VII, Verschiedenes 10, Antisemitismus, Seite 34

Bukarest, im September 1933.
Die heutige Lage der deutschen Juden bildet den Ab¬
schluß eines geschichtlichen Prozesses. Es mußte so kom¬
men, wenn man den tieferen historischen Sinn dieser
antisemitischen Bewegung, deren stärkster Exponent Adolf
Hitler ist, erfaßt.“
Diese klaren, eindeutigen und beweiskräftigen Worte
sind die Einleitung eines überaus interessanten Aufsatzes,
den Dr. Manfred Reiser in der Czernowitzer „Allgemei¬
nen Zeitung“ ve#### icht hat. (Wir haben auf diesen
Aufsatz schon kurz üfnerksam gemacht. Die Red.) Dok¬
tor Reifer ist nicht ein belangloser Irgendwer, er ist eine
führende Persönlichkeit der Zionisten in der Bukowina
und wurde auf dem Prager Zionistenkongreß in das
große Aktionskomitee gewählt; selbst seine erbittertsten
Gegner müssen ihm bescheinigen, daß er „als Politiker
mitten drin steht im öffentlichen jüdischen Leben und
vom Vertrauen einer jüdischen Partei getragen ist“ Die
Bedeutung des Aufsatzes „Die Schicksalsfrage der deut¬
schen Juden“ wird auch dadurch noch erhöht, daß er in
einer Zeitung erschienen ist, die sich selbst als Vorkämp¬
fer gegen „das schändliche Hitler=Regime“ bezeichnet...
Und da es sich hier um ein wichtiges und wesentliches
Dokument handelt, erscheint es nützlich, einige Stellen
— sinngemäß, nicht etwa durch
wörtlich anzuführen
„Herausreißen aus dem Zusammenhang“.
Dem jüdischen Schlagwort vom „Antisemitismus“. —
eine der typisch liberalen Wortprägungen, die im Wort
bereits einen Vorwurf enthalten — hat Dr. W. Stapel
schon vor Jahren die Formulierung „Antigermanismus“
entgegengestellt. Damit ist das Problem umrissen, um
das es zwischen Antisemitismus und Antigermanismus
geht: die Abgrenzung der semitischen und germanisch¬
deutschen völkischen Bereiche. Daß eine solche Abgrenzung
überhaupt kämpfend durchgeführt werden muß, ist die
Folge des jüdischen Assimilantentums, das vorgab, ent¬
weder unvölkisch, also „international“ zu sein, oder für
sich das Recht in Anspruch nahm, gleichzeitig zwei Völ¬
kern anzugehören, dem deutschen und dem jüdischen.
Beides ist eine bare Unmöglichkeit; und diesem Assimi¬
lantentum gibt nun Dr. Reifer die Antwort, eine zioni¬
stische, also eine völkische Antwort:
„Die Assimilanten waren es, welche die Dinge zu ver¬
schleiern suchten und ihre letzte Karte auf den längst zu Grabe
getragenen Liberalismus setzten. Sie verstanden nicht den
Gang der Geschichte und glaubten, ihm dadurch aus dem
Wege zu gehen, daß sie sich als Deutsche mosaischer Kon¬
fession deklarierten, daß sie den Bestand einer jüdischen Na¬
tion negierten, daß sie alle Fäden, die sie mit dem Judentum
verbanden, zerrissen ... Sie wiegten sich in falschen Hoffnun¬
gen, übersahen die Wirklichkeit und träumten vom Welt¬
bürgertum. Die entwurzelten Juden gaben sich phantastischen
Ideen hin und gingen kosmopolitischen Träumen nach. Und
dies äußerte sich in zweifacher Art: entweder sie jubelten
dem allgemeinen Liberalismus zu oder sie wurden Fahnen¬
träger des Sozialismus. Beide Betätigungsgebiete gaben
dem Antisemitismus immer neuen Nährstoff...
Im besten Glauben, sich und der Menschheit zu dienen, be¬
gannen die Juden, aktiv in das Leben des deutschen Volkes
einzugreifen. Sie warfen sich mit echt jüdischer Leidenschaft
auf alle Wissensgebiete, stürzten sich auf die Presse, organi¬
sierten die Arbeitermassen und bemühten sich, das gesamte
egeistige Leben im Sinne des Liberalismus und der Demo¬
Mkratie zu beeinflussen. Selbstverständlich mußte
das eine tiefe Reaktion beim Wirtsvolk her¬
vorrufen.“
Dr. Reifer unterscheidet hier „internationale" und
„nationale“ Disziplinen des geistigen und wissenschaft¬
lichen Lebens und fährt dann fort:
ist für ein Volk nicht gleichgültig, wer in der Presse
seine Weihnachtsartikel schreibt, wer die Messe liest, wer
zum Kirchgang mahnt. Jedes Volk, und erst recht das deutsche,
wünscht, daß seine Jugend in seinem Geist erzogen werde.
Und dies kann ihm niemand verargen. Während also
große Teile des deutschen Volkes für die Er¬
haltung ihrer Art kämpften, erfüllten wir
Inden mit unserem Geschrei die Gasse Gee¬
maniens. Wir spielten uns als die Weltverbesserer auf
und suchten durch unsere Ideen das öffentliche Leben zu be¬
einflussen. Wir läuteten die Glocken und riefen zu stillem
Gebet. Wir schrieben in der Presse Weihnachts= und Oster¬
artikel und servierten dem deutschen Volk seine
Religion in unseren, in jüdischen Gefäßen.
Und dagegen wehrte sich das Wirtsvolk und kämpfte gegen
den jüdischen Einfluß, gegen die Judenpresse. Jüdische Kom¬
ponisten drangen in die Kirche ein, jüdische Maler führten
die deutsche Jugend zur Kunst, jüdische Dichter sprachen zum
deutschen Volk und versuchten, die deutsche Art zu versinn¬
bildlichen und blieben letzten Endes Juden, alle
ohne Ausnahme: Heine, Börne, Wassermann, Zweig,
Schnitzler, Ludwig