VII, Verschiedenes 6, Grillparzer Preis, Seite 25

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Wien, I., Concordiaplatz 4.

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hagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolis, New-Vork,
Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
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(Quellenangabe ohne Gewähr.)
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= Ausschnitt aus:
l. 1908
2
E vom: Neue Freie Presse, Wien
716. JRIGEFTNDEE

Die Verleihung des Grillparzer=Preises.
Wien, 15. Januar.
Wie wir im Abendblatte gemeldet haben, hat das
Kollegium, das über die Zuerkennung des Grillparzer¬
Preises zu entscheiden hat, heute seine Beratungen zu Ende
für die Komödie
geführt und den Preis Arthur S
Zwischenspiel“ zuerkanneDämiterhan wieder ein
Oesterreicher den Grillparzer=Preis, den seit seiner Stiftung
überhaupt bisher nur einmal, nämlich im Jahre 1887, ein
Inländer, Ludwig Anzengruber, davongetragen hat.
Das Preisgericht besteht gegenwärtig aus den Herren;
Hofrat Universitätsprofessor Dr. Minor, Hofrat Dr. Max
Schmidt in
Burckhard, Geheimer Rat Dr. Erich
Berlin, Direktor des Hofburgtheaters Dr. Paul Schlenther
und Schriftsteller Ludwig Hevesi.
Die Beratungen des Preisrichterkollegiums waren heuer
sehr langwierig und erforderten eine ganze Reihe von
Sitzungen, da sich die Juroren lange Zeit auf keines der in
Betracht kommenden 94 Stücken einigen konnten. Nach der Be¬
stimmung des Stisters ist der Grillparzer=Preis für das
relativ beste dramatische Werk deutscher Sprache ausgesetzt,
das im Laufe des letzten Trienniums auf einer namhaften
deutschen Bühne zur Aufführung gelangt und nicht schon von
einer anderen Seite durch einen Preis ausgezeichnet worden?
ist. Die Verwaltung des Fonds ist durch den Stiftsbrief der
philosophisch=historischen Klasse der kaiserlichen Akademie der
Wissenschaften übertragen; der Preis beträgt 5000 K.
Für den Grillparzer=Preis, der heute zur Verteilung ge¬
langte, kamen nach dem Urteil der Preisrichter in erster Linie
Arthur Schnitzler mit seiner Komödie „Zwischen¬
spiel“ die am 12. Oktober 1905 im Burgtheater zur ersten
Aufführung gelangte, und in zweiter Linie Schönherrs
„Familie“ in Betracht, die im Jahre 1907 auf dem
Spielplan der Hofbühne war. In den letzten Tagen wurden
auch Stimmen für Ernst v. Wildenbruch laut, dessen
Schauspiel „Die Rabensteinerin“ in dieser Saison zur
ersten Aufführung gelangte.
Heute um 10 Uhr vormittags traten die Preisrichter mit
Ausnahme Professor Dr. Schmidts, der am Erscheinen
verhindert war, zu ihrer letzten Sitzung zusammen. Diese
fand im Hörsaal 33 der philosophischen Fakultät der Univer¬
sität statt und den Vorsitz führte Hofrat Minor. Die Be¬
ratung dauerte bis 12 Uhr und endigte mit der einstimmigen
Zuerteilung des Preises an Arthur Schnitzler, für den auch
bereits früher Professor Dr. Erich Schmidt in Berlin seine
Stimme in schriftlichem Wege abgegeben hatte. Für das
Votum des Preisrichterkollegiums kam, wie Hofrat Minor in
seinem Referat ausführte, in erster Linie das Stück, das den
Preis erhielt, in Betracht und erst in zweiter Linie der
Dichter.
Um ½2 Uhr nachmittags trat die philosophisch=historische
Klasse der Akademie der Wissenschaften zu einer Sitzung zu¬
sammen, in welcher die Genehmigung des Vorschlages des
Preisrichterkollegiums erfolgte. Hofrat Professor Dr. Minor
begründete den Vorschlag der Preisrichter in kurzer Rede,
worauf ihm die Genehmigung ohne Debatte erteilt wurde.
Unmittelbar darauf wurde das Resultat publiziert.
Unter den anwesenden Mitgliedern der Akademie wurde
die Wahl eines Oesterreichers als Preisträger mit Beifall be¬
grüßt und auch der Präsident der Akavemie der Wissen¬
schaften, Professor Eduard Sueß, welcher der Publizierung
der Preiszuerkennung beiwohnte, äußerte seine Genugtuung
darüber, daß der Grillparzer=Preis diesmal in Oesterreich
verbleibt.
Von anderer Seite wird uns gemeldet: In der heutigen
Sitzung des Preisrichterkollegiums standen von den 94 Bühnen¬
werken, die den Preisrichtern zur Beurteilung vorlagen, nur
zwei in Diskussion, Schnitzlers „Zwischenspiel" und Schön¬
herrs Tragödie „Familie“. Wildenbruchs „Die Rabensteinerin“
kam heute in der Schlußsitzung der Juroren nicht in Frage.
Dagegen verlautet, daß sich namentlich Direktor Dr. Schlen¬