist;
eine wahrscheinlich ein elender Wirtshausbruder, der andere
Literatur Trumpf war, auf die Dichtkunst übertrugen. Am
urch ein drittes, die „Große
ein armseliger Narr, der dritte ein gewöhnlicher Raufbold,
fühlbarsten machte sich dies auf dem Gebiete des Theaters,
Worte“, deren Held, der
bevor sie ihr Dichter in die Hand nahm und ins Ewige
auf welchem das Epigonentum der achtziger Jahre und ein
Art Casanova ist; zumindest
stilisierte. Ius Ewige hat Schnitzler seinen „Fünfgulden¬
in Wien von jeher grassierender Auslandsfnobismus eine
ien Nebenbuhler trotz einem
Viveur“, wie eine boshafte Zunge den Anatol vor fünfund¬
völlige Verwischung der Formen herbeigeführt hatten. Das
ifelhafte Bevorzugung eines
zwanzig Jahren nannte, nun freilich nicht stilisiert, nicht
Burgtheuterstück war damals entweder eine Jambentragödie
aften Liebeshelden hat sicher
einmal noch im Casanova. Aber, wie es in der „Liebelei“
oder ein französisches Problemstück. Daß es auch in Oester¬
igen, der den Anfang und vor¬
heißt: „Es gibt Augenblicke, die einen Duft von Ewigkeit
reich, ja sogar in Wien, Probleme gab, wollten die Gebil¬
tzlers bisheriger Laufbahn
um sich sprühen.“ Solche Augenblicke gibt es sicherlich, und
deten nicht wahrhaben; höchstens in der Dialektsphäre, mo
eiteres klar, was. Casanova,
die „Liebelei“ selbst, die, unverwelklich, wie ein immer
die Mundart das Pathos der Distanz vergrößerte, gab man
er auf verschiedenen Lebens¬
frischer Fliederstrauß inmitten von Artur Schnitzlers bücher¬
solche zu. Man schätzte Anzengruber, zumal seitdem er tot
Verhüllungen sieht, ist nichts
reichem Arbeitszimmer aufduftet, mag einem solchen zauber¬
war, aber man betrachtete sein Oesterreichertum doch mehr
isierte Anatol.
haften Augenblick ihre geistige Entstehung verdanken. Die
als eine Vorstadtangelegenheit. Da trat Artur Schnitzler
bt uns in Schnitzlers Jugend
„Liebelei“ bildet die bewußte Fortiettung des Weges, den
auf und schrieb Burgtheaterstücke, die unter Gebildeten
inem letzten Werke noch hör¬
Schnitzler mit dem Anatol noch halb ahnungslos, einschlug,
spielten und trotzdem auf dem Wiener Boden vor sich gingen:
dieses leichtsinnigen Melan¬
während die dazwischen liegende feine Erzählung „Sterben“
die gesellschaftliche Probleme in freier und natürlicher Form.
bst, sein Wesen stilisierend,
künstlerisch eher einen Abweg bedeutet. Man kann sagen,
ohne Aktschlußtiraden und advokatorische Plaidoyers, dabei
rs dichterisches Heim, das sich
daß der Dichter auf seinem nachdenklichen Spaziergang, der
aber doch in geistig anziehender Form und auf eine thea¬
hieten Junggesellenwohnung
ihn aus der bourgevisen Umwelt der Innern Stadt immer
tralisch fesselnde Weise behandelten: mit einem Worte, die
nd gelegene Cottagevilla er¬
weiter in eine Garten= und ausblickreiche Umgebung hinaus¬
die Franzosen ersetzten, und zwar die allerbesten Franzosen.
