VII, Verschiedenes 5, Bauernfeld Preis, Seite 80


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Bauernfeld-Preis
Eine Sitzung des Theater-Censur-Beirathes.
(Stenographische Aufnahme vom Original-Propheten des Kikeriki.)
Personen:
Hervorbringungen dieser beiden Zierden der deutschen
Zopf: Es scheint allerdings so zu sein! Ich habe
Verwaltungsbeamter, zugleich Prolog.
Literatur werden doch über höhere Weisung ohne Censur
selbst zufällig Kenntnis von dem Inhäft genommen und
her richterlicher Beamter.
zur Aufführung zugelassen!
kann den Herrn Collegen versichern, daß in diesem Stücke,
Jude, Kritiker und literarischer Sach¬
Schimmel: Ganz richtig! Laut Geheimerlaß der hohen
mit Ausnahme der Lebensmittelverfälschung, so ziemlich
Statthalterei vom 10. April 1904, Zahl 27843, § 67,
alle im Strafgesetz verpönten Handlungen begangen werden.
Prophet, Stenograph und Evilog.
alinea 3a.
Schimmel: Entsetzlich! Ablehnen! Unbedingt ablehnen!
8 Prolog auf):
Schmock: Nü, is mer auch recht! Alstern, woderüm
Zopf: Was sagen Sie dazu, Herr Schmock?
zu den vielen Amtsgeschäften,
handelt es sich?
Schmock: Nu, was soll jach sagen? Es hat à Zeit
beschlafe nach besten Kräßen,
Zopf: Zunächst um Schnitzler's „Lebende Stunden“.
gegeben, wo mer gehalten hat den Schiller for ä groißen
jetzo noch die Literatur,
Schmock: Ae Meisterwerk! Haben S' de Herren ge¬
Dichter. Dadrüber sennen wir aber schon lang hinaus,
der Herr Minister will es,
lesen?
seitdem die Jüden machen alleinig die National=Literatür
r Beamte, der erfüll' es,
Zopf und Schimmel: Nein!
für die Daitschen. Und drüm sag jach mit gutem kritischen
davon auch keine Spur!
Schimmel: Aber wenn es der Herr Schmock sagt, der
Gewissen: Lehnen mer's ab! Mer hoben genug bessere
orch! Ich höre ein Gebimmel,
juristisch genommen als Sichverständiger im Sinne der
Stück' vün ünsere Leut'!
hrahen sich der Schmock, der Schimmel,
analogen Bestimmung der Strafproceß=Ordnung ma߬
Zopf: Also einstimmig abgelehnt! Ich beglückwünsche
g braucht es nicht voran.
gebendes Urtheil besitzt —
die Herren zu dem schönen und für die Erhaltung des
nen sind wir! Fanget an!
Schmack: Hot der Schnitzler doch dafor bekümmen den
Staates Oesterreich so fruchtbaren Verlauf der heutigen
! Nachdem ich im Drange der Geschäfte
Bauernfeld=Preis von der groißen Commission, in der
Sitzung. Meine Herren —
neun Monaten, drei Tagen keine Sitzung
auch gesessen ist der Herr Minister Hartelleben!
Schimmel: Bitte, wir haben die Hauptsache ver¬
sind wir endlich heute in der Lage, wieder
Zopf und Schimmel: Der Herr Minister! Da müßte
gessen, nämlich das heutige Protokoll zu unterschreibent
nsten Pflicht Genüge leisten zu können.
man ja der reinste Anarchist — die Herren verzeihen das
Zopf: Sehr richtig! (Unterschreibt gleich den Uebrigen
ung blieben 843 eingereichte Stücke vor¬
schreckliche Wort! — sein, eine gegentheilige Meinung zu
und empfiehlt sich.)
inzwischen sind noch 697 Stücke einge¬
haben. Ich beantrage die Zulassung zur Aufführung!
Schmock (ruft ihnen nach): Maseltoff, meine Herren
hnien 1540. Ich glaube im Einverständnis
Schimmel: Angenommen!
(Vergnügt:) Jach hab's doch immer gesagt, der Erlaß vümi
handeln, wenn ich für heute zwei ältere
Schmock: Werd einstimmig angenümmen!
Koerberleben is ä wohrer Segen for üns!
hug vorschlage und die verbleibenden
Zopf: Dann liegt noch ein Trauerspiel eines gewissen
Kisleriai (als Epilog).
hie nächste Gelegenheit reservire.
Schiller unter dem Titel: „Die Räuber“ vor.
Solch ein Erlaß, der weniges verspricht,
nen de ßwei Stück vüm Leon oder vüm
Schimmel (sehr mißtrauisch): Darin wird doch nicht
Der hält, man sieht's, das Wenige auch nicht!
einer zum Verbrechen des Raubes nach §§ 190 bis 195
Das Bess're kommt auf Schlimmes nimmer,
können Sie so fragen? Die herrlichen
des Straf=Gesetzes angeeifert?
Im Gegentheil, es wird nur immer schlimmer!..