VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 199

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box 39/3
6oth Birthday
über berm
Akttegegen
europäischen Konferenz, beide im Haag.
Eigene Draytmelbung
jeder umstürzle „en Propag.
Wenn man nun nach dem Ergebnis der Ge¬
enthalten.
Berlin, 15. Mai
nueser Konferenz vom deutschen Standpunkt
Die Verpflichtung, sich aller aggressiven Hand¬
fragt, so scheint uns dreierlei als der teils un¬
Bei den Pariser Besprechungen des Reichs¬
lungen zu enthalten, wird auf der Grundlage
mittelbare, teils mittelbare Ertrag vorläufig
finanzministers Dr. Hermes wird eine
der Beobachtung des gegenwärtigen
festzustehen. Das eine ist der öfter erwähnte Be¬
Im groß
stalusquo beruhen. Sie wird in Kraft blei¬
deutsche Denkschrift eine Rolle spielen, die den
schluß der Finanzkommission, der den Grundsatz
mit dem Au
ben bis die unerledigten Grenzfragen
Etat erläutert und nachweist, daß der Etat sehr
aufstellt, daß valutaschwache Länder unter ge¬
frieden.
in Europa geregelt sind oder aber für eine be¬
vorsichtig aufgestellt ist und daß voraussichtlich
wissen Voraussetzungen auswärtige An¬
in Erfüllun
aus verschiedenen Punkten erhöhte Einnahmen
stimmte Periode. Die Verpflichtung sich
leihen erhalten sollen. Das zweite ist die
den Krieg g
aus den bestehenden Etatposten erwartet wer¬
der Propaganda zu enthalten, wird alle unter¬
Konferenz der Zentralnotenbanken, die über die
Eindruck unch
den dürfen. Bei der Fortführung der Bespre¬
zeichnenden Regierungen binden, sich von jeg¬
Stabilisierung der Valuta beraten soll,
doch zu kei
inneren
chungen werden vermutlich noch weitere Denk¬
licher Einmischung in die
das dritte ist der Rapallovertrag.
Frankreich
schriften überreicht werden, die in Paris selbst
Angelegenheiten anderer Staaten zu ent¬
Ueber den Vertrag von Rapallo haben sich
dieser Tage
halten, ebenso davon, durch finanzielle oder an¬
an Hand der bei den Verhandlungen austau¬
Es
die Meinungen doch allmählich geklärt.
in Frankreil
dere Mittel politische Organisationen, die in den
chenden Fragen ausgearbeitet werden sollen.
wird niemand angenommen haben, daß die wirt¬
sprochen,
anderen Ländern tätig sind, zu unterstützen und
schaftlichen Wirkungen dieses Vertrages von
verfehlt hal
in ihrem eigenen Gebicte Versuche, die darauf
heute auf morgen zu erkennen sein werden; die
Genuazwisch
hinzielen, Gewalttätigkeiten auf andere Staaten
Reichsfinanzminister Dr. Hermes wird
deutsche Abordnung, wie auch die Kreise der
Unheilba
hervorzurufen, und Versuche, den territorialen
heute Montag nachmittag in Paris die erste
deutschen Industrie, die den Vertrag größten¬
und wei
oder politischen status quo in den anderen Län¬
Besprechung mit dem Vorsitzenden der Repara¬
teils mit Genugtuung begrüßt haben, werden
Poinzar
dern zu zerstören, zu unterdrücken.
tionskommission, dem Franzosen Dubois, haben.
sich von Anfang an darüber klar gewesen sein,
rend der
An amtlicher Stelle wird die Nachricht entschie¬
daß es sich hier um eine Anknüpfung auf lange
Gennaldie
den bestritten, daß Dr Hermes in Paris habe
Sicht handelt. Auf der anderen Seite sieht man
Meh
Die Schlußsätze der Protestnote Tschi¬
durchblicken lassen, daß er Deutschland für 30
immer klarer, namentlich auch an der Hand des
Seine Stell
tscherins (vgl. Nr. 205 unsexer Zeitung)
Milliarden neue Steuern auferlegen wolle um
weiteren Verlaufs der Dinge welche Ge¬
ferenzvon
gegen den Versuch, Rußland bei den Haager
den Forderungen der Reparationskommission
fahren Deutschland durch den raschen Abschluß
Besprechungen eine nur bedingte Teilnahme zu¬
nachzukommen und einer Finanzkontrolle
des Vextrages beseitigt hat, da die Entente,
mögen die
zugestehen, lautenswörtlich:
wenneste ungestört geblieben wäre, in aller Ge= Deutschlands zu entgehen.
