VII, Verschiedenes 11, 1899–1901, Seite 59

box 41/1
1. Miscellaneeus
mit aller Macht der Roggenschnitt begonnen werden soll.
Plötzlich erklären meine Schnitter (Wanderarbeiter), bei
steckt dahinter die drohende Entladung eines Revolvers,
nicht die wahre einer Seele.
III.
Die Voraussetzung des dritten Stücks ist die dritte
schieche Vorausset ung des Abends. Ein Kranker
(der nachher uner wartet vom Tode genest) läßt sich
mit einer vor Jahren verlassenen Geliebten plötzlich
trauen. Seine ganze rage; seine Fernheit von dem
Fräulein; seine sonstizen Verhältnisse: es spricht
gegen den Schritt. Dieser Hauptpunkt, das Trauen
mit einer Fremden, auf #em alles ruht, ist höchst un¬
zureichend begründet; lange nicht genug plausibel
gemacht. ... Salten hat kein Ohr für die Akustik von
Theatermotivierungen.
Aus dieser dritten merkwürdigen Voraussetzung
entsprießt allerhand Spaß (Dilemmen, Wirrnis), und
darum sei ihr meinethalben nicht ins Maul gesehn.
Dieser dritte Akt ist der beste. Die Verlassene und
Frischgetraute hat einen Geliebten, der Kranke hat
eine Geliebte ... Aber weshalb in drei Teufels
Namen hat er sich eben doch mit der Früheren, zu
der ihm jede Beziehung fehlt, trauen lassen — es
bricht immer wieder durch. Es ist, kurz gesagt, ein
Manko des Begründenkönnens. Es genügt nicht, daß
ein uneheliches Kind, es muß auch eine Wahrscheinlich¬
keit da sein. (Organ für Akustik!)
... Und alles, auch wo es spaßig wird, ist doch etwas
dick, etwas breit, etwas grob, etwas unerträglich ge¬
arbeitet. Zuweilen glitzert es; zuweilen offenbart sich
— ich sehe
auch die Fähigkeit zur Theaterspannung
für Salten von fern einen Vühnenerfolg nahen.

2 Den cue Man
arbeiterschaft die Stelle der Krankenkassen usw. vertreten, die
Verpflichtung auferlegt, neue Satzungen zu erlassen. über
Aber im ganzen ist der Mann gescheiter als diese
drei Stücke. (Und er hat auch schon ein gescheiteres
Stück geschrieben.)
... Bassermann war köstlich. Die anderen auch.
Ich dachte: Weshalb will der Brahm nicht lieber,
daß auf seinen Brettern etwas Echtes für komische
Könner, wie er sie beisammen hat, erscheint, nämlich
Wedekind, als daß es ein Fabrikant (und Zer¬
trümmerer) von Gipstüren ist?
Alfred Kerr.
69
Denkmäler und Straßennamen.
In Rom nach Herzenslust herumstreifen zu dürfen, ist eine
Wonne ohnegleichen. Indessen auch in diesem Freudetrunk
gibt es ein Tröpflein Wermut. Selbst der größte En¬
thusiast vermag die Geschmacklosigkeit der neuen, hier wie an
der Spree aus dem Boden schießenden Denkmäler nicht zu
übersehen, selbst der wärmste Patriot ärgert sich über den
sträflichen Hang, volltönende, den Ohren der Gebildeten ver¬
traut klingende Namen der Straßen und Plätze in moderne,
durch ihre Wiederholung trivial wirkende Bezeichnungen zu
wandeln.
Quintino Sella, Silvio Spaventa, Marvo Minghetti,
Pietro Cossa erhielten die Ehre, durch ihr bronzenes Konterfei
der römischen Bevölkerung als Vorbild aller Tugenden
dienen zu sollen. Wer aber sind diese Bevorzugten? Mit
Ausnahme von Cossa Politiker, denen das Glück beschieden,
in der Zeii der Befreiung Roms vom klerikalen Joch ans
Ruder zu gelangen. Lauter Patrioten vom reinsten Wasser,
ee
machungen auszuschalten.
Ehrenmänner vom Scheitel
lautersten Absichten, aber
von Gottes Gnaden. Etwa
jene, die sich mit Politi
Memoirenwerken, welche 1
haben, die Bedeutung der (
wachsende Generation ist sch
gar werden erstaunt zu den
dunkel vom strahlenden H
Cavour, dessen Standbild d
ziert, dient selbstverständlich
seiner Landsleute lebt der
Bismarck im Herzen eines
Die Sucht, das ehrwürdi
fragwürdigsten Erzeugnisse
die seltsamsten Früchte gezei
und Philosophen Spedalie
dell' nomo“, am Corso Vit
jetzt zum Dank für seine gl
politische Gehässigkeit trat a
führung einiger Stellen aus
als patriotisch klingen, wur
die Frage aufgeworfen wor
Denkmal abzutragen. Jei
gehende nicht gerade wohl
Deufel, dem seine Bronze¬
macht. Pietro=Cossa, ein
insseinen Stoffen aus der ri
lina, Kleopatra, Tragödien
sehr gut gefielen, und in
offenbart. Ein Genie wa