VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 67


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6oth Birthday
langsam in Schlick und
vier Jahren fuhr ich die gleiche Strecke. Dum
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Schriftsteller= und Dichtergeschlecht abfärbte. „Wenn wir worin eine wehmütige Ironie steckt — im Ausland ein
en, die sich nur so nennt
Oesterreich, das es, im Inland, nicht mehr gibt.
nichts anderes sind, sind wir ein Beispiel“, lautet ein feines,
nicht einmal an die ver¬
Was haben wir von Schnitzler noch zu erwarten? Die
nachdenklich schönes Wort Schnitzlers, und das war Schnitzler
verspielte Lustsyielwelt
Frage, der man sonst in höheren Semestern beklommen aus¬
auch noch in den Pausen seiner Produktion. Ein großer
flinker Dialogführung
weicht, darf an Schnitzlers sechzigstem Geburtstag frei
Schriftsteller — und eigentlich der erste, den Oesterreich in
rnt hat. Das Unter¬
gestellt werden und wird ihn ebenso wenig wie seine
die Welt schickte, denn wir hatten vor ihm große Dichter,
gen Auffassung, die den
Anhänger in Verlegenheit bringen. An seinem fünfzigsten
aber kaum einen großen Schriftsteller, der weit über die
schließen braucht. Auch
erwartete man von ihm unter anderm, was er seither ge¬
Grenzen seiner Heimat hinaus gekannt und gelesen wurde —
s Mensch zuweilen sehr
geben hat, auch „das" Lustspiel. Nun, Schnitzler hat im
ein großer Schriftsteller ist Schnitzler sich in jedem
seine hinreißend heiteren
abgelaufenen Jahrzehnt zwei Lustspiele: „Fink und Flieder¬
Augenblick seines Lebens der Verpflichtungen bewußt ge¬
Literatur“ — aber er
busch" und „Die Schwestern“ geschrieben, aber „das Lust¬
blieben, die eine solche Sendung auferlegt, und hat sie in der
dichtete aus der Gesell¬
spiel war keines von beiden. Wird er es in Zukunft geben?
gewissenhaftesten Weise erfüllt. Menschliche Eigenschaften
macht, er hat nicht nur
Die auch im Theater höchst unbehagliche Zeit ist dem Lust¬
untermalen hier das Bild des Dichters, das aus jenen erst
französischen Gesellschafts¬
spiel recht wenig günstig, und der Aristophanes, nach dem
ersteht; der hervortretendste Zug seiner Persönlichkeit ist eine
ssen, sondern er ist auch
sie schreit, ist Schnitzler nicht. Anders steht es mit der Form
gewisse Würde, die sich nie verleugnet, obwohl sie sich nie
Schule gegangen, dessen
der Komödie und Tragikomödie, in der wir von ihm nach
vetont, ja sich sogar verheimlicht — Schnitzler gibt sich nicht
halten über das eigene
wie vor das Schönste erwarten können. Vielleicht stilisiert
bescheiden, er ist es — und die aus der Lauterkeit seines
Veranlagung bestärkte,
er den Anatol noch einmal ins Große, über den Casanova
Charakters fließt. Gerechtigkeit, Wahrhaftigkeit und Güte
ieser Einfluß, dessen Ein¬
hinaus, zum Don Juan — ein Don Juan=Stück, das ist
sind nicht nur die Grundelemente seines Wesens, sie sind so
nitzler zu danken haben,
uns der Dichter der „Liebelei“ und des „Weiten Landes“
tief in ihm verankert, daß sie auch der leidenschaftlichste
gt, an Titel anzuklingen
noch schuldig. Die stärksten Hoffnungen aber knüpfen sich
Schaffenstrieb und das natürliche Bedürfnis, zu gelten, das
rofessor Bernhardi“, den
an seine Prosa, die in seiner letzten Erzählung „Casanovas
jedem Künstler eigen ist, nicht von der Stelle zu bewegen
sfeind“ nennen könnte.
Heimkehr“ einen hohen Grad von Vollendung erreicht hat.
vermag. Uninteressiertheit, die Goldprobe der Charaktere,
die ethische Schroffheit
Wie verhältnismäßig dürftig klingt daneben der noch halb
zeichnet Schnitzler in höchstem Maße aus, nicht nur als
Trotzdem ist die geistige
wissenschaftliche Bericht im „Sterben“. Jetzt ist ein starker
Mensch, was selbstverständlich, sondet auch als Dichter, was
nten Stücken unverkenn¬
Wohllaut in seiner Sprache und wenn er in einer seiner
leider durchaus nicht selbstverständlich ist. Er ist kein ich¬
klich so etwas wie ein
Meisternovellen zu erzählen anhebt, so denkt man an die
süchtiger Tenor der Literatur, der Schmerzen leidet, wenn ein
Art, wie Meister Rosé mit kräftigem Strich goldklare Töne
anderer singt; kein Imperialist des Talents, der nur sich
kur Schnitzler, auf diesem
aus seiner Geige herausspielt. Dem Erzähler Schnitzler
selber kennt; kein Kunstpolitiker und Botschafter des eigenen
inzig Jahren dem Wiener
möchte man denn auch an seinem sechzigsten Geburtstag
Ruhmes. Er ist ein redlicher Arbeiter und ein aufrechter
gegeben hat, so muß man
einen besonderen Kredit einräumen, auf den seine an Goethes
Mann. All das anerkennt sogar die jüngste Jugend, die im
flang aus den Spielplänen
Vorbild geläuterte Sprachkunst allen Anspruch hat. Auch
übrigen, auf ihre „Unbedingtheit“ pochend und alle gesell¬
begdenken, was man über¬
er hat ja, wie die anderen Naturalisten, Materialisten und
schaftlichen Bindungen verschmähend, Schnitzler gänzlich
kellern an der Stätte ihres
Atheisten von 1890, bei dem großen Heiden schließlich beten
überwunden zu haben glaubt. Der Dichter mag sich darüber
ollte. Tut man es bei
gelernt, dessen Genius den Erzähler Schnitzler ebenso
trösten, indem er an seinem sechzigsten Geburtstag etwa die
kter, so wäre dieses nicht
entscheidend befruchtet haben mag wie Ibsen den Dramatiker.
japanische Buchausgabe der „Liebelei“ zur Hand nimmt, die
nzender und immer geistig
Goethe und Ibsen, das klingt fast vermessen. Aber wer so
spanische Uebersetzung seiner Novellen durchblättert, oder sich
besten Art, die auch den
viel Geist besitzt wie Artur Schnitzler, der weiß auch, daß
über die letzten amerikanischen Aufführungen seiner be¬
stlerische Aufgaben stellen,
es ein Verbundensein im Geistigen gibt, das mit Verbindung
liebtesten Stücke Bericht erstatten läßt. Gerade in den letzten
s kaum geringer ins Ge¬
so wenig wie mit Verbindlichkeit zu tun hat.
Jahren ist ja der aus so feinen nationalen Voraussetzungen
fifluß, der von Schnitzlers
Ruoul Auernheimer. 1
vielfach auf ein jüngeres Gediehene völlig international geworden und vertritt jetzt —