VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 56

box 40/1
Bauernfeld-Preis
Interpellation. „Der unterzeichnete Abgeordnete
richtet im Anschluß an die Schnitzler=Affaire folgende
weitere Anfrage an Se. Excellenz den Minister für
Cultus und Unterricht:
In den Schulen wird dem jüdischen Literaten
Moses eine Bedeutung beigelegt, die vollkommen irrige
Vorstellungen über die Grundsätze und die Tüchtigkeit
der österreichischen Bevölkerung wachzurufen geeignet
ist. Die ganze schriftstellerische Leistung dieses orien¬
talischen Herrn beschränkt sich lediglich auf die Ab¬
fassung von nur fünf nicht einmal sehr umfangreichen
Büchern. Jeder österreichische Volksvertreter hat hun¬
derte von Gesetzesparagraphen gemacht, und da lehrt
man die Jugend, zehn Artikel wären eine bedeutende
legislative Leistung. Diese Hintansetzung des Ein¬
heimischen wird um so auffälliger, wenn man den In¬
halt dieser Mosesschriften bedenkt. Was beabsichtigt der
Herr Minister zu thun, um Sätze von der Art: „Du
sollst kein falsch Zeugniß reden wider deinen Nächsten“
aus dem Schulunterrichte zu beseitigen, die mit der
althergebrachten Auffassung des Nadererthums nicht in
Einklang zu bringen sind?
Neben diesem Vertreter semitischen Geistes machen
——.—
sich heidnische Literaten wie Cornelius Nepos, Homer,
Virgil und Cicero in unseren Schulen breit. Dadurch
wird im Auslande der Glaube erweckt, als sei Oester¬
reich ein unchristlicher Staat und habe den Processen
von der Art des Sokrates oder des Verres nichts Gleich¬
wertiges entgegenzusetzen. Man übersieht die Bedeu¬
tung, welche die Lectüre des weit umfangreicheren Pro¬
cesses Wolf=Schalk auf unsere Schuljugend hervor¬
zubringen imstande wäre. Den Schülern werden die
heidnischen Darstellungen des Livius von den römischen
Senatssitzungen in die Hand gegeben, während ihnen
die viel wichtigeren und frommen Berichte über den
Wiener Gemeinderat vorenthalten bleiben, und das
Studium des ungläubigen Redners Demosthenes soll
den Glauben erwecken, als besäßen wir Oesterreicher
nicht in dem heiligen Bielohlawek einen besseren
Sprecher, der nicht genötigt ist, erst Kieselsteine in den
Mund zu nehmen, wenn er einen Zwischenruf machen
will.
Neben den Jnden und den Heiden werden unsere
Kindern in den Seiner Excellenz unterstellten Schulen
mit Protestanten großgezogen. Ketzer, wie Shakespeare,
Goethe und Schiller, werden in verruchtester Weise zur
Lectüre empfohlen, während die ernste Muse eines
Lohola und Suarez, sowie die heitere des auf frommen
Kirchenbildern verewigten Boccaccio und des vom
Papst Julius III. mit dem Petrusorden ausgezeich¬
neten Aretino in keines unserer Classenzimmer ein¬
dringen.
Will der Minister Wandel schaffen und die staatliche
Bevorzugung unösterreichischer angeblicher Talente wie
Homer, Moses, Cicero, Shakespeare und Goethe end¬
giltig beseitigen? Was die können, kann der ergebenst
Unterzeichnete noch lange.
Dr. Pattai.“
(Für getreue Abschrift) BB.
e
8
4