Erna: Nenn's so — sich von ihm erobern
lassen, oder vielmehr ihn erobern, probieren, ob
man überhaupt das noch imstande ist, ob ich
heute noch denselben Eindruck auf ihn nachen
könnte, wenn er mich jetzt erst im Leben träfe —
lach, das war ein prächtiger Einfall von den
Grillparzerpreisrichtern, Arthur Schnitzler den Preis
zu geben und gerade=echenspiel“
denn sonst wäre ich gar nicht zu dem Stück ge¬
gangen — die Leute haben mir so krauses Zeug
davon gesprochen — und ich hätte diese erlösende
Anregung nicht bekommen — ich hätte mich, wer
veiß wie lang, mit der quälenden Sehnsucht
herumgeschleppt und wer weiß, auf was für ge¬
fährliche Gedanken ich dabei noch hätte kommen
önnen — aber so, Gottlob — und wie herrlich
s sich trifft, daß gerade der Fasching vor der Türe
var, ich also den geraden Weg vor mir hatte —
Uelly (immer lächelnd): Auf Abwege zu gehen —.
Erna (ebenfalls lachend): Am Arme des mit¬
huldigen Gatten —
Ihnen sonst fast ein Rendezvons geben müssen.
Oowald: Mir, gnädige Frau? Dann gehe
ich lieber und lasse es darauf ankommen.
Uelly: Bemühen Sie sich nicht mit galanten
Floskeln, Sie unverbesserlichster aller treuen Ehe¬
männer
die Sache betrifft Erna selbst. Ich
muß Ihnen ein Geheimnis von ihr verraten.
Gowald (leicht erschreckend): Doch nichts
nichts Beunruhigendes?
Uelly: Nun, wie man's nimmt. Auf die
Redoute will sie morgen gehen.
Oowald (lachend): Weil ich hingehe? Natürlich,
um mich zu kontrollieren. Die liebe Eifersucht —
na, da strapaziert sie sich wirklich unnötigerweise —
Uelly: Nein, es ist was anderes — eine Er¬
oberung will sie machen.
Oowald (wieder erschreckend): Was? — Das
ist doch nur ein Scherz
Uelly: Nein, völliger Ernst, sie ist fest ent¬
schlossen und würde sich sehr unglücklich fühlen,
wenn es ihr nicht gelänge.
Ehemann geger
te1
kann. Provo¬
zierend geradezu! „Es gibt nur eine einzige Erna.“
Na, warte es gibt doch nicht auch bloß einen
einzigen gelben Domino. Wuchs und Stimme haben
wir ziemlich gleich wa# het uns oft geuug für
Schwestern gehalten — na, und das bißchen
„Seelenparfüm“ wird auch zur Not zu beschaffen
sein. (Mit ähnlichem lüsternen Sinnen, wie Erna vorher.)
Da hätte ich ja so was, wie den Reiz der verbo¬
teuen Frucht — dieser Ehemann hat noch immer den
Liebhaber nicht abgestreift, er hat all das Verfüh¬
rerische von so einem — warum auch hat Erna
auf den Einfall kommen müssen — es ist so was
Stachelndes darin — sie ist nur selbst Schuld,
wenn — (sich heftig emporrichtend) was „wenn“ —?
Ich bin's ja, die sich den Spaß macht und die
also wohl zu bestimmen weiß, wie weit er zu gehen
hat
ich nehme dir nur den gelben Domino
weg, Erna, sonst nichts, sonst wahrhaftig nichts —
Fortsetzung des Textes auf der 8. Seite.
Chambre separée in dem Redoutenrestaurant.
Oswald zieht die, nur schwach widerstrebende
Nelly herein, die im gelben Domino, mit der
Larve vor dem Gesicht ist.
Oswald (in leidenschaftlicher Aufregung): Komm'
komm' berauschendes Doppelwesen, das ich kenne
und doch nicht kenne, das mir vorkommt, als hätten
wir schon Jahre lang in intimster Vertrautheit ge¬
lebt und doch, als atmete ich heute zum erstenmale
deine Nähe — wie wenn man ein liebgewordenes,
dem Ohre vertrautes Lied in ganz neuer Tonart
singen hört — meine Pulse hämmern, wie in
wilder Leidenschaft und doch ist so was still Ge¬
mütliches dabei — ein rasendes Begehren nach Nie¬
besessenem und doch was Eigentumssicheres, rauben
könnte ich dich in gewaltsamer Lust, wenn ich dich
nicht schon besäße — ich habe dich ja — (drückt
sie leidenschaftlich an die Brust).
