Grillnarzer-Preis
box 40/2
zetzten Preisverleihung folgenden Triennium
fals das am meisten hervorragende allgemein
anerkannt, noch durch keine andere Ehrengabe
ausgezeichnet wurde und sich am Repertoire
einer namhaften deutschen Bühne befindet.
Seit 20 Jahren das erstemal, daß ein Lite¬
rat unseres Vaterlandes mit diesem Beweise
uneingeschränktester Hochachtung, bedacht
wurde!
Bekanntlich trug Ludwig Anzengruber
am 15. Jänner 1887 für seine auf Wiener
Boden fußende Weihnachtskomödie „Heim¬
g'funden“ den damals auf der Höhe von
1800 fl. stehenden Preis als erster und
bis auf Schnitzler — letzter Vertreter unserer
Monarchie davon. Innerhalb dieses Zeitrau¬
mes wanderten die Gelder der Grillparzerstif¬
tung durchgängig nach Deutschland und in
den letzten Jahren war es Gerhart Haupt¬
mann, der für „Hannele", „Fuhrmann Hen¬
schel" und Armer Heinrich“ den Löwenanteil,
davon in Besitz nahm.
Unter den 94 der Beurteilung vorgeleg¬
ten Bühnenstücken ruhte das Hauptaugenmerk
der letzten Sessionen auf drei Dramen:
Schnitzlers „Zwischenspiel“ Schönherrs „Fa¬
milie" und Wildenbruchs „Rabensteinerin“
Letzterwähntes Werk kam am Tage der Ent¬
scheidung gar nicht mehr in Betracht.
Die Rücksicht auf den inneren psychologi¬
schen Feingehalt des Schauspiels sowie dessen
künstlerische Behandlung läßt die Krönung
der seit dem 12. Oktober 1905 am Burgthea¬
terspielplan befindlichen Komödie erklärlich fin¬
den, und wenn das Stück an sich schon vor¬
schriftsmäßig das Grundmotiv für die hohe
Ehrung bildete, so spielte nicht zum minde¬
sten auch der reich produktive Schrift¬
steller Schnitzler in die Erwägungen der
Kunstrichter mit hinein. Die Statistik der
Werke allein gestattet einen Ueberblick über
eine Anzahl von Schöpfungen (mehr als 25),
die man keinesfalls als literarisches Mittelgut
mit überlegenem Lächeln von oben herab be¬
trachten kann. Wir erinnern nur an die Zy¬
klen „Reigen“, „Anatok“, die Einakter „Para¬
celsus“, „Frau Berta Garlan“ namentlich aber
an die von Schnitzler selbst als ihm am glück¬
lichsten geraten und seiner dichterischen An¬
schauung am entsprechendsten Werke „Der ein¬
same Weg“ und „Der Ruf des Lebens“.
Karl Schönherrs „Familie“ stand in den
Augen des Kollegiums der Schnitzlerschen
Schöpfung am nächsten und so finden wir es
begreiflich, daß sich der den Preisrichtern an¬
gehörende Burgtheaterdirektor Dr. Paul
Schlenther anfangs warm dafür einsetzte.
Für jeden Fall aber dürfen wir es als
ein gutes Zeichen ansehen, daß ein Oesterrei¬
cher, ein uns heimatlich Verwandter, in jüng¬
ster Zeit eine wohlverdiente Ehrung erfuhr
und wir hegen daraus die zuversichtliche Hoff¬
nung, daß unser lange Jahre hindurch in
seinen literarischen Erzeugnissen recht stiefmüt¬
terlich behandeltes Vaterland nach einem steti¬
gen, willkürlichen Uebergangenwerden endlich
doch die volle Würdigung seiner Kräfte und
Kunstprodukte erfahren mag.
Und mit Spannung sehen wir auch der
uns demnächst gebotenen Aufführung
durch die Grillparzerpreis = Auszeichnung be¬
rühmt gewordenen Komödie „Zwischenspiel“
entgegen, die selbst die Stimme der Rechtfer¬
tigung ihres Werkes übernehmen und unse¬
rem Theaterpublikum ihre ganzen psychologi¬
schen Tiefen erschließen soll. Wie wir hören,
trägt sich Frl. Pepi Wender mit dem Ge¬
danken, das „Zwischenspiel“ als Benefize=Vor¬
A. H.
stellung zu geben.
