VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 79

—.—
box 40/1
Bauernfeld-Preis
Eine Sitzung des Theater-Censur-Beirathes.
(Stenographische Aufnahme vom Original-Propheten des Kikeriki.)
Hervorbringungen dieser beiden Zierden der deutschen!
Zopf: Es scheint allerdings s#z
9
Personen:
selbst zufällig Kenntnis von dem Inhaft
ommen
Literatur werden doch über höhere Weisung ohne Censur
Eein hoher Verwaltungsbeamter, zugleich Prolog.
kann den Herrn Collegen versichern, daß in diesem St
zur Aufführung zugelassen!
mmel, ein hoher richterlicher Beamter.
mit Ausnahme der Lebensmittelverfälschung, so z
Schimmel: Ganz richtig! Laut Geheimerlaß der hohen
#ock, Dichter, Jude, Kritiker und literarischer Sach¬
alle im Strafgesetz verpönten Handlungen begangen werde
Statthalterei vom 10. April 1904, Zahl 27843, § 67,
verständiger.
Schimmel: Entsetzlich! Ablehnen! Unbedingt ablehne
alinea 3a.
Der Kisteriai als Prophet, Stenograph und Epilog.
Zopf: Was sagen Sie dazu, Herr Schmock?
Schmock: Nü, is mer auch recht! Alstern, woderüm
Sopf (tritt als Prolog auf):
Schmock: Nu, was soll jach sagen? Es hat às
handelt es sich?
Weh! Zu den vielen Amtsgeschäften,
gegeben, wo mer gehalten hat den Schiller for à groß
Jopf: Zunächst um Schnitzler's „Lebende Stunden“.
Die ich beschlafe nach besten Kräften,
Dichter. Dadrüber sennen wir aber schon lang hina
Schmock: Ae Meisterwerk! Haben S' de Herren ge¬
Kommt jetzo noch die Literatur,
seitdem die Jüden machen alleinig die National=Liter
lesen?
Allein der Herr Minister will es,
für die Daitschen. Und drüm sag jach mit gutem kritif#
Zopf und Schimmel: Nein!
Und der Beamte, der erfüll' es,
Gewissen: Lehnen mer's ab! Mer hoben genug ber
Schimmel: Aber wenn es der Herr Schmock sagt, der
Hat er davon auch keine Spur!
Stück' vün ünsere Leut'!
juristisch genommen als Sachverständiger im Sinne der
Doch horch! Ich höre ein Gebimmel,
Zopf: Also einstimmig abgelehnt! Ich beglückwün
analogen Bestimmung der Strafproceß=Ordnung ma߬
Schon nahen sich der Schmock, der Schimmel,
die Herren zu dem schönen und für die Erhaltung
gebendes Urtheil besitzt —
Bereitung braucht es nicht voran.
Staates Oesterreich so fruchtbaren Verlauf der heutige
Schmock: Hot der Schnitzler doch dafor bekümmen den
Beisammen sind wir! Fanget an!
Sitzung. Meine Herren —
Bauernfeld=Preis von der groißen Commission, in der
Meine Herren! Nachdem ich im Drange der Geschäfte
Schimmel: Bitte, wir haben die Hauptsache
auch gesessen ist der Herr Minister Hartelleben!
Fseit fünf Jahren, neun Monaten, drei Tagen keine Sitzung
gessen, nämlich das heutige Protokoll zu unterschreiben
Zopf und Schimmel: Der Herr Minister! Da müßte
einberufen habe, sind wir endlich heute in der Lage, wieder
man ja der reinste Anarchist — die Herren verzeihen das
Zopf: Sehr richtig! (Unterschreibt gleich den Uebrigen
einmal unserer ernsten Pflicht Genüge leisten zu können.
und empfiehlt sich.)
schreckliche Wort! — sein, eine gegentheilige Meinung zu
In der letzten Sitzung blieben 843 eingereichte Stücke vor¬
Schmock (ruft ihnen nach): Maseltoff, meine Herre
haben. Ich beantrage die Zulassung zur Aufführung!
läufig unerledigt, inzwischen sind noch 697 Stücke einge¬
(Vergnügt:) Jach hab's doch immer gesagt, der Erlaß vil
Schimmel: Angenommen!
Flängt, also zusammen 1540. Ich glaube im Einverständnis
Koerberleben is ä wohrer Segen for üns!
Schmock: Werd einstimmig angenün en!
mit den Herren zu handeln, wenn ich für heute zwei ältere
Kikeriki (als Epilog).
Zopf: Dann liegt noch ein Trauerspiel eines gewissen
Stücke zur Besprechu g vorschlage und die verbleibenden
Solch ein Erlaß, der weniges verspricht,
Schiller unter dem Titel: „Die Räuber“ vor.
1538 Stück für eine nächste Gelegenheit reservire.
Der hält, man sieht's, das Wenige auch nicht!
Schimmel (sehr mißtrauisch): Darin wird doch nicht
Schmock: Sennen de ßwei Stück vüm Leon oder vüm
Das Bess’re kommt auf Schlimmes nimmer,
einer zum Verbrechen des Raubes nach §§ 190 bis 195
Buchbinder?
Im Gegentheil, es wird nur immereschlimmer##
des Straf=Gesetzes angeeifert?
Zopf: Wie können Sie so fragen? Die herrlichen