VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 25

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1. Miscellaneous
Telefon 12801.
Alex. Weigl's Unternehmen für Zeitungs-Ausse.
Ausschnltt
Nr.
„OBSERVER‘
österr. behördl. conc. Bureau für Zeitungsberichte u. Personalnaehrich
Wien, IX,, Türkenstrasse 17.
Filiale in Budapest: „Figyelö“ —
ertretungen in Berlin, Chicago, Genf, London, Newyork, Paris, Rom, Stockholf
Ausschnitt aus:
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Das Richtige liegt nicht immer in der Mitte. Den
„goldenen Mittelweg“ schlagen gewöhnlich jene schwachen
Naturen ein, die sich zwischen Recht und Unrecht, zwischen
Wahrheit und Lüge durchzuschlängeln suchen.
Der Streit, ob Goethe größer sei als Schiller,
oder ob dieser der größere von beiden sei, hätte endlich
aufgehört. Jetzt streitet man blos mehr darüber, wer
der kleinere ist: Arthur Schnitzler oder Hermann Bahr?
D 2u.—
Ftr 50 Zeitungsausschnitte (Artikel oder Notizen). Kr. 15.—
28 — inelusire
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Porto.
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Zahlbar
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200.— im Voraus.
„ 1000
Im Gegensatze zu anderen Bureaux für Zeitungsausschnitte ist das
Abonnement durch keine bestimmte Zeitdauer begrenzt; — auch stcht es den
Abonnenten frei die aufgegebenen Themen zu ergänzen oder zu ändern.
Der „OBSERVER“ veranstaltet täglich einen Auszug enthaltend die
Unhaltsangabe aller wichtigen Mittheilungen der Wiener Morgen¬
blütter (Tagesjournale ausser „Neue Freie Presse“ und Wiener Zeitung“)
sodurch eine Uebersicht über das gesammte politische und wirthschaftliche Leben
Mes In- und Auslandes in drastischer Kürze geboten wird. Diese Mittheilungen
werden in Wien um 9 Uhr Früh verschickt.
Prospecte gratis und franco.
— —
Direktor Schleuther an den „Figaro“.
Mein lieber „Figaro!“
Seitdem mir bei dem großen Speidel=Jubiläums=Bankett
das Glück zutheil wurde, unter den Anstrudlern des von der
gesammten Jndenpresse so hochbeleckten liebenswürdigen alten
Grantikus mitthun zu dürfen, fühlt sich mein Herz recht freudig
erregt.
Es ist wie Sie wissen — noch nicht sehr' lange her,
daß ich mein Herz für Wien und für die Gege als Burg¬
theaterdirektor entdeckt habe.
Das war nicht so leicht!
Es gab böse Menschen, welche mir den festen Glauben,
daß man in erster Linie ohne „Neue Freie Presse“ im Burg¬
theater nicht regieren könne — rauben wollten. Allein ich blieb
standhaft!
Ich schloß mich, nach und nach, tief gebückt und mittelst
Schlaugenwindungen der ganzen „Konkordia“ an, und danke
nun dem Schöpfer der Klique, daß mir die hohe Ehre zutheil
wurde, wenigstens als „Benjamin“ an dem untersten Ende
jener Tafel sitzen zu dürfen, wo die „auserlesensten geistigen
F Größen von Wien“ das große Wort führen.
Ich richte als Leiter der „ersten deutschen Bühne“ bei Allem,
was ich beginne, vorerst meine fragenden Blicke nach den hehren
Gestalten, welche nach den Premieren in die nächstgelegenen¬
Kafseehäuser eilen, um dort im Schweiße ihres Angesichtes
420—30 Zeilen Kritik zu schreiben.
Diese „geistigen Kapazitäten Wiens“ plagen sich dabei
mehr, als mancher Dramendichter mit seinem fünfaktigen
Werke — aber von ihnen hängt es ab, ob ich als Burgtheater¬
Direktor etwas gelte oder nicht, das ist das Ausschlaggebende¬
— Darum erbebe ich bei dem Ge¬
in meinem Kunstbestreben.
danken, selbständig etwas zu thun — irgend etwas zu schaffen,
was nicht von vorneherein von ihnen gebilligt erscheint.
Oich habe „mein Wien“ in seiner geistigen Bedeutung
gründlich kennen gelernt. Ich habe bei meinem gewöhnlichen
Wege vom hinteren Thürl des Burgtheaters ins „Löwenbräu“
stets einen Umweg gemacht, um das Café Größenwahn“ zu
besuchen und dort Fühlung zu gewinnen mit den läutenden
Geistern der dramatischen Muse.
Werfen Sie einen Blick auf mein Repertoire der nächsten
Saison. Sie finden Arthur Schnitzser-—enHofmannsthal,
felix Dörmann, Ebermann, Hirschfeld, Hermann Bahr,
denen sich, so Gott will, noch Oskar Friedmann und Gaus
von Ludassy anschließen werden.
Unter diesem Zeichen werde ich siegen!
Wenn auch böse Menschen behaupten, daß ich nächstes Jahr
Igegangen werde — ich und meine Panegyriker glauben es niht
womit ich verbleibe zur Ehre und zum Ruhme der modernen
Adramatischen Muse, Ihr von den besten Hoffnungen erfüllter
Benjamin Schleuther. „

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