kreits ein wenig stilisiert, wenn
führte, in dieser Novelle, an der der Arzt fast mehr Anteil hat
Das war Artur Schnitzlers Tat, und es war eine, bei der
Große und Vergangene, eher
als der Dichter, vorübergehend ins Allgemeine Kranken¬
er nicht mehr gemeinschaftlich mit den anderen in breiter
egenwärtige. Mit Recht zwar
haus des Naturalismus eintrat, doch nur, um zu erkennen,
Front vorging, sondern allein, auf eigene Faust, als
vorgeworfen, daß sie, ebenso
daß er dort nichts zu suchen hatte. „Sterben“ ist ja ungleich
Eclaireur des neuen deutschen Theaters, dem auf dem von
m so sichtlich bevorzugte Vor¬
wahrer, ungleich „naturalistischer“ als die aus Dichter¬
ihm eroberten Gebiet des Gesellschaftsstückes die anderen
hen Wiener Typus verewigte,
schäumen aufgebaute Anatol=Welt, und wahrscheinlich wirkt
erst in einem gewissen Abstande nachfolgten. Dabei darf
nicht gab. Der Wiener Haus= die Erzählung eben darum heute um so viel gekünstelter und man fralich mit dem Begriffe „Gesellschaftsdichter“ nicht
6oth Birthdar
4C0
AnD
Boston, 4. April 1922.
Mit den desten Wun,
Polen mit seiner gleichfalls
Nunmehr, da der Oesterreich betreffende Gesetzes=] einsetzung Ihrer Heimat in ihre alte Stellung bin ich Ihr
in Frankreichs Schachbrett; vorschlag vom Senat und vom Repräsentantenhaus der Ver= aufrichtig ergebener
Edward Filene.
aß, wie schon die gleiche Zahl herrnsohn, der, in der Innern Stadt zuständig, jenseits der
beinahe etwas verlogen. Schnitzler wollte sich in ihr
drei — auf den beiden von
Linienwälle des älteren Wien auf leichte Eroberungen aus¬
sichtlich zum Naturalismus zwingen, während es doch gerade
En bescheinigt, der Epiker und
geht, ist, zumindest in der kultivierten Form, in der ihn
seine Mission war, mit anderen gleichgerichteten jungen
seiner Reife einander die
Schnitzler auf die Nachwelt brachte, eine ebenso frei erfundene
Dichtern als ein Verteidiger unserer Ostmark die drohende
achtung dieser doppelten Reihe
dichterische Gestalt, wie Christine, diese kleine, wienerische
Verhunnung durch den Naturalismus in jenen gefährlichen
etwas abfallenden dramati¬
Butterfly. Aber spricht diese Erfundenheit seiner Jugend¬
neunziger Jahren vom deutschen Theater, von der deutschen
jüngsten Dezenniums („Pro¬
gestalten gegen Schnitzler oder nicht vielmehr für ihn? Was
Novelle abzuwehren.
bunkt der onsteigenden epischen
liegt daran, ob Anatol und Christine gelebt haben, da sie
Es ist dies eine Leistung, die der junge Schnitzler in
as Heimkehr"). Interessant
doch leben? Hat Werther gelebt, hat Manon Lescaut gelebt?
Gemeinschaft mit den anderen jungen Häuptern und
breite Raum, den die Figur
Gewiß nicht in der Form, in der sie noch heute ein Leben
Geistern der Wiener Schule von 1890 vollbrachte. Sie alle
letzten Jahrzehntes einnimmt.
von Geistes, nicht von der Wirklichkeit Gnaden führen. Und
ließen, jeder nach seiner Art, die „Wiener Note“ erklingen,
kehrt als Hauptfigur in zwei
ist es mit den ganz großen Gestalten der Weltliteratur etwa
was, wissenschaftlich ausgedrückt, nichts anderes heißen
en wieder, außer demjenigen,
anders? Hat es einen Falstaff, einen Don Quichotte, einen
wollte, als daß sie die Tainesche Milieutheorie und überhaupt
Stirn trägt, auch in den
Achill jemals gegeben? Und wenn es sie gab, so war der
die naturwissenschaftliche Methode, die damals auch in der
haftlicher Liebhaber er ist;
eine wahrscheinlich ein elender Wirtshausbruder, der andere
Literatur Trumpf war, auf die Dichtkunst übertrugen. Am
urch ein drittes, die „Große
ein armseliger Narr, der dritte ein gewöhnlicher Raufbold,
fühlbarsten machte sich dies auf dem Gebiete des Theaters,
Worte“, deren Held, der
bevor sie ihr Dichter in die Hand nahm und ins Ewige
auf welchem das Epigonentum der achtziger Jahre und ein
Art Casanova ist; zumindest
stilisierte. Ius Ewige hat Schnitzler seinen „Fünfgulden¬
in Wien von jeher grassierender Auslandsfnobismus eine
ien Nebenbuhler trotz einem
Viveur“, wie eine boshafte Zunge den Anatol vor fünfund¬
völlige Verwischung der Formen herbeigeführt hatten. Das
ifelhafte Bevorzugung eines
zwanzig Jahren nannte, nun freilich nicht stilisiert, nicht
Burgtheuterstück war damals entweder eine Jambentragödie
aften Liebeshelden hat sicher
einmal noch im Casanova. Aber, wie es in der „Liebelei“
oder ein französisches Problemstück. Daß es auch in Oester¬
igen, der den Anfang und vor¬
heißt: „Es gibt Augenblicke, die einen Duft von Ewigkeit
reich, ja sogar in Wien, Probleme gab, wollten die Gebil¬
tzlers bisheriger Laufbahn
um sich sprühen.“ Solche Augenblicke gibt es sicherlich, und
deten nicht wahrhaben; höchstens in der Dialektsphäre, mo
eiteres klar, was. Casanova,
die „Liebelei“ selbst, die, unverwelklich, wie ein immer
die Mundart das Pathos der Distanz vergrößerte, gab man
er auf verschiedenen Lebens¬
frischer Fliederstrauß inmitten von Artur Schnitzlers bücher¬
solche zu. Man schätzte Anzengruber, zumal seitdem er tot
Verhüllungen sieht, ist nichts
reichem Arbeitszimmer aufduftet, mag einem solchen zauber¬
war, aber man betrachtete sein Oesterreichertum doch mehr
isierte Anatol.
haften Augenblick ihre geistige Entstehung verdanken. Die
als eine Vorstadtangelegenheit. Da trat Artur Schnitzler
bt uns in Schnitzlers Jugend
„Liebelei“ bildet die bewußte Fortiettung des Weges, den
auf und schrieb Burgtheaterstücke, die unter Gebildeten
inem letzten Werke noch hör¬
Schnitzler mit dem Anatol noch halb ahnungslos, einschlug,
spielten und trotzdem auf dem Wiener Boden vor sich gingen:
dieses leichtsinnigen Melan¬
während die dazwischen liegende feine Erzählung „Sterben“
die gesellschaftliche Probleme in freier und natürlicher Form.
bst, sein Wesen stilisierend,
künstlerisch eher einen Abweg bedeutet. Man kann sagen,
ohne Aktschlußtiraden und advokatorische Plaidoyers, dabei
rs dichterisches Heim, das sich
daß der Dichter auf seinem nachdenklichen Spaziergang, der
aber doch in geistig anziehender Form und auf eine thea¬
hieten Junggesellenwohnung
ihn aus der bourgevisen Umwelt der Innern Stadt immer
tralisch fesselnde Weise behandelten: mit einem Worte, die
nd gelegene Cottagevilla er¬
weiter in eine Garten= und ausblickreiche Umgebung hinaus¬
die Franzosen ersetzten, und zwar die allerbesten Franzosen.
kreits ein wenig stilisiert, wenn
führte, in dieser Novelle, an der der Arzt fast mehr Anteil hat
Das war Artur Schnitzlers Tat, und es war eine, bei der
Große und Vergangene, eher
als der Dichter, vorübergehend ins Allgemeine Kranken¬
er nicht mehr gemeinschaftlich mit den anderen in breiter
egenwärtige. Mit Recht zwar
haus des Naturalismus eintrat, doch nur, um zu erkennen,
Front vorging, sondern allein, auf eigene Faust, als
vorgeworfen, daß sie, ebenso
daß er dort nichts zu suchen hatte. „Sterben“ ist ja ungleich
Eclaireur des neuen deutschen Theaters, dem auf dem von
m so sichtlich bevorzugte Vor¬
wahrer, ungleich „naturalistischer“ als die aus Dichter¬
ihm eroberten Gebiet des Gesellschaftsstückes die anderen
hen Wiener Typus verewigte,
schäumen aufgebaute Anatol=Welt, und wahrscheinlich wirkt
erst in einem gewissen Abstande nachfolgten. Dabei darf
nicht gab. Der Wiener Haus= die Erzählung eben darum heute um so viel gekünstelter und man fralich mit dem Begriffe „Gesellschaftsdichter“ nicht