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Grillbarzer-Preis
Der Grillparzerpreis. 7K
Von Paul Frank. 7#0.
Artnf SEzEnat Iin Bekomfen. Es
war eine Loberraschung; überall konstatierte
man das. Lange waren die Preisrichter un¬
schlüssig, konnten sich die Herren Juroren
nicht einigen. Daß das Urteil nicht leicht zu
fällen war, begreift jeder, der erfährt, daß nicht
weniger als — 94 Stücke sich um den Preis
bewarben. Noch kurz vor der Verkündung
des Resultates herrschten in Interessenten¬
kreisen die widersprechendsten Ansichten über
Kammersänger Emil Pinks (Leipzig),
iervorragender Balladensänger, ist auch in Wiener Konzert¬
sälen wiederholt mit größtem Erfolg aufgetreten.
den diesjährigen Sieger. Die meiste Chance
gab man Wildenbruchs „Rabensteinerin“;
auch Schönherrs „Familie“ galt als aus¬
sichtsvoll. Doch nichts von alldem. In
letzter Stunde trat die Jury zusammen, warf
alle früheren Vorschläge um und erteilte ein¬
stimmig Artur Schnitzler für sein „Zwi¬
schenspiel“ den Grillparzerpreis des Jahres 1908.
Sämtliche Tagesblätter brachten den
Schlußsatz: Der Preis bleibt diesmal erfreu¬
licherweise in Oesterreich.
Diesmal!!
Es ist zu grotesk!
endlich G. E. Hartleben (Rosenmontag). —
Anzengruber erhielt den Preis, wenn
ich nicht irre im Jahre 1890. Der nächste
Oesterreicher ist Artur Schnitzler. Er er¬
hält ihn 1908. — Der Preis verbleibt dies¬
maerfreulicherweise im Lande. —
Ueber dreißig Jahre mußten verstreichen, ehe
wieder einer der unseren „Laureatus“ wurde.
Warum? — — Ich glaube, als die Preisrichter
in letzter Minute mit überraschender Einheit
Schnitzlers Werk krönten, so war das ein
Schritt, zu dem sie ein drückendes Gefühl ge¬
drängt, zu versöhnen, lang begangenes Un¬
recht gut zu machen, zu sühnen. Dazu bot
sich diesmal die Gelegenheit und wider Er¬
warten hat man diesmal dem guten Gefühl
Folge geleistet.
Mußte einer unserer Hervorragendsten — mag
auch manch einer protestieren, Schnitzler ist
hervorragend — warten bis auf den heutigen
Tag? Verdiente er nicht schon längst, was
andere längst besitzen? — — Es ist eine alte
Geschichte: Wir Oesterreicher und ganz speziell
wir Wiener sind undankbar. Nirgend hat das
alte Wort vom „poéta in patria“ so viel Be¬
rechtigung, wie hier bei uns. Und deshalh
gehen sie auch alle hinaus ins Reich .. alle.
Fliehen ihre Heimat. Deshalb mußte ein
Berliner Ensemble kommen und uns den „Ruf
des Lebens“ hören lassen, deshalb hat der
„Einsame Weg“ überhaupt nicht nach Wien
gefunden. —
Gerhart Hauptmann,
der Gewaltige, steht doch heute — keiner wird
es nach dem brausenden Erfolge seines Ca¬
rolinger-Dramas leugnen — im Zenith seines
Schaffens; hat also Gott sei Dank noch lange
nicht sein Lebenswerk vollendet. Dennoch
liegen seit bereits zwei Jahren seine gesam¬
melten Werke vor. Von Hugo von Hof¬
mannstal, der kaum das 35. Lebensjahr er¬
reicht hat, wird jede Zeile sorgsam auf Bütten
gebettet.
Kaum ein anderer Poet
sah seine Geisteskinder in solchen Prunk¬
gewändern, wie sie der Insel-Verlag den Werken
Hofmannsthals verleiht. —— Seit langen
Jahren warte ich sehnlichst auf eine Gesamt¬
ausgabe von Schnitzlers Werken. Ver¬
gebens. — —
Doch genug. Diese bescheide¬
nen Zeilen werden es ja doch nicht bewirken,
was der Wunsch so vieler ist, werden nicht
die Erfüllung bringen. — Im übrigen — ich
will mir nicht meine kleine Freude verderben:
Der Preis bleibt diesmal im Lande.
