VII, Verschiedenes 3, 65ster Geburtstag, Seite 2

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Berlin, den 11. Mai 1927:
Artur Schnitzler 65 Jahre alt.
Gedenkblatt zum 15. Mai
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Es ist ein tragisches Schicksal, dass auch die IJungen alt verden. Wür von der
älteren Generation sind imer noch gewöhnt, Schnitzler und seinen Kreis zu der 1jungen
Wiener Schule“ zu rechnen und sind heute doch recht erstaunt, zu hören, dass Schnitzler
65 Jahre alt geworden ist, also doch wirklich die erste Jugend abgestreift hatt
Die Wiener und unter ihnen besonders Sohnitzler bilden in der-Literatur eine ganz
besondere Klasse für sich. Mediziner von Beruf, wie schon sein Vater, wandte er sich früh¬
zeitig der Literatur zu. Es war die grosse Zeit der literarischen Revolution der 80er
und 90er Jahre, die Zeit des Ujüngsten Deutschland“, als Schnitzler in Vien zuerst von
Schlenther die Büihne nit seinen dramatischen Snenen Anatoln geöffnet wurde; zur selben
Zeit etwa wie Gerhare Hauptmann in Berlin durch Brahm entdeckt vurde
Man hat für den Kreis um Sehitzler um die Jahrhundertvende den Ausdruck pfin de
siecle“ geprägt und ihm damit das Schild einer gewissen Dekadence angehängt. Man hat
gerade Schnitzler viel gelästert vegen der unbektimerten, ja man möchte sagen naiven
Erotik seiner Schrift. Vas aber z.B., Vedekind mit beissender Satyre und Hohn heraus¬
sprudelt, das sagt Schnitzler mit einer solchen echt wienerischen Grazie und Liebens¬
würdigkeit, dass man keineswegs das Gefühl des Anstössigen hat, Ja selbst der vielge¬
schmähte VReigen“ , der allerdings fir die Hihne absolut ungeeignet ist, (Leider ist er
Ja eine Zeitlang in Deutschland aufgeführt worden und zuar meist von Leuten, die auf die
niederen Instinkte der Denschen rechnetenldieser Reigen ist mit soviel geistreichen Spott,
mit einer solchen echt vienerischen Leichtblütigkeit geschrieben, dass er trotz der ge¬
vagtesten Szenen beim Lesen keinesvegs verletzend wirkt. Eine Lektüre für Kinder ist er
allerdings nicht. — Als echter Mener schöpft Schnitzler nirgends wärklich-tief,
wo er Probleme stellt, gleitet er weist mit seiner glücklichen Phäakermatur darüber hin.
Das schvermitige Grübeln des Norddeutschen ist nicht sein Fal1.
Aber gerade darum lieben vir Schnitzler; denn er, der sich überall so völlig na¬
türlich gibt, ist doch imner noch ein VJunger“ geblieben trotz seiner 65 Jahre. M.P.
m. Scheimat Kempner +
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Mitten aus seinem unermidlichen Schaffen ist wieder einer unserer bedeutendsten
Virtschaft ler dahingegangen. Als Jurist und Anvalt begann er seine Tätigkeit und steilte
sein grosses Vissen und Können ausschliesslich in den Dienst von Handel und Industrie,
Er galt als eine der grössten Kapazitäten auf dem Gebicte des Akt enrechts, und niemand
verstand es so gut vie er , Generalversammlungen zu leiten.
Das Kalisyndikat verdankt ihm grössten Teils sein Bestehen und so manche Aktien¬
gesellschaft hat er in den Zeiten der schwersten Mirtschaftskrise durch seinen nie ver¬
sagenden Rat vor dem Zus amnenbruch bewahrt.
Gerade jetzt befand er sich auf der Rickreise aus den Vereinigten Straten, vo er
Studien über anerikanische Virtschaftsverhältnisse gemacht hatte, um diese Erfahrungen
unserer heimischen notleidenden Volkswirtschaft zu Nutze machen zu können.
Leider sollte es hierzu nicht mehr komen. Auf der Heinreisc erlag Geheinrat
Kempner im Hotel VEuropäischer Hof“ in Amsterdam cinem Herrschlag.
Sein Tod reisst eine grosse Lüicke in unser Virtschaffsleben, die mar scher zu
füllen sein vird