VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 15

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„Moderne Mädcherd. lun 3 6.2—,
Es gibt gewiß noch Tausende braver, ge¬
sitteter, unschuldiger Mädchen, selbst in der Gro߬
stadt. Aber es gehört mit zur Corruption der
öffentlichen Meinung, welche die Judenpresse und
unsere vom Judenring beherrschten Theater ver¬
breiten, daß sie in ihren Feuilletons und Theater¬
stücken die Mädchen der Gegenwart ganz all¬
gemein als bereits sittlich verderbt hinstellen. Ein
Fenilletonist in einem Wiener Blatte gesteht dies
selbst zu, indem er schreibt:
„Einem Schwankautor, einem Familienblattpoeten
läßt man es am Ende hingehen, wenn sie das alte
Märchen von den mit unschuldigen Augen in die Welt
blickenden Mädchen immer wieder auffrischen. Aber
man wage es einmal, mit dem Ernst eines gesellschaft¬
lichen Beobachters ein derartiges Mädchen darzustellen;
wie wird man da angefahren, über die Achsel ange¬
schaut, verhöhnt! Ich selbst habe das einmal bitterlich
empfunden. Vor drei Jahren war es, als ich mir er¬
laubte, in
einem Schauspiel ein
unschuldiges
Wiener Vorstadtmädchen auf
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Bühne zu suaive
stellen. Meine literarischen Freunde schüttelten in rto¬
tiefer Besorgniß über mich die Köpfe, wie silbar
über einen Menschen, der nicht recht bei Troste ist. oraus.
In den Augen unserer jungen „Modernen“ las ich
die überlegene Ironie der großen starken Geister über ist das
ein bornirtes Menschenkind, das an Ammenmärchen sit es den
glaubt und naiv genug ist, um sie dem Publicum
aufzutischen. Ich schämte mich fast. Wochen hindurch
mied ich das Café Griensteidl. Ein armes Mädchen,
zwanzig Jahre alt, auf sich selbst gestellt, unbewacht
und gleichwohl rein, unschuldig, von unberührter
Matyttosigkeit, so eine Gestalt kann man doch nur am
Schzeibtisch ausbrüten! Moderne Mädchen, so führte
maß mir zu Gemüth, sind die „süßen Mädel“
Arlhur Schnitzler's, die bei einem Souper in einem
träulichen Cabinet so lustig, so amüsant, so
nach¬
giebig sind, oder das lüsterne Dirnchen Alma in
Sudermann's Ehre", oder die Halbjungfrauen von
Marcel Prevost, die mit so klugem Bedacht, mit
so kühler Behutsamkeit ihre anatomische Unschuld
schirmen. Man weiß, wie diese Halbjungfrauen
träumen. Man weiß, mit welch derber Ungeschminkt¬
heit sie über gewisse Dinge plandern, wenn sie unter
sich sind. Ist das nicht Uebertreibung, Verleumdung?
Gibt es wirklich gesellschaftliche Kreise, in denen der¬
artige Mädchen gedeihen?“
O ja, es gibt deren; aber die Uebertreibung,
die Verleumdung liegt in der Tendenz, alle
Mädchen von heute oder deren Mehrheit als
„Halbjungfrauen“ in die Seene zu stellen. Welcher
regelmäßige Theaterbesucher hat es nicht schon mit
Ekel empfunden, daß uns ein tugendhaftes
Mädchen nse mehr. mohl aber beständig ehe¬
brecherische Weiber, Dirnen und Halbjungfrauen
die „süßen Mädel“ Arthur Schnitzler's
auf den Brettern begegnen. Man läßt alle
Mädchen als verderbt erscheinen, um zu — ver¬
derben. Das ist die Tendenz des „modernen“
Theaters. Dazu dienen dessen —
„moderne
Mädchen“.
— —
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vom 1117 60
Theater von heute.
Hofburgtheater: Lite arischer Abend: „Unsere
Gusti“, nach einer Idee des Dr. Radler frei be¬
arbeitet von Hugo v. Hofmannsthal, Arthur
chnitzler.
Georg Hirschfeld und anderen
Schlenther'schen Hausdichtern. Anfang 7 Uhr. Ende
scheußlich.
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