—
box 39/3
6oth Birthday
Brucken, „.
Gräben, die, von Schuf uverw. chert, langsam in Schlick und
Sumpf ersaufen.
I vier Jahren fuhr ich die gleiche Stre#
*
denjenigen einer Gesellschaft verbinden, die sich nur so nennt
Schriftsteller= und Dichtergeschlecht abfärbte. „Wenn wir worin eine wehmütige Ironie steckt
und keine ist; und man darf auch nicht einmal an die ver¬
nichts anderes sind, sind wir ein Beispiel“, lautet ein feines,
Oesterreich, das es, im Inland, nicht i
hältnismäßig oberflächliche und verspielte Lustsyielwelt
nachdenklich schönes Wort Schnitzlers, und das war Schnitzler
Was haben wir von Schnitzler no
Bauernfelds denken, von dessen flinker Dialogführung
auch noch in den Pausen seiner Produktion. Ein großer
Frage, der man sonst in höheren Seme
Schnitzler immerhin einiges gelernt hat. Das Unter¬
Schriftsteller — und eigentlich der erste, den Oesterreich in
weicht, darf an Schnitzlers sechzigste
scheidende liegt im Ernst der geistigen Auffassung, die den
die Welt schickte, denn wir hatten vor ihm große Dichter,
gestellt werden und wird ihn eben
Humor keineswegs immer auszuschließen braucht. Auch
aber kaum einen großen Schriftsteller, der weit über die
Anhänger in Verlegenheit bringen. 2
Schnitzler kann als Dichter wie als Mensch zuweilen sehr
Grenzen seiner Heimat hinaus gekannt und gelesen wurde —
erwartete man von ihm unter anderm
amüsant sein — man denke an seine hinreißend heiteren
ein großer Schriftsteller ist Schnitzler sich in jedem
geben hat, auch „das“ Lustspiel. Nun
Einakter „Komtesse Mizzi“ und „Literatur“ —
aber er
Augenolick seines Lebens der Verpflichtungen bewußt ge¬
abgelaufenen Jahrzehnt zwei Lustspiele
wird niemals zum Amüseur; er dichtete aus der Gesell¬
blieben, die eine solche Sendung auferlegt, und hat sie in der
busch" und „Die Schwestern“ geschrieb
schaft, nie für die Gesellschaft. Das macht, er hat nicht nur
gewissenhaftesten Weise erfüllt. Menschliche Eigenschaften
spiel war keines von beiden. Wird er e
als junger Mensch die Kunst der französischen Gesellschafts¬
untermalen hier das Bild des Dichters, das aus jenen erst
Die auch im Theater höchst unbehaglich
problematiker in sich nachhallen lassen, sondern er ist auch
ersteht; der hervortretendste Zug seiner Persönlichkeit ist eine
spiel recht wenig günstig, und der Ar
in reiferen Jahren bei Ibsen in die Schule gegangen, dessen
gewisse Würde, die sich nie verleugnet, obwohl sie sich nie
sie schreit, ist Schnitzler nicht. Anders
unerbittliche Art „Gerichtstag zu halten über das eigene
betont, ja sich sogar verheimlicht — Schnitzler gibt sich nicht
der Komödie und Tragikomödie, in de
Ich“ ihn in einer gleichgerichteten Veranlagung bestärkte.
bescheiden, er ist es — und die aus der Lauterkeit seines
wie vor das Schönste erwarten könne
Zumal mit den Jahren tritt dann dieser Einfluß, dessen Ein¬
Charakters fließt. Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte
er den Anatol noch einmal ins Große
wirkung wir erst den reifen Schnitzler zu danken haben,
sind nicht nur die Grundelemente seines Wesens, sie sind so
hinaus, zum Don Juan — ein Don
immer deutlicher hervor. Es genügt, an Titel anzuklingen
uns der Dichter der „Liebelei" und d
tief in ihm verankert, daß sie auch der leidenschaftlichste
wie „Der einsame Weg“ und „Professor Bernhardi“, den
noch schuldig. Die stärksten Hoffnung
Schaffenstrieb und das natürliche Bedürfnis, zu gelten, das
man einen österreichischen „Volksfeind“ nennen könnte.