Uelly (ebenfalls in solcher Aufregung): Ich bin
nicht die, die du in mir erkannt zu haben glaubst,
ich bin eine andere, eine ganz andere — laß mich,
laß mich —
Gowald: Du bist die und eine andere, zwei
Glückseligkeiten in einer — ich bin der Narr
nicht, dich zu lassen, das nicht auszugenießen —
und ebensowenig bist du die Närrin, die Stunde
zu verlieren — ich fühl's an deinen brennenden
Lippen, an deinem klopfenden Herzen, das ja den
schönen Busen schier zersprengen will -
Nelll (am nächsten Vormittag, noch in ihrem
Bette, sich dehnend und streckend): Ach, das war ent¬
zückend schlecht von mir — der arme Kerl hat
mich in seinem Liebestaumel erst recht für Erna
gehalten — ich habe ihn und sie betrogen
das war recht häßlich — (in schwelgerischem Nach¬
genießen) aber schön war's — so habe ich mir
als freie Witwe selbst doch einen Bissen verbotene
Frucht verschafft
Ernn (ebenfalls noch in ihrem Bette, den Kopf in
die Pölster wühlend): Entsetzlich — ich muß eine
Doppelgängerin haben, und während ich im
Maskengewühl nach ihm herumgeirrt bin, ist er in
ihren Armen gewesen und hat geglaubt, mich in
den Armen zu halten; er hat offenbar zu erraten
geglaubt, daß ich mir mit ihm auf der Redoute
einen Spaß machen wollte — und der liebe,
gute Mann ist so gewöhnt, nur mich überall zu
suchen und zu sehen — und ich darf ihn nicht
einmal über den Irrtum aufklären, denn so einen
Irrtum begeht ein Mann dann erst um so leichter
auch noch ein anderes Mal — und an dem Allen
sind nur Schnitzler und der Grillparzerpreis
schuld
lassen, oder vielmehr ihn erobern, probieren, ob
man überhaupt das noch imstande ist, ob ich
heute noch denselben Eindruck auf ihn nachen
könnte, wenn er mich jetzt erst im Leben träfe —
lach, das war ein prächtiger Einfall von den
Grillparzerpreisrichtern, Arthur Schnitzler den Preis
zu geben und gerade=echenspiel“
denn sonst wäre ich gar nicht zu dem Stück ge¬
gangen — die Leute haben mir so krauses Zeug
davon gesprochen — und ich hätte diese erlösende
Anregung nicht bekommen — ich hätte mich, wer
veiß wie lang, mit der quälenden Sehnsucht
herumgeschleppt und wer weiß, auf was für ge¬
fährliche Gedanken ich dabei noch hätte kommen
önnen — aber so, Gottlob — und wie herrlich
s sich trifft, daß gerade der Fasching vor der Türe
var, ich also den geraden Weg vor mir hatte —
Uelly (immer lächelnd): Auf Abwege zu gehen —.
Erna (ebenfalls lachend): Am Arme des mit¬
huldigen Gatten —
Ihnen sonst fast ein Rendezvons geben müssen.
Oowald: Mir, gnädige Frau? Dann gehe
ich lieber und lasse es darauf ankommen.
Uelly: Bemühen Sie sich nicht mit galanten
Floskeln, Sie unverbesserlichster aller treuen Ehe¬
männer
die Sache betrifft Erna selbst. Ich
muß Ihnen ein Geheimnis von ihr verraten.
Gowald (leicht erschreckend): Doch nichts
nichts Beunruhigendes?
Uelly: Nun, wie man's nimmt. Auf die
Redoute will sie morgen gehen.
Oowald (lachend): Weil ich hingehe? Natürlich,
um mich zu kontrollieren. Die liebe Eifersucht —
na, da strapaziert sie sich wirklich unnötigerweise —
Uelly: Nein, es ist was anderes — eine Er¬
oberung will sie machen.