M
Beruf her Verirrtheit des Herzens, des Gedan=
Arthur Schnitzler ist, was sich hieraus ergibt,
kens Blässe und die Schwäche der Sentiments Gärt
ein dichterisch verankerter und gefestigter Lite¬
Arthur Schnitzler
vor dem Leben — dies alles ist in vielen seiner
rat. Er stand zugleich im Volk, dessen Seele in
Rolle
Stücke zu zarten, zerschleierten Bildern gestaltet
ihm war, und in der Literatur, mit deren Ner¬
Witw
Zu seinem sechzigsten Geburtstag
und seelenärztlich erklärt, analysiert und ... be¬
ven auch die seinen schwangen. Dabei floß aus
lächelt. Schon die Titel deuten auf derlei: Der ner Pu
Arthur Schnitzler ist ein ganz österreichi¬
ihm als sein eigenstes Erbe und sein persönlich¬
einsame Weg, Der Ruf des Lebens, Das weite vollen
scher Dichter und ein ganz österreichischer Mensch
ster Besitz die lyrische Stimmung in sein Werk.
Klan
Land. Fühlt man nicht schon aus diesen Titeln,
— eine Figur also zugleich der Dichtung und des
Sein zarter, musikalischer Lyrismus eben hat ihn
untri
wie zwischen den Menschen die Verzweiflung
Lebens des Landes, somit ein Repräsentant sei¬
davor bewahrt, daß er dem Literatentum ver¬
Anhäng
spielt, und eine Ahnung vom Ende? Der ein¬
ner Kultur in ihrem ganzen Umfang. Das
fiel, und er hat ihn immer die Nähe des Volkes,
schon a
same Weg endigte im Sumpf, der Ruf des Le¬
Weiche, Zarte, Lässige, Melancholische, Bittere,
des österreichischen und Wiener Volkes, dem
Male b
bees erstickte und das weite Land wurde Wüste.
Resignierte — jene Mischung der gelockerten und
Lyrik und Musik ins Blut gemischt ist wünschen
beifallsfr
Dies ist mehr als eine Spielerei mit Worten.
allzu gelockerten deutschen Art macht Schnitzlers
lassen. So entstand sein bedeutendstes Bühnen¬
bi
Denn wenn anders Schnitzler ein Dichter von
menschliche und dichterische Art aus. Ernsteste
werk „Liebelei“, diese kleine köstlich bittere Tra¬
einen
Wesentlichkeit ist, so kündigt sich durch ihn Vol¬
Lebensprobleme senken sich ihm gleichsam durch
gödie eines einfachen und einsamen Mädchens.
kes Schicksal und der Ablauf zivilisatorischer
So auch entstanden die viel berufenen Dialoge
ihre eigene Schwere tief ins Volkstümlicht ein,
Gät
Gänge an. Er ahnte Gräber, Verfall und Not¬
wandern aber auch durch ihre Entschwerung ins
des „Reigen“, denen es leider nicht erspart blieb,
von
wendigkeit zu neuem Anfang ...
Literatenhafte ab. Ihre Formung wächst des¬
den Dichter auf der Bühne, für die sie nicht ge¬
gleichen aus primitiven Wurzeln auf und ver¬
schrieben sind, zu kompromittieren. Und eben¬
M.
Die deutsche Bühne hat nicht viele Dichter von
ästelt sich rasch in psychologischem Schnörkel= und
falls konnten nur aus seiner Volksnähe die Sze¬
ihr
der sprachlichen und seelischen Kultur Arthur
Arabeskenwerk. Die Hand des Dichters faßt die
nen des Anatol“ erwachsen, in denen er aus dem
Freih
Schnitzlers aufzuweisen und noch weniger solche,
Probleme leicht und sicher an, läßt sie aber nicht
allmenschlichen Untergrund der Erotik den üb¬
stir
die so bandwerklich ehrlich und ernst ihren Appa¬
minder leicht in eine pessimistische Dialektik ent¬
lichen Konversationston mit neuen Reizen er¬
gen
rat für legitime Wirkungen des Wortes zu
lina
füllte. Hier konnte die spielerische Art des Oester¬
gleiten. Je männlicher der jung berühmte
nützen verstanden. Schnitzler schenkte dem Thea¬
Erfolg
Schnitzler wurde, desto stärker setzt sich in ihm
reichers sich ganz ausleben, hier konnte sie mit
ter und seinem Publikum stille und besinnliche
das
das Literatentum mit seiner Skepsis durch, und
leichten Worten an schwere Probleme rühren
Stunden. Behutsam, wie er sein Pfund und
chesmal
je älter der männliche Schnitzler wurde, desto
und konnte ein möglichst unbelastetes Symbol
das Pfund der Bühne verwaltete ließ er seine
imme au
menschlicher, lyrischer und besonnener wurde sein
für vielfach belastetes und verkrümmtes Leben
Zartheit nie zur Mattigkeit heruntersinken und
repräsenta
Zweiflertum gegenüber allem Menschlichen.
finden. Sein Anatol schreitet wie ein Trost, aber
versuchte auch nie, sie mit künstlichen Mitteln
sicheren,
wie ein nicht ganz aufrichtiger Trost, durch die
athletenhaft aufzuplustern. Er war ein Mensch
Oesterreich bedeutet bei Schnitzler Wien, und
Geschma
Dichtung und durch das Leben an der Wende des
auf der Bühne und traktierte Menschliches. So#
Wien bedeutet ihm die Welt, in der er fast alles
der äußer
Jahrhunderts.
auf der Bühne, so in der Novelle! Sein Talent
ansiedelt, was ihn bewegt und erregt. Diese
stellung vo
Jener Zeit, die nun ach! so restlos verbraucht
war ihm wichtig genug, es sorglich zu pflegen,
sichere Umgrenzung des Bodens, den er als Dich¬
manche
ist, gehört Schnitzler an. Das Menschentum
und stark genug, um über aller Gepflegtheit die
ter ausschreitet, gibt seinen Werken einen lie¬
Hanna G
hatte sich damals hoffnungslos spezialisiert, und
Ursprünglichkeit und die Verbindung mit den
benswürdigen und wahrhaftigen Atem des Hei¬
kaum nöt
der einzelne Mensch, besonders der künstlerische,
Müttern nicht zu verlieren. Mag man diesen
matlichen und des höchst Persönlichen. Der
zsigen und
hatte sich über alle Natur erhoben. Die Kunst
nun sechzigjährigen Dichter lieben oder nicht, um
beachtete
Eindruck, daß er stets nur die nächsteigene Sache
adaptierte diesen Zustand und diese Zeitstimmung
ihn ist — trotz „Reigen“! — die reine Atmosphäre
und die Sache des Nachbarn oder Freundes be¬
Kapellmei
durch die Methode des Impressionismus. Es
eines Menschen von Gesinnung und Wollen,
ten Auffi
dichtet, hat von all seinen Werken von Anfang
war Zustand und Zeitstimmung des erhöhten und
durch die die deutsche Literatur des anhebenden
boten hat.
an den anderen Eindruck des nur Erdichteten
gewiß auch verfeinerten Literatentums, für das
Jahrhunderts an Reiz und Reichtum gewonnen
Roland 2
ferngehalten. Er suchte nie nach dichterischen
hs.
Schnitzler der bedeutendste und menschlich er¬
hat.
Haus Ho#
Problemen, sondern die Probleme suchten ihn.
schlossenste Zeuge und Gestalter wurde. Der
insbesond
und er zeigte sich ihnen im buchstäblichen Sinne
Künstler, der Virtnose und jeder zerbrechliche
dung ber
des Wortes gewachsen und geneigt. Seine Dich¬
Der Berliner Maler und Graphiker Klaus Rich¬
halb beseelte und halb schon entseelte Mensch
komischer
tungen wurden sein Leben und erwiesen dessen
Beherztheit, zunehmende Fülle und Tendenz nach wurde stebende Figur seiner Bühnendichtungen. #ter hat einen Ruf als Professor an die Kunstakademie
Humor.
menschlicher Abklärung.14— Vervöse Zzung. Beletung vom Milieu und in Königsberg erhalten
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