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Miscellaneous
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des Franz Josetsquai entlehnten Einwand bei, dass ich
mich um das Berliner Deficit des Herrn Bukovics nicht
zu kümmern brauche, weil ich’s ja doch nicht zu-zahlen¬
haben werde. Von dem Standpunkte dieser Ethik aus
wäre ich am Ende freigesprochen worden, wenn es
mir gelungen wäre, nachzuweisen, dass ich ein per¬
sönliches Interesse hatte, den Kampf gegen Herrn
Bahr zu führen. Dann würde meine - Einmischung¬
erklärlich, und der Vergleich einer mir etwa von Herrn
Bahr zugefügten Beleidigung mit der Bethätigung
meines Rachebedürfnisses gäbe eine glatte Rechnung.
Welcher Teufel aber plagte mich, den Herren Bahr und
Bukovics ohne persönlichen Grund so hart zuzusetzen?
So mag die stumme oder ausgesprochene Frage der
Unbefangenen gelautet haben. Und alle Anderen
gaben mir Unrecht, weil sie einen persönlichen Grund
hatten, auf meiner Seite das Unrecht zu wissen. Vor
solchem Forum sollten subtile Fragen der Ethik ver¬
handelt werden. Schien da nicht die Zurückleitung
des Streites in das enge Bett der Criminalität fast ein
erlösender Ausweg? Man fand es erheiternd, dass vom
Kritiker die gleichen Garantien für Unbefangenheit
gefordert werden sollten wie vom Richter. Männer wie
Harden, Speidel, Hanslick haben diese Garantien stets
zu bieten gesucht. Es ist bekannt, dass ein Speidel,
der sich seiner menschlichen, im lyrischen Naturell
begründeten Schwächen wohl bewusst ist, nach Thun¬
lichkeit sogar die persönliche Bekanntschaft der Burg¬
theaterschauspieler zu meiden suchte. Aber Herr
Bahr, der die Kritik wirklich nur im Nebenamt be¬
treibt, sprach auch theoretisch seine Geringschätzung
für die Aufgabe des freien, unabhängigen Recensenten
aus.Ein Kritiker ist Richter, und ein Richter
muss auch den Schein wahren=, sagte der Vor¬
sitzende des Theaterprocesses, der am 23. Februar in
München verhandelt wurde und der mit der Nieder¬
legung des kritischen Amtes seitens des klagenden
Theaterreferenten, der der Beeinflussung bezichtigt
war, endete.
Miscellaneous
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des Franz Josetsquai entlehnten Einwand bei, dass ich
mich um das Berliner Deficit des Herrn Bukovics nicht
zu kümmern brauche, weil ich’s ja doch nicht zu-zahlen¬
haben werde. Von dem Standpunkte dieser Ethik aus
wäre ich am Ende freigesprochen worden, wenn es
mir gelungen wäre, nachzuweisen, dass ich ein per¬
sönliches Interesse hatte, den Kampf gegen Herrn
Bahr zu führen. Dann würde meine - Einmischung¬
erklärlich, und der Vergleich einer mir etwa von Herrn
Bahr zugefügten Beleidigung mit der Bethätigung
meines Rachebedürfnisses gäbe eine glatte Rechnung.
Welcher Teufel aber plagte mich, den Herren Bahr und
Bukovics ohne persönlichen Grund so hart zuzusetzen?
So mag die stumme oder ausgesprochene Frage der
Unbefangenen gelautet haben. Und alle Anderen
gaben mir Unrecht, weil sie einen persönlichen Grund
hatten, auf meiner Seite das Unrecht zu wissen. Vor
solchem Forum sollten subtile Fragen der Ethik ver¬
handelt werden. Schien da nicht die Zurückleitung
des Streites in das enge Bett der Criminalität fast ein
erlösender Ausweg? Man fand es erheiternd, dass vom
Kritiker die gleichen Garantien für Unbefangenheit
gefordert werden sollten wie vom Richter. Männer wie
Harden, Speidel, Hanslick haben diese Garantien stets
zu bieten gesucht. Es ist bekannt, dass ein Speidel,
der sich seiner menschlichen, im lyrischen Naturell
begründeten Schwächen wohl bewusst ist, nach Thun¬
lichkeit sogar die persönliche Bekanntschaft der Burg¬
theaterschauspieler zu meiden suchte. Aber Herr
Bahr, der die Kritik wirklich nur im Nebenamt be¬
treibt, sprach auch theoretisch seine Geringschätzung
für die Aufgabe des freien, unabhängigen Recensenten
aus.Ein Kritiker ist Richter, und ein Richter
muss auch den Schein wahren=, sagte der Vor¬
sitzende des Theaterprocesses, der am 23. Februar in
München verhandelt wurde und der mit der Nieder¬
legung des kritischen Amtes seitens des klagenden
Theaterreferenten, der der Beeinflussung bezichtigt
war, endete.