Schtipter Akrintert.
weit entfernt, wie der Wiener Zeitgenosse von
Man hätte dies noch schöner bei einer Auf¬
Strindberg und Weininger. Er wie jene sind
führung henraushören können, der die musi¬
Rokoko, sind Zeugen einer satten, dem Genuß
schen Züge mancher Szene stärker bewußt waren.
und dem Bewußtsein des Genusses raffiniert hin¬
Die Regie Altmanns sieht nur Psychologie, deren
gegebenen Kultur. Daher stammt die Wachheit
ironischen Charakter durch den Drang zum ja
in seinen Menschen. Aus dieser Ueberlegenheit
nur deutlichen Humor vergröbert wird. Unter¬
des Inteilekts heraus erscheinen als dramatische
malter Ernst wird zur Pointe herausgearbeitet,
Figuren immer wieder bei ihm Aerzte, Schau¬
Scherz mit gar nicht scherzhaften Dingen wird
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swieler. Schriftstelle.. Damit ist die Luft, die
zur Taktlosigkeit mißbraucht. Die Vorstellung
Atmosphäre der Schnitzlerschen Männerwelt ein
dauert dreieinhalb Stunden, während Jeßner für
für alle Male gegeben. Es sind Menschen, denen
Grabbes „Napoleon“ bloß knappe drei Stunden
das Wort leicht wird, die viel und gern von sich
aus sagen und deren gescheite Anmerkungen zu braucht. Immerhin sind die Triesch und die
Bertens Schauspielerinnen von Geblüt. Und
den verworrenen Beziehungen des Lebens fast
eiwas Berufliches haben. Und es ist klar, daß Korff weiß, wie Schnitzler von 14 Jahren ge¬
spielt wurde, ohne freilich zu ahnen, daß er heute
Arrt, Schauspieler und Schriftsteller die Erotik
(wozu auch Rotstiftarbeit nötig wäre) ganz
erleben oder erleiden, die sich in der Ehe immer
anders gespielt werden könnte: sachlich, ohne jede
mit dem Auf= oder Untertauchen eines oder einer
Koketterie, um ein straffes Zentrum von Wesen¬
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Dritten ergibt — klar, weil es das Treibende, das
heit herum.
Schöpferische der Schnitzlerwelt ist.
Daß man für Schnitzler auch von der neuen
Schein wird mit Sein vertauscht, verwechselt,
Theaterkunst etwas fordert, bezeugt den Respekt
menat sich, krallt sich ineinander, daß keiner mehr
von seinem Gesamtwerke. Es hält jenem Krite¬
am Ende erkennen kann, was Wahrheit ist. Dar¬
rium Stand, das nach der Echtheit des Schaf¬
aus wurde Schnitzlers schönste Bühnendichtung,
fens forscht, die auch in einem engeren oder
die vom „Grünen Kakadu“ geboren, die
leichteren Bezirk kostbar sein kann. Die schöpfe¬
seine ganze elegische, zwischenlichtartige Kunst in
nische Natur Schnitzlers hat mit solchen Werten
einem Akt zusammenpreßt. Es ist dieselbe iro¬
nische Freude am Spiel, die aus einer Stunde des nicht gegeizt. Der Sechzigjährige, dessen zufällige
Erkennens, da die nächsten Menschen sich ent=. Inwesenheit das Publikum mit zahlreichen Ova¬
schleiern, eine des ewigen Nichterkennens machte= Enen wahrnahm, sei mit ungezwungener Herz¬
E, F.
Wer wird geliebt, wer liebt, wo ist Heimat, B7 chkeit beglückwunscht.
stimmung, wö hort das Abenteuer auf und be¬
ginnt der Sinn des Lebens? Ein jeder spricht da¬
von, ein jeder hat ein Wort dafür und davon, die
Seele aber bleibt leer und blickt ins Leere und
geht ins Leere. Wie? Wird alles zur großen
Szene, unwahr verbogen und unwahrscheinlich
und ist dennoch im tiefsten, ganz verschütteten
Grunde wahrhafter Ausdruck eines Menschen
der einfach nicht anders kann? Sollte es das ge¬
ben, Lüge zugleich Wahrheit sein können, Armut
zugleich Reichtum? Und können Worte hin= und
hergehen. Worte, die die kostbare Fassung des
Herrn von Sala aus dem „Einsamen Weg“.
haben und die dennoch nichts bedeuten und zu¬
gleich alles bedeuten, die anders sein können, die
am Tatsächlichen sehr schnell vorüberflattern und
den Schein eines bedeutungslosen Friedens und
einer bedeutungslosen Würde geben, während¬
dessen sich Letztes entscheidet an den Worten vor¬
bei, ohne Worte: die Zusammengehörigkeit von
Menschen — die ewige Entfernung von Men¬
ir spielen immer, wer es weiß, ist
schen!
klug.“ Es it die Weisheit Schnitzlers, seine etwas
müde Erkenntnis, die in seinem ganzen Werk zu
finden ist.
Was er immer wieder zeigt, ist die faule wur¬
mige Welt kleinlicher, vager, verlogener und pen¬
delhafter Beziehungen. Vergebens fragen die
Dämmerseelen nach einem Menschen, nach einem
Weg ins Freie. Menschen sperren sich hier ab,
vergiften ihr Inneres jahrelang, um auf den
Augenblick zu warten, der den anderen erniedrigt.
der
empfangen Zuhälter
Innigstgeliebte
Schöpfung und zwischen Umarmung und Bett¬
wärme wird an das Alibi gedacht, der Betrug des
Betruges ausgeheckt. Minister treiben mit den
Völkern Spott als wie mit Larven auf einem
Fastnachtsball. Und das Volk selbst, die Wiener?
Sie ziehen an uns vorbei, immer spaßend oder
schimpfend, sich aus dem Krieg eine Hetz, aus der
Belagerung ein Schauspiel machend, immer neu¬
gierig, immer schaulustig, jetzt ganz traurig, weil
einer erschossen wird, den sie geschätzt und geehrt
haben und gleich darauf irgendwo hinlaufend, wo
es was Blitzendes zu sehen gibt. In sechs Wochen
Sommerfrische geht der Sinn eines Lebens zu
zweien kaput und kann im nächsten Augenblicke
wieder geleimt werden. Vor Sterbenden werden
noch letzte Masken aufgesetzt und auf dem Sem¬
mering, im Salzkammergut, flirtet eine Gesell¬
schaft sich von Duell zu Duell, vom Zweikampf der
Hähne zum Zweikampf der Waffen. Welche
Welt! Immer wird sie bei Schnitzler überwun¬
den — er begann schon: „Liebelei“ und sollte
Liebe heißen, Liebe sein. Statt dessen gebt alles
an Liebelei zugrunde. Immer hebt er sich da¬
von ab, sondert sich von dieser geilen Gefräßig¬
keit, der alles Freiwild ist: Menschentum, Kunst,
Natur, Liebe. Die verschmutzten Dinge einer
entgötterten Zeit werden in die Hand genommen,
melancholisch angeschaut, aber auch fallen gelassen.
Das ist es: immer wieder geschieht die Ueberwin¬
dung dieser Welt durch Worte, die einem etwas,
zagend unemischiedenen Gesühl entkommen, nic
aber durch die Tat, die auch Wort sein könnte,