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Grillbarzer-Preis
Der Grillparzerpreis. 7K
Von Paul Frank. 7#0.
Artnf SEzEnat Iin Bekomfen. Es
war eine Loberraschung; überall konstatierte
man das. Lange waren die Preisrichter un¬
schlüssig, konnten sich die Herren Juroren
nicht einigen. Daß das Urteil nicht leicht zu
fällen war, begreift jeder, der erfährt, daß nicht
weniger als — 94 Stücke sich um den Preis
bewarben. Noch kurz vor der Verkündung
des Resultates herrschten in Interessenten¬
kreisen die widersprechendsten Ansichten über
Kammersänger Emil Pinks (Leipzig),
iervorragender Balladensänger, ist auch in Wiener Konzert¬
sälen wiederholt mit größtem Erfolg aufgetreten.
den diesjährigen Sieger. Die meiste Chance
gab man Wildenbruchs „Rabensteinerin“;
auch Schönherrs „Familie“ galt als aus¬
sichtsvoll. Doch nichts von alldem. In
letzter Stunde trat die Jury zusammen, warf
alle früheren Vorschläge um und erteilte ein¬
stimmig Artur Schnitzler für sein „Zwi¬
schenspiel“ den Grillparzerpreis des Jahres 1908.
Sämtliche Tagesblätter brachten den
Schlußsatz: Der Preis bleibt diesmal erfreu¬
licherweise in Oesterreich.
Diesmal!!
Es ist zu grotesk!
endlich G. E. Hartleben (Rosenmontag). —
Anzengruber erhielt den Preis, wenn
ich nicht irre im Jahre 1890. Der nächste
Oesterreicher ist Artur Schnitzler. Er er¬
hält ihn 1908. — Der Preis verbleibt dies¬
maerfreulicherweise im Lande. —
Ueber dreißig Jahre mußten verstreichen, ehe
wieder einer der unseren „Laureatus“ wurde.
Warum? — — Ich glaube, als die Preisrichter
in letzter Minute mit überraschender Einheit
Schnitzlers Werk krönten, so war das ein
Schritt, zu dem sie ein drückendes Gefühl ge¬
drängt, zu versöhnen, lang begangenes Un¬
recht gut zu machen, zu sühnen. Dazu bot
sich diesmal die Gelegenheit und wider Er¬
warten hat man diesmal dem guten Gefühl
Folge geleistet.
Mußte einer unserer Hervorragendsten — mag
auch manch einer protestieren, Schnitzler ist
hervorragend — warten bis auf den heutigen
Tag? Verdiente er nicht schon längst, was
andere längst besitzen? — — Es ist eine alte
Geschichte: Wir Oesterreicher und ganz speziell
wir Wiener sind undankbar. Nirgend hat das
alte Wort vom „poéta in patria“ so viel Be¬
rechtigung, wie hier bei uns. Und deshalh
gehen sie auch alle hinaus ins Reich .. alle.
Fliehen ihre Heimat. Deshalb mußte ein
Berliner Ensemble kommen und uns den „Ruf
des Lebens“ hören lassen, deshalb hat der
„Einsame Weg“ überhaupt nicht nach Wien
gefunden. —
Gerhart Hauptmann,
der Gewaltige, steht doch heute — keiner wird
es nach dem brausenden Erfolge seines Ca¬
rolinger-Dramas leugnen — im Zenith seines
Schaffens; hat also Gott sei Dank noch lange
nicht sein Lebenswerk vollendet. Dennoch
liegen seit bereits zwei Jahren seine gesam¬
melten Werke vor. Von Hugo von Hof¬
mannstal, der kaum das 35. Lebensjahr er¬
reicht hat, wird jede Zeile sorgsam auf Bütten
gebettet.
Kaum ein anderer Poet
sah seine Geisteskinder in solchen Prunk¬
gewändern, wie sie der Insel-Verlag den Werken
Hofmannsthals verleiht. —— Seit langen
Jahren warte ich sehnlichst auf eine Gesamt¬
ausgabe von Schnitzlers Werken. Ver¬
gebens. — —
Doch genug. Diese bescheide¬
nen Zeilen werden es ja doch nicht bewirken,
was der Wunsch so vieler ist, werden nicht
die Erfüllung bringen. — Im übrigen — ich
will mir nicht meine kleine Freude verderben:
Der Preis bleibt diesmal im Lande.
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