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zetzten Preisverleihung folgenden Triennium
fals das am meisten hervorragende allgemein
anerkannt, noch durch keine andere Ehrengabe
ausgezeichnet wurde und sich am Repertoire
einer namhaften deutschen Bühne befindet.
Seit 20 Jahren das erstemal, daß ein Lite¬
rat unseres Vaterlandes mit diesem Beweise
uneingeschränktester Hochachtung, bedacht
wurde!
Bekanntlich trug Ludwig Anzengruber
am 15. Jänner 1887 für seine auf Wiener
Boden fußende Weihnachtskomödie „Heim¬
g'funden“ den damals auf der Höhe von
1800 fl. stehenden Preis als erster und
bis auf Schnitzler — letzter Vertreter unserer
Monarchie davon. Innerhalb dieses Zeitrau¬
mes wanderten die Gelder der Grillparzerstif¬
tung durchgängig nach Deutschland und in
den letzten Jahren war es Gerhart Haupt¬
mann, der für „Hannele", „Fuhrmann Hen¬
schel" und Armer Heinrich“ den Löwenanteil,
davon in Besitz nahm.
Unter den 94 der Beurteilung vorgeleg¬
ten Bühnenstücken ruhte das Hauptaugenmerk
der letzten Sessionen auf drei Dramen:
Schnitzlers „Zwischenspiel“ Schönherrs „Fa¬
milie" und Wildenbruchs „Rabensteinerin“
Letzterwähntes Werk kam am Tage der Ent¬
scheidung gar nicht mehr in Betracht.
Die Rücksicht auf den inneren psychologi¬
schen Feingehalt des Schauspiels sowie dessen
künstlerische Behandlung läßt die Krönung
der seit dem 12. Oktober 1905 am Burgthea¬
terspielplan befindlichen Komödie erklärlich fin¬
den, und wenn das Stück an sich schon vor¬
schriftsmäßig das Grundmotiv für die hohe
Ehrung bildete, so spielte nicht zum minde¬
sten auch der reich produktive Schrift¬
steller Schnitzler in die Erwägungen der
Kunstrichter mit hinein. Die Statistik der
Werke allein gestattet einen Ueberblick über
eine Anzahl von Schöpfungen (mehr als 25),
die man keinesfalls als literarisches Mittelgut
mit überlegenem Lächeln von oben herab be¬
trachten kann. Wir erinnern nur an die Zy¬
klen „Reigen“, „Anatok“, die Einakter „Para¬
celsus“, „Frau Berta Garlan“ namentlich aber
an die von Schnitzler selbst als ihm am glück¬
lichsten geraten und seiner dichterischen An¬
schauung am entsprechendsten Werke „Der ein¬
same Weg“ und „Der Ruf des Lebens“.
Karl Schönherrs „Familie“ stand in den
Augen des Kollegiums der Schnitzlerschen
Schöpfung am nächsten und so finden wir es
begreiflich, daß sich der den Preisrichtern an¬
gehörende Burgtheaterdirektor Dr. Paul
Schlenther anfangs warm dafür einsetzte.
Für jeden Fall aber dürfen wir es als
ein gutes Zeichen ansehen, daß ein Oesterrei¬
cher, ein uns heimatlich Verwandter, in jüng¬
ster Zeit eine wohlverdiente Ehrung erfuhr
und wir hegen daraus die zuversichtliche Hoff¬
nung, daß unser lange Jahre hindurch in
seinen literarischen Erzeugnissen recht stiefmüt¬
terlich behandeltes Vaterland nach einem steti¬
gen, willkürlichen Uebergangenwerden endlich
doch die volle Würdigung seiner Kräfte und
Kunstprodukte erfahren mag.
Und mit Spannung sehen wir auch der
uns demnächst gebotenen Aufführung
durch die Grillparzerpreis = Auszeichnung be¬
rühmt gewordenen Komödie „Zwischenspiel“
entgegen, die selbst die Stimme der Rechtfer¬
tigung ihres Werkes übernehmen und unse¬
rem Theaterpublikum ihre ganzen psychologi¬
schen Tiefen erschließen soll. Wie wir hören,
trägt sich Frl. Pepi Wender mit dem Ge¬
danken, das „Zwischenspiel“ als Benefize=Vor¬
A. H.
stellung zu geben.