Oowald (wieder erschreckend): Was? — Das
ist doch nur ein Scherz
Uelly: Nein, völliger Ernst, sie ist fest ent¬
schlossen und würde sich sehr unglücklich fühlen,
wenn es ihr nicht gelänge.
Ehemann geger
te1
kann. Provo¬
zierend geradezu! „Es gibt nur eine einzige Erna.“
Na, warte es gibt doch nicht auch bloß einen
einzigen gelben Domino. Wuchs und Stimme haben
wir ziemlich gleich wa# het uns oft geuug für
Schwestern gehalten — na, und das bißchen
„Seelenparfüm“ wird auch zur Not zu beschaffen
sein. (Mit ähnlichem lüsternen Sinnen, wie Erna vorher.)
Da hätte ich ja so was, wie den Reiz der verbo¬
teuen Frucht — dieser Ehemann hat noch immer den
Liebhaber nicht abgestreift, er hat all das Verfüh¬
rerische von so einem — warum auch hat Erna
auf den Einfall kommen müssen — es ist so was
Stachelndes darin — sie ist nur selbst Schuld,
wenn — (sich heftig emporrichtend) was „wenn“ —?
Ich bin's ja, die sich den Spaß macht und die
also wohl zu bestimmen weiß, wie weit er zu gehen
hat
ich nehme dir nur den gelben Domino
weg, Erna, sonst nichts, sonst wahrhaftig nichts —
Fortsetzung des Textes auf der 8. Seite.
Chambre separée in dem Redoutenrestaurant.
Oswald zieht die, nur schwach widerstrebende
Nelly herein, die im gelben Domino, mit der
Larve vor dem Gesicht ist.
Oswald (in leidenschaftlicher Aufregung): Komm'
komm' berauschendes Doppelwesen, das ich kenne
und doch nicht kenne, das mir vorkommt, als hätten
wir schon Jahre lang in intimster Vertrautheit ge¬
lebt und doch, als atmete ich heute zum erstenmale
deine Nähe — wie wenn man ein liebgewordenes,
dem Ohre vertrautes Lied in ganz neuer Tonart
singen hört — meine Pulse hämmern, wie in
wilder Leidenschaft und doch ist so was still Ge¬
mütliches dabei — ein rasendes Begehren nach Nie¬
besessenem und doch was Eigentumssicheres, rauben
könnte ich dich in gewaltsamer Lust, wenn ich dich
nicht schon besäße — ich habe dich ja — (drückt
sie leidenschaftlich an die Brust).
Uelly (ebenfalls in solcher Aufregung): Ich bin
nicht die, die du in mir erkannt zu haben glaubst,
ich bin eine andere, eine ganz andere — laß mich,
laß mich —
Gowald: Du bist die und eine andere, zwei
Glückseligkeiten in einer — ich bin der Narr
nicht, dich zu lassen, das nicht auszugenießen —
und ebensowenig bist du die Närrin, die Stunde
zu verlieren — ich fühl's an deinen brennenden
Lippen, an deinem klopfenden Herzen, das ja den
schönen Busen schier zersprengen will -
Nelll (am nächsten Vormittag, noch in ihrem
Bette, sich dehnend und streckend): Ach, das war ent¬
zückend schlecht von mir — der arme Kerl hat
mich in seinem Liebestaumel erst recht für Erna
gehalten — ich habe ihn und sie betrogen
das war recht häßlich — (in schwelgerischem Nach¬
genießen) aber schön war's — so habe ich mir
als freie Witwe selbst doch einen Bissen verbotene
Frucht verschafft
Ernn (ebenfalls noch in ihrem Bette, den Kopf in
die Pölster wühlend): Entsetzlich — ich muß eine
Doppelgängerin haben, und während ich im
Maskengewühl nach ihm herumgeirrt bin, ist er in
ihren Armen gewesen und hat geglaubt, mich in
den Armen zu halten; er hat offenbar zu erraten
geglaubt, daß ich mir mit ihm auf der Redoute
einen Spaß machen wollte — und der liebe,
gute Mann ist so gewöhnt, nur mich überall zu
suchen und zu sehen — und ich darf ihn nicht
einmal über den Irrtum aufklären, denn so einen
Irrtum begeht ein Mann dann erst um so leichter
auch noch ein anderes Mal — und an dem Allen
sind nur Schnitzler und der Grillparzerpreis
schuld