VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 18

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1. Miscellaneons
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us:
Tagöltt
S
und zärtlicher Hingebung, und all das versehen mit heiter, ja übermüthig und dann wieder rasch zu Thränen
Frau von dreißig Jahren.
tiefblauen Augen und goldblonden Haaren. Dieser
gerührt, wenn ihnen der Geliebte bei einem spär¬
(Ein Brief des Herrn Bobrica.)
Mädchentypus hat es ja auch seit jeher den deutschen
lichen Abendbrot in einem Vorstadtgasthaus ein Veilchen¬
über die Frau von dreißig Jahren denke? Es
Lyrikern und Erzählern angethan. Dem jungen Mädchen sträußchen spendet.“ Mich fängt man damit nicht.
verstrichen, lieber Kollege, seitdem Sie mit
gelten die schönsten Lieder, in das Weben ihres Herzens, in
O nein! Das ist Romaniik, lieber Kollege, blaue
gen Frage' an mich herangetreten sind. Es ge¬
das Knospen ihrer Liebe versenken sich die feinsinnigsten
Romantik! Das „süße Mädel“ ist eine Heuchlerin, sie ist ein
an jenem denkwürdigen Tage, da durch die
Poeten. Aber all das ist blaue Romantik! Die Romantik hat
berechnendes Wesen, und wenn anfangs auch ihre Liebe
raschende und seltsame Kunde lief, daß eine
nämlich eine bange Scheu vor jenem Weiblichen, das in
einen verklären Schimmer von Selbstlosigkeit aufweist,
au von dreißig Jahren das Herz des jungen
kraftvoller, gediegener und strotzender Entfaltung blüht und
der traurige Drang der kümmerlichen Verhältnisse, unter denen
revolutionirt habe. Darum fürchte ich fast, daß
dessen Liebe hell, klar und treffsicher ist. Die Romantik
sie lebt, treibt sie gar bald dazu, ihren himmelblauen
Antwort zu spät komme. Aber ein Umstand
schwärmt für das Werdende, Zarte, Geheimnißvolle, für das
Empfindungen einen klingenden Marktwerth zu verleihen.
: es gibt ja Fragen, die niemals veralten, die
dämmernde Spiel gebrochener Empfindungen, für den milden
Wie anders die Frau von dreißig Jahren in jenen
nverwelkliche Frische besitzen, und bei deren
Glanz des Mondes, für süßen Nachtigallenschlag und darum
Kreisen, wo man gegen die gemeine Noth gefeit ist.
n bestimmt darauf rechnen kann, daß Jung
auf für die jungen Mädchen. Ich aber, lieber Kollege, bin
wo man aus dem Vollen schöpft, wo das Leben im
nlein und Weiblein die Ohren spitzen und mit
Realist! Ich liebe keine Versprechungen, keine Wechsel mit
behaglichen Genuß aller Daseins=Annehmlichkeiten heiter
nzeln. Unter diese Kategorié gehört; so scheint
unbestimmter Fälligkeitszeit. Mir imponiren blos fertige
und sonnig dahinfließt! Gestatten Sie mir, lieber Kollege,
frage, wie der Seelenzustand der Frau von dreißig
Thatsachen. Darum habe ich auch die jungen Mädchen stets
daß ich zunächst ein klein wenig bei der äußeren Erscheinung
ffen sei und worin der merkwürdige Zauber links liegen lassen. Selbst die sogenannten „süßen Mädel“.
der Frau von dreißig Jahren betrachtend vorweile. In diesem
n sie anzieht, lockt, fesselt und zuweilen so viel
Alter steht das Weib gemeiniglich ir reichster Entsaltung all
Ich gestehe ehrlich: ich bin kein ganz un¬
Jawohl: selbst die „süßen Mädel“. Ich wundere mich
ihrer körperlichen Vorzüge da. Die Formen blühen in harmonischer
einwandfreier Schätzer und Beurtheiler der
immer, daß der Heiligenschein, den einstmals Henri Murger,
Fülle, noch weit entfernt von jenem verstimmenden Uebermaß,
ßig Jahren, In meinem reichbewegten Leben
der Erfinder dieser Gestalt, um das Haupt des „süßen
das späterhin leider den Schwung und das Spiel der Linien
3 Weiber in diesem Alter eine Rolle gespielt!
Mädels“ gewoben, heutzutage noch anhält. Ich schüttle oft trübt und verwischt. Der äußeren Erscheinung entspricht den
her, offen gestanden, nicht recht die Schwärmerei
den Kopf darüber, daß sich in unserer nüchtern und kühl auch das seelische Innenleben der Frau von dreißig Jahren.
er,
chen. Ihnen, lieber Kollege, hat die deutsche
denkenden Zeit noch Dichter finden, die mit gläubiger Innig= Sie kennt das Leben, sie kennt die Welt, sie kennt die Liebe.
igenartiges Mädchenideal in die Seele geprägt.
keit an dieser Gloriole spinnen, die die alte Legende neu auf¬
Das unklare, dämmernde Empfinden im Mädchenherzen ist
besondere Vorliebe dafür, sich die Mädchen
wärmen und uns das wundersame Märchen verkünden:
durchleuchtet, ist mächtig geschwellt und zu einem zielbewußten
n eines Gretchen oder Klärchen vorzuzaubern.
„Hoch oben in den engen Dachstübchen der Vorortehäuser, da
Gefühl gesteigert. Und dazu kommt das wichtigste, das
en sie wie ein zartes Gewebe aus Keuschheit
lebt und leibt ein eigener Schlag von Mädchen, sentimental
wesentlichste Moment: die Frau von dreißig Jahren her
er Sinnigkeit, aus unbewußter Sinnlichkeit und träumerisch, zärtlich und aufopfernd, übersprudelnd gewöhnlich seit einer Reihe von Jahren das Gl#
Hiezu zwei Einlagsbogen.

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