jedem Künstler eigen ist, nicht von der Stelle zu bewegen
an seine Prosa, die in seiner letzten E
vermag. Uninteressiertheit, die Goldprobe der Charaktere,
Freilich, er ist ein österreichischer; die ethische Schroffheit
Heimkehr“ einen hohen Grad von Vo
Ibsens und die letzte Härte fehlen. Trotzdem ist die geistige
Wie verhältnismäßig dürftig klingt da
zeichnet Schnitzler in höchstem Maße aus, nicht nur als
Aehnlichkeit gerade in den genannten Stücken unverkenn¬
Mensch, was selbstverständlich, sondern auch als Dichter, was
wissenschaftliche Bericht im „Sterben“.
bar. Schnitzler ist in ihnen wirklich so etwas wie ein
leider durchaus nicht selbstverständlich ist. Er ist kein ich¬
Wohllaut in seiner Sprache und wen
Ibsen in Moll.
süchtiger Tenor der Literatur, der Schmerzen leidet, wenn ein
Meisternovellen zu erzählen anhebt, so
Will man ermessen, was Artur Schnitzler, auf diesem
Art, wie Meister Rosé mit kräftigem
anderer singt; kein Imperialist des Talents, der nur sich
Wege vorschreitend, in fünfundzwanzig Jahren dem Wiener
aus seiner Geige herausspielt. Dem
selber kennt; kein Kunstpolitiker und Botsthafter des eigenen
Theater geschenkt, dem deutschen gegeben hat, so muß man
möchte man denn auch an seinem
Ruhmes. Er ist ein redlicher Arbeiter und ein aufrechter
sich ihn nur ein paar Augenblicke lang aus den Spielplänen
einen besonderen Kredit einräumen, auf
Mann. All das anerkennt sogar die jüngste Jugend, die im
dieses letzten Vierteljahrhunderts wegdenken, was man über¬
Vorbild geläuterte Sprachkunst allen
übrigen, auf ihre „Unbedingtheit“ pochend und alle gesell¬
haupt zuweilen bei großen Schriftstellern an der Stätte ihres
er hat ja, wie die anderen Naturaliste
schaftlichen Bindungen verschmähend, Schnitzler gänzlich
hauptsächlichsten Wirkens tun sollte. Tut man es bei
Atheisten von 1890, bei dem großen H
überwunden zu haben glaubt. Der Dichter mag sich darüber
Schnitzler in bezug auf das Theater, so wäre dieses nicht
gelernt, dessen Genius den Erzähle
trösten, indem er an seinem sechzigsten Geburtstag etwa die
entscheidend befruchtet haben mag wie I
nur um zwei Dutzend zum Teil glänzender und immer geistig
japanische Buchausgabe der „Liebelei“ zur Hand nimmt, die
Goethe und Ibsen, das klingt fast ver
anregender Theaterstücke von der besten Art, die auch den
spanische Uebersetzung seiner Novellen durchblättert, oder sich
viel Geist besitzt wie Artur Schnitzler,
Schauspieler, indem sie ihm künstlerische Aufgaben stellen,
über die letzten amerikanischen Aufführungen seiner be¬
anregen, ärmer, sondern auch, was kaum geringer ins Ge¬
es ein Verbundensein im Geistigen gibt,
liebtesten Stücke Bericht erstatten läßt. Gerade in den letzten
so wenig wie mit Verbindlichkeit zu t
wicht fällt, um den bildenden Einfluß, der von Schnitzlers
Jahren ist ja der aus so feinen nationalen Voraussetzungen
dramatischem Wirken ausging und vielfach auf ein jüngeres
Gediehene völlig international geworden und vertritt jetzt —
Raoul
box 39/3
6oth Birthday
Brucken, „.
