VII, Verschiedenes 3, 65ster Geburtstag, Seite 26

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Dr. Max Goldschmidt
Büro für Zeitungsausschnitte
BERLIN N 4
Teleion: Norden 305)
Ausschnitt aus:
Neueste Nachrichten, Braunschweig
6. M u. 1 1927
Das war das süße Mädel.
(Zu Arthur Schnihlers 65. Geburtstag.)
Der Refrain eines Schlagerliedes um 1360
summt noch einmal durch unsere Ohren; aus einer
Operette von Heinrich Reinhardt (auch aus Pre߬
burg, aber von anderer Linie), die eine neue, pein¬
liche Aera der Gattung einleitete. Ihr Titel „Das
süße Mädel“ hatte literarischen Ursprung. Artur
Schnitzlers Top, der lieben, leichtlebigen und selbst¬
losen Freundin seiner Wiener Junggesellen war
im letzten Dezennium hopulür geworden.
Zuerst ist diele in seinen Werken, besonders den
Dramen, oft wandelbare Ficur in der „Liebelei“
894 entstanden, 1895 aufgeführt).
erschienen
Schnitzlerhatte „Das Vorstadtmädel burgtheater¬
fählg“ wie Karl Kraus in seiner Satire der „be¬
molierten Literatur“ schon sagte. Josef Körner hat
in seinem Schnitzler=Buch (Amalthea=Verlag, Wien)
die Christine der „Liebelei“ durch die späteren
Bücher verfolgt, das sentimentale „füße Mädel“,
das Adolf Bartels der „Wiener Maitressenwirt¬
schaft“ zuzählt, in vielen Werken Schnitzlers!
vartiert wiedergefunden. Als Vorgängerinnen der
Ninette des „Märchen“ und die Marie im „Ster¬
ben“; als Nachfolgerinnen (neben den Dirnchen
und Dirnen des „Reigen*) Toni Weber im „Ver¬
mächtnis“ die Beatrice im „Schleier“ Katharing
und besonders Marie in „Ruf des Lebens“ Annn
Resnex und weniger Amy im „Weg ins Freis,
Elisabeth im „Jungen Medardus“, Katharina im
Doktor Gräsler“ aber auch Marie im „Neuen¬
Lied“ und Elise im „Mörder“. Den ersten Erfolg
hatte jebenfalls Christine aus der Galerie der
„kleinen, süßen, blonden Köpferl“ von denen es
im „Weg“ später hieß: „Solche Sachen dürfen nicht
länger dauern als ein Jahr.“
Deshalb ist es vielleicht von Interesse, den ersten
Einfall zum Schauspiel „Liebelei“ zu lesen, das ur¬
sprünglich als Volksstück in Bildern gedacht war.
Die Skizze wurde einmal faksimiliert (Schnitzler¬
Hest des Wiener „Merker“ 1. Mai 1912), aber der
schwer ieserliche Text nicht in Lettern entziffert:
„Das arme Mädel. Das sag' ich dir gleich: viel
kann ich mich nicht mit dir abgeben.... sagt er ihr
gleich im Ansagg. — Sie liebt ihn käthchenhaft, ab¬
er sirzt im Parkett; sie auf der Galerie
göttisch.
Beim Kommen sieht sie ihn mit jener schönch
Dame sprechen — mit der er ein Verhältnis hat.,
Er hat wegen jener auch ein Duell... Deu Abend
vorher bei dem „armen Mädchen“... Am nächsten
Tage wird er erschossen... Sie steht ferne, wie er
begraben wird; weiß nichts. Jetzt erst erfährt
nd
daß er — wegen einer andern gestorben -
wankt nach Hause... Er war ihr noch einmal ge¬
storben!“
Die Operetten=Popularität seiner Figur wurde
Schnitzler später peinlich (wie etwa der Schubert
des Dreimaderlhaus“ dem Autor des „Schwam¬
merl“). Deshalb ließ er 1905 die Liesl im „Puppen¬
spieler mit Selbstironte ihr Entreelted deklamieren:
„I hin halt no lebig,
Und in Wien spielt die G'schicht,
So heißen s' mich süßes Mädel,
Ob i süß bin oder nicht.“
Und mit Wehmut gedachte er 1919, nach dem
wirtschaftlichen Umsturz, jenes Typus, der sein Ge¬
schöpf war wie die Pariser Grisette Murgers, als
ihn Marcell Dunan („L'Autriche", Paris 1921,
Wien 1922) befragte, was aus diesen liebenswür¬
digen Töchtern seiner Phantaste geworden sei: „Di
einen sind verhungert die andern tragen Seiden¬
O. F.D.
stürmpfe.“
(Mit besonderer Genehmigung des Verlages
Ernst Rowoh't, Berlin, der „Litera ischen Wels
orden 3051
entnommen.)
Ausschnitt aus:
Berliner Tageblatt
C E.WafiEr

Arthur Schnitzler, der berühmte Wiener Dichter.
beging seinen 0s. Ceburtstag
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