Gräben, die, von Schuf uverw. chert, langsam in Schlick und
Sumpf ersaufen.
I vier Jahren fuhr ich die gleiche Stre#
*
denjenigen einer Gesellschaft verbinden, die sich nur so nennt
Schriftsteller= und Dichtergeschlecht abfärbte. „Wenn wir worin eine wehmütige Ironie steckt
und keine ist; und man darf auch nicht einmal an die ver¬
nichts anderes sind, sind wir ein Beispiel“, lautet ein feines,
Oesterreich, das es, im Inland, nicht i
hältnismäßig oberflächliche und verspielte Lustsyielwelt
nachdenklich schönes Wort Schnitzlers, und das war Schnitzler
Was haben wir von Schnitzler no
Bauernfelds denken, von dessen flinker Dialogführung
auch noch in den Pausen seiner Produktion. Ein großer
Frage, der man sonst in höheren Seme
Schnitzler immerhin einiges gelernt hat. Das Unter¬
Schriftsteller — und eigentlich der erste, den Oesterreich in
weicht, darf an Schnitzlers sechzigste
scheidende liegt im Ernst der geistigen Auffassung, die den
die Welt schickte, denn wir hatten vor ihm große Dichter,
gestellt werden und wird ihn eben
Humor keineswegs immer auszuschließen braucht. Auch
aber kaum einen großen Schriftsteller, der weit über die
Anhänger in Verlegenheit bringen. 2
Schnitzler kann als Dichter wie als Mensch zuweilen sehr
Grenzen seiner Heimat hinaus gekannt und gelesen wurde —
erwartete man von ihm unter anderm
amüsant sein — man denke an seine hinreißend heiteren
ein großer Schriftsteller ist Schnitzler sich in jedem
geben hat, auch „das“ Lustspiel. Nun
Einakter „Komtesse Mizzi“ und „Literatur“ —
aber er
Augenolick seines Lebens der Verpflichtungen bewußt ge¬
abgelaufenen Jahrzehnt zwei Lustspiele
wird niemals zum Amüseur; er dichtete aus der Gesell¬
blieben, die eine solche Sendung auferlegt, und hat sie in der
busch" und „Die Schwestern“ geschrieb
schaft, nie für die Gesellschaft. Das macht, er hat nicht nur
gewissenhaftesten Weise erfüllt. Menschliche Eigenschaften
spiel war keines von beiden. Wird er e
als junger Mensch die Kunst der französischen Gesellschafts¬
untermalen hier das Bild des Dichters, das aus jenen erst
Die auch im Theater höchst unbehaglich
problematiker in sich nachhallen lassen, sondern er ist auch
ersteht; der hervortretendste Zug seiner Persönlichkeit ist eine
spiel recht wenig günstig, und der Ar
in reiferen Jahren bei Ibsen in die Schule gegangen, dessen
gewisse Würde, die sich nie verleugnet, obwohl sie sich nie
sie schreit, ist Schnitzler nicht. Anders
unerbittliche Art „Gerichtstag zu halten über das eigene
betont, ja sich sogar verheimlicht — Schnitzler gibt sich nicht
der Komödie und Tragikomödie, in de
Ich“ ihn in einer gleichgerichteten Veranlagung bestärkte.
bescheiden, er ist es — und die aus der Lauterkeit seines
wie vor das Schönste erwarten könne
Zumal mit den Jahren tritt dann dieser Einfluß, dessen Ein¬
Charakters fließt. Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte
er den Anatol noch einmal ins Große
wirkung wir erst den reifen Schnitzler zu danken haben,
sind nicht nur die Grundelemente seines Wesens, sie sind so
hinaus, zum Don Juan — ein Don
immer deutlicher hervor. Es genügt, an Titel anzuklingen
uns der Dichter der „Liebelei" und d
tief in ihm verankert, daß sie auch der leidenschaftlichste
wie „Der einsame Weg“ und „Professor Bernhardi“, den
noch schuldig. Die stärksten Hoffnung
Schaffenstrieb und das natürliche Bedürfnis, zu gelten, das
man einen österreichischen „Volksfeind“ nennen könnte.
jedem Künstler eigen ist, nicht von der Stelle zu bewegen
an seine Prosa, die in seiner letzten E
vermag. Uninteressiertheit, die Goldprobe der Charaktere,
Freilich, er ist ein österreichischer; die ethische Schroffheit
Heimkehr“ einen hohen Grad von Vo
Ibsens und die letzte Härte fehlen. Trotzdem ist die geistige
Wie verhältnismäßig dürftig klingt da
zeichnet Schnitzler in höchstem Maße aus, nicht nur als
Aehnlichkeit gerade in den genannten Stücken unverkenn¬
Mensch, was selbstverständlich, sondern auch als Dichter, was
wissenschaftliche Bericht im „Sterben“.
bar. Schnitzler ist in ihnen wirklich so etwas wie ein
leider durchaus nicht selbstverständlich ist. Er ist kein ich¬
Wohllaut in seiner Sprache und wen
Ibsen in Moll.
süchtiger Tenor der Literatur, der Schmerzen leidet, wenn ein
Meisternovellen zu erzählen anhebt, so
Will man ermessen, was Artur Schnitzler, auf diesem
Art, wie Meister Rosé mit kräftigem
anderer singt; kein Imperialist des Talents, der nur sich
Wege vorschreitend, in fünfundzwanzig Jahren dem Wiener
aus seiner Geige herausspielt. Dem
selber kennt; kein Kunstpolitiker und Botsthafter des eigenen
Theater geschenkt, dem deutschen gegeben hat, so muß man
möchte man denn auch an seinem
Ruhmes. Er ist ein redlicher Arbeiter und ein aufrechter
sich ihn nur ein paar Augenblicke lang aus den Spielplänen
einen besonderen Kredit einräumen, auf
Mann. All das anerkennt sogar die jüngste Jugend, die im
dieses letzten Vierteljahrhunderts wegdenken, was man über¬
Vorbild geläuterte Sprachkunst allen
übrigen, auf ihre „Unbedingtheit“ pochend und alle gesell¬
haupt zuweilen bei großen Schriftstellern an der Stätte ihres
er hat ja, wie die anderen Naturaliste
schaftlichen Bindungen verschmähend, Schnitzler gänzlich
hauptsächlichsten Wirkens tun sollte. Tut man es bei
Atheisten von 1890, bei dem großen H
überwunden zu haben glaubt. Der Dichter mag sich darüber
Schnitzler in bezug auf das Theater, so wäre dieses nicht
gelernt, dessen Genius den Erzähle
trösten, indem er an seinem sechzigsten Geburtstag etwa die
entscheidend befruchtet haben mag wie I
nur um zwei Dutzend zum Teil glänzender und immer geistig
japanische Buchausgabe der „Liebelei“ zur Hand nimmt, die
Goethe und Ibsen, das klingt fast ver
anregender Theaterstücke von der besten Art, die auch den
spanische Uebersetzung seiner Novellen durchblättert, oder sich
viel Geist besitzt wie Artur Schnitzler,
Schauspieler, indem sie ihm künstlerische Aufgaben stellen,
über die letzten amerikanischen Aufführungen seiner be¬
anregen, ärmer, sondern auch, was kaum geringer ins Ge¬
es ein Verbundensein im Geistigen gibt,
liebtesten Stücke Bericht erstatten läßt. Gerade in den letzten
so wenig wie mit Verbindlichkeit zu t
wicht fällt, um den bildenden Einfluß, der von Schnitzlers
Jahren ist ja der aus so feinen nationalen Voraussetzungen
dramatischem Wirken ausging und vielfach auf ein jüngeres
Gediehene völlig international geworden und vertritt jetzt